DORNENREICH - Flammentriebe
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2011
Mehr über Dornenreich
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 7.25
- Label:
- Prophecy Productions (Soulfood)
- Release:
- 11.02.2011
- Flammenmensch
- Der Wunde Trieb
- Tief Im Land
- Wolfpuls
- Wandel Geschehe
- Fährte Der Nacht
- In Allem Weben
- Erst Deine Träne Löscht Den Brand
"Wusch!" sprach das Chamäleon und fiel vom Ast. Vor dem Aufprall war es tot.
Meine Haare wehen in den schriftlichen Ausläufern des Sturms, den DORNENREICH mit ihrem neuen Werk in der Presse ausgelöst haben. Meine Gesicht flattert faltenlos in dem Orkan aus Höchstwertungen und ich stemme mich mit dem ganzen Gewicht meines Körpers gegen die Gewalt der überbordenden Lobhudeleien, um nicht weggerissen zu werden. Die Rückkehr der Österreicher zu ihrer avantgardistischen Version – wobei nun vortrefflich darüber gestritten werden darf, ob die Avantgarde hier nicht schon Konsens und Standard geworden ist – des Black Metals scheint also die erhoffte Offenbarung in diesem Genre des noch jungen Jahres zu sein. Warum?
Zugegeben: Vieles, was das musikalische Chamäleon DORNENREICH auf "Flammentriebe" versucht, ist mitreissend und eindrucksvoll. Die gewohnte Mischung aus tiefgehenden textlichen Ergüssen, dramatischem Songwriting und einer anklagend zitternden Geige, die zwischen extremen Parts und klaren Traumpassagen vermittelt, ist ausgewogen und weiß immer wieder zu faszinieren. Diese abwechslungsreichen Arrangements sind es dann auch, die zum mehrmaligen Anhören des Albums einladen, denn nicht allein bietet es immer wieder neue Perspektiven, auch ist es durch seine komplexe Gesamtkomposition auf verschiedenen Ebenen spannend – immer wieder auf's Neue.
Das "Neue" ist ein gutes Stichwort. Denn das oben angesprochene Problem der Post-Avantgarde ist eines, das mir durchgehend einen tiefgehenderen Zugang zu "Flammentriebe" verhindert. DORNENREICH haben es in der Vergangenheit geschafft, immer wieder kleine Musikgeschichte zu schreiben: Fragt man Fans der Österreicher, so wird jeder ein anderes Album präferieren, aber mit Sicherheit sind "Her von welken Nächten" von 2001 oder "In Luft geritzt" von 2008 beeindruckende und gewaltige Werke. An dieser Messlatte des genre-verändernden Potentials gemessen, kann mich "Flammentriebe" nicht mehr überraschen oder gar auf ähnlichem Niveau fordern.
Die Verwendung – sagen wir es ruhig mal so hart – gewöhnlicher Riffs und erwartungsgemäßer Breaks steht aber nicht nur im eigenen Backkatalog zurück, auch in der Genreschau weiß das Album nicht zu überzeugen: Die literarische Tiefe von FJOERGYN wird durchgehend interessanter umgesetzt, die gelebte Verrücktheit und Manie des Musikschaffenden finde ich bei SOLEFALD und für die Raserei und Atmosphäre des entrückten Black Metals greife ich zu BURZUM. Nun mag zurecht eingewendet werden, dass das ja ein sehr subjektiver Eindruck und nur bedingt eine Vergleichbarkeit zwischen genannten Band herzustellen ist. Stimmt! Aber das ist die eigentlich entscheidende Frage:
Fazit: Vieles machen DORNENREICH auf "Flammentriebe" richtig und handwerklich stellt das Album durchaus einen Genuss dar. Allein, gemessen an den Achtungserfolgen und der Entwicklung des Genres kann die Band ihre Führungsposition nicht behaupten. Für Fans absolut empfehlenswert und auch Band-Fremde werden sich mit diesem Album beschäftigen können. Aber im Gesamtblick schrammt es für mich knapp an einer Enttäuschung vorbei, doch ist es natürlich sehr gut vorstellbar, dass die Mischung auf "Flammentriebe" genau jene Flamme im Herzen des Hörers entfachen kann, die er so schon immer gesucht hat. Und das ist ja auch schon viel, oder?
Anspieltipps: Wolfpuls
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Julian Rohrer