DRAUGNIM - Horizons Low
Auch im Soundcheck: Soundcheck 12/2010
Mehr über Draugnim
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Spinefarm / Soulfood
- Release:
- 05.11.2010
- The Last Of Kin
- Fear And Fey
- One Of Lost
- Shunned Wanderer
- Cursed The One
- The Weeper's Way
- Bastion
Majestätischer Black Metal mit Melodie, Kraft und Seele. Derzeit wohl Finnlands BM-Hoffnung schlechthin.
Vor zwei Jahren haben die finnischen Schwarzmetaller von DRAUGNIM mit "Northwind's Ire" debütiert, das mir seinerzeit leider entgangen ist, aber schon damals in unseren Hallen begeistert aufgenommen wurde. Nun komme ich mit ein wenig Verspätung auch in den Genuss des Schaffens des Trios aus Espoo, in dessen Reihen sich auch schon illustre Namen wie Reima Kellokoski fanden. Doch nun ist aus der Band ein stabiles Trio geworden, das keinerlei fallen gelassene Namen benötigt, denn die Jungs können sich selbst Gehör verschaffen.
Das gelingt ihnen mit sehr melodischem Black Metal, dessen Songs von Anfang bis Ende eine sehr dominante, majestätische Atmosphäre prägt. Diese wird vornehmlich durch Moriors surrende Leads erzeugt, welche durch die langsamen Tonfolgen trotz des oft sehr schnellen Strummings sehr getragen durch die Klanghallen schreiten. Begleitet werden sie von dunklen, erhabenen Keyboards, für welche ebenfalls Morior verantwortlich zeichnet. Somit kann man sehr gut sagen, dass der Gitarrist und Keyboarder den Hauptanteil am stilistischen Gepräge der Band hat. Darüber thront allerdings mit Chimedras harscher, aber stets gut verständlicher und nachvollziehbarer Stimme, ein Gesang, der für epischen Black Metal wie geschaffen ist.
Das Interessante an DRAUGNIM ist, dass die Band trotz der prägenden Keyboards und der gewollt majestätischen Atmosphäre einen völlig anderen Ausdruck haben als jene Bands, die heute gemeinhin unter dem Begriff des bombastischen Black Metals geführt werden. Hier gibt es keine gothischen Horroreffekte, kein Gruseltheater, keine technoide Atmosphäre und keine Metal-Operette. Die Finnen wählen einen natürlicheren, archaischeren Stil, den sie allerdings sehr würdevoll umsetzen, was ganz besonders die triumphalen Synths im Opener 'The Last Of Kin' oder die herrlichen Passagen auf der akustischen Gitarre am Ende von 'Fear And Fey' illustrieren, die auch Freunde finnischer Melancholie von MOONSORROW bis hin zu TENHI aufhorchen lassen werden.
Mit dem trotz seiner relativen Kürze recht ausladend konzipierten und ein wenig perseverativ strukturierten 'One Of Lost' bewegt sich die Band ein gutes Stück weit gen BATHORY und deren Epigonen, wobei mich die Art der Synth- und Gesangs-Arrangements öfters einmal deutlich an FALKENBACH denken lässt. Auch hier entfaltet sich im Mittelstück ein unglaublich schönes, warmes Gitarrenlead, von dem manch anderer Teilzeitepiker nur träumen kann. Geradliniger und rockiger ist 'Shunned Wanderer' geraten, das vor allem von den typisch schwarzmetallisch surrenden Klampfen lebt, die sich auf 'Curse The One' nach dem mystischen Intro mit durch die Nacht hallenden akustischen Gitarren noch klirrender und rasender des Szenarios bemächtigen. Wird es wie bei 'The Weeper's Way' auch noch doomiger und getragener, dann werden sich bestimmt auch Freunde von PRIMORDIAL erwärmen können, während das große Finale mit 'Bastion' phasenweise das Tempo noch einmal extrem verschärft und alle Stärken der Band vereint - gerade hier ist der Gesang im epischen Mittelstück einfach unglaublich gut gelungen. Grimmig, verzweifelt und doch voller Sehnsucht - wie auch das Trauerweiden-Lead, das ihn begleitet. Der Wahnsinn!
So verbinden die drei Jungs von DRAUGNIM auf ihrem Zweitwerk eine gutes Maß an Abwechslungsreichtum mit eingängiger Melodieführung, einer klaren, aber zu keiner Sekunde sterilen Produktion, und für diesen Stil außergewöhnlich majestätischen Arrangements, die eben nicht nur vom Bombast des Keyboards leben, sondern die durch die wirklich ergreifenden Hooks der Gitarren eine ganz eigene, dunkle Herrlichkeit verbreiten, die man so nicht allzu oft geboten bekommt. Ein bärenstarkes Werk, mit dem sich hoffentlich eine Band etablieren kann, die bisher weitestgehend - auch von mir - unbemerkt geblieben ist. Für mich ist DRAUGNIM auf jeden Fall aktuell der größte Hoffnungsträger des finnischen Black Metals.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle