ENGELHAI - Schuldigung, dass wir stör'n
Mehr über Engelhai
- Genre:
- Rock
- Schuldigung, dass wir stör'n
- Alles was ich will
- Was hast du bisher vermisst
- Du bist nicht allein
- Die wahren Asis
- Rock'n'Roll Rettungskommando
- Michelle
- Gold zu Brot
- Enddarmdelta
- Herzlich Willkommen
- Regenbogen
Eins steht schon mal fest: "Schuldigung, dass wir stör'n" ist eine der professionellsten und am besten produzierten Scheiben des Eigeninitiative-Sektors, die ich seit langer Zeit gehört habe. Hier fehlt tatsächlich nur der Label-Aufdruck. Ob ENGELHAI allerdings überhaupt auf einen solchen Wert legen, ist fraglich. Die Jungs bezeichnen sich selbst als "Rock'n'Roll-Rettungskommando", als "kämpferische Band", die sich nicht um irgendwelche Trends schert, und erteilen jeglichem Kommerzdenken eine Abfuhr. Das ist auf jeden Fall ein guter Ansatz, aber den Rock 'n' Roll wird das Quartett dennoch nicht retten; andererseits versucht es auch nicht hartnäckig, ihm endgültig den Garaus zu machen, was bei deutschsprachiger Gitarrenmusik schon viel heißen will.
Einige der Tracks versprühen internationales Flair und müffeln nicht nach Provinz oder Klugscheißer-WG, in der man schon als Rock-Revoluzzer durchgeht, wenn die Buxe 'nen kleinen Fleck hat. In diese Kategorie fallen u.a. die schön groovenden 'Schuldigung, dass wir stör'n' und 'Rock'n'Roll Rettungskommando', 'Gold zu Brot' sowie das in Richtung KING'S X tendierende 'Michelle'. Aufgepeppt werden die Songs von dem phasenweise an Tom Morello (AUDIOSLAVE) erinnernden, sehr überzeugenden Gitarrenspiel: Siebziger-Hardrock-Riffs treffen auf die charakteristischen Sechs-Saiten-Quietschereien. Und dieses Niveau hätte es ruhig über die komplette Albumstrecke sein dürfen. Stücke wie 'Enddarmdelta' (erneut mit KING'S X-Parallelen), 'Herzlich Willkommen' und 'Die wahren Asis' sind allerdings vergleichsweise schwach ausgefallen. Insbesondere der letztgenannte Akustikgitarren-Schrammler schunkelt sich sowohl musikalisch als auch textlich ganz tief in den Liedermacher-Sumpf. Igitt! Glücklicherweise kann man diesen Aussetzer durch den Hit 'Du bist nicht allein', der mit entrückten Clean-Klampfen in den Strophen, coolen Bassläufen und einem starken Chorus auftrumpft, elegant wieder ausgleichen und die Scheibe damit im gehobenen Mittelfeld platzieren.
Auch wenn ENGELHAI ihrem Anspruch, "Mucke [zu machen], die beim Bügeln stört", noch nicht durchgehend gerecht werden, so heben sie sich doch von all dem deutschen Kroppzeug ab, das sich irgendwann nach 'nem kamillenteegeschwängerten Rilke-Diskussionsabend in einem Anfall von Größenwahn den Stempel "Rock" verpasst hat. Bin mal gespannt, wie die nächste, bereits in Angriff genommene Platte wird…
Anspieltipps: Du bist nicht allein, Schuldigung, dass wir stör'n, Michelle
- Redakteur:
- Oliver Schneider