DORNENREICH - Hexenwind
Mehr über Dornenreich
- Genre:
- Avantgarde
- Label:
- Prophecy
- Release:
- 18.11.2005
- Von der Quelle
- Der Hexe flammend' Blick
- Der Hexe nächtlich' Ritt
- Aus längst verhalltem Lied
- Zu träumen wecke sich, wer kann
Fast fünf Jahre ist es nun her, als DORNENREICHs "Her von welken Nächten" erschien. Danach wurde es still um das Duo. Gerüchte um ein viertes Album gab es schon recht bald und auch der Titel "Hexenwind" geisterte schon einige Zeit in den dunklen Sphären umher. Geplant war eine mystische Vertiefung des Vorgängeralbums und des Stücks 'Reime faucht der Märchensarg'. Doch wer jetzt an DORNENREICHs alte Zeiten und besonders an die stürmische, wahnhafte, aggressive Atmosphäre des letzten Albums zurückdenkt und sich mit "Hexenwind" auch eine musikalische Vertiefung ganz im alten Stil erhofft, wird ohne Zweifel anfangs aufs Bitterste enttäuscht sein.
Ich konnte kaum abwarten, das neue Werk zu bestaunen, doch was ich nach dem Intro 'Von der Quelle' vernahm, mochte ich zunächst nicht wahrhaben. Schnell hörte ich in jedes der insgesamt fünf Lieder hinein und suchte verzweifelt die mich damals so bewegenden Klänge aus "Her von welken Nächten". Im Nachhinein betrachtet, beging ich damit den wahrscheinlich größten Fehler, den man bei der Auseinandersetzung mit diesem Werk wohl machen kann.
"Hexenwind" ist anders. Anstelle von rasenden Riffs und kranken Keif-Vocals tritt eine seltsame Ruhe, begleitet von einem Flüster- und teilweise Klargesang. Lediglich leise im Hintergrund ertönt selten einmal die verzweifelte Keif-Stimme, wie man sie noch vom letzen Album kannte. Auch verzerrte Gitarren wird man in diesem Werk fast vergebens suchen. Sie erklingen einzig und allein im Hintergrund und dienen zur Untermauerung der durch Halbakustik- und Akustikgitarren erzeugten Klangfläche. Auf ein druckvolles Schlagzeug und auch auf sonstigen Bombast wird komplett verzichtet. Es wird ganz allein auf die Wirkung der recht einfach gehaltenen Riffs gesetzt, welche es mit ihren verwunschenen und verträumten Klängen schaffen, eine träumerische, meditative Atmosphäre erzeugen.
Der zweite Track 'Der Hexe flammend' Blick' wirkt noch am offensivsten. Im Gegensatz zu den restlichen drei Stücken wird hier unter anderem durch gezielte Synkopensetzung eine aufreizende Melodie erzeugt, die das elf Minuten lange Stück durchgehend dominiert, auch wenn sie nach rund der Hälfe ein wenig weicher abgeändert eher in den Hintergrund tritt. Danach wird es zunehmend ruhiger. 'Der Hexe nächtlich Ritt' wird mit der Aufforderung "Sei Fantasie!" eröffnet und im Gegensatz zum vorangegangenen Stück nur noch im Flüster- und Klargesang abgehandelt. Mit leisen Klavierklängen klingt der Track aus und leitet zum meditativen Ruhepunkt des Albums über. Das rein akustische 'Aus längst verhalltem Lied' lässt den Hörer weiter, tiefer in seine Traumwelt eintauchen. Ganz sachte schließt sich dann 'Zu träumen wecke sich, wer kann" an, so als wolle es auf keinen Fall das "Zu-Sich-Kommen und Sich-Öffnen", welches für Sänger Eviga ein Wesensmerkmal von "Hexenwind" ist, verhindern. Auch dieses Stück wird durch Akustikgitarren dominiert, lediglich in kurzen Zwischenpassagen erklingen verzerrte Gitarren, die allerdings weich und langsam für Abwechslung während der dreizehnminütigen Spieldauer sorgen.
"Hexenwind hat viele Botschaften. Im Sinne der behandelten Themen laden wir jeden Hörer ein, seinen eigenen, fantasievollen Zugang zu 'Hexenwind' zu finden", fasst Eviga das Grundkonzept des neuen Kunstwerks zusammen.
Die Zeiten von "Her von welken Nächten" scheinen vorbei, von nun an weht der "Hexenwind". Es bedarf einige Zeit, sich mit diesem Werk auseinanderzusetzen, doch wer sich einmal darauf einlässt, wird feststellen, dass DORNENREICH es geschafft hat, ein Album zu produzieren, das unglaubliche Tiefe und Atmosphäre in sich birgt.
- Redakteur:
- Sebastian Schlag