ERLEN MEYER - Sang Et Or
Mehr über Erlen Meyer
- Genre:
- Sludge / Post Metal / Blackened Post-Core
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Argonauta Records
- Release:
- 25.01.2019
- Coton Cardé
- Rouge Cardinal
- Vipères
- Grand Duc
- Re Ar Fi La
- Le Chant De L'Hydre
- Enfer Forgé
- Trome L'Oeil
Dissonanter, abwechslungsreicher, nachdenklicher - besser!
Immer wieder schön, von einer Band überrascht zu werden, der man eigentlich kein allzu großes Entwicklungspotential zugetraut hatte: Den selbstbetitelten ERLEN MEYER-Erstling aus dem Jahre 2014 habe ich als ordentliches Sludge-Output abgespeichert, der die Vorlagen von Genregrößen wie EYEHATEGOD oder CULT OF LUNA zwar angemessen aufgreift, aber nicht in nennenswertem Maße weiterentwickelt. Das Nachfolgewerk "Sang Et Or" hingegen sprengt den misanthropischen Rahmen und erweitert den düster-disharmonischen Sound der Franzosen um etliche Facetten.
Die große Stärke dieses abermals genüsslich schwarz triefenden Albtraumpanoramas liegt in der Bereitschaft der Herren aus Limoges, ihren musikalischen Rahmen zu öffnen, um so mit einem Mal tiefgängiger, melodischer und reifer zu klingen als auf dem recht klassischen Genrebeitrag, den der Vorgänger darstellte. 'Rouge Cardinal' darf so gelegentlich mit unverzerrten Stahlsaitern und einzelnen klaren Gesangspassagen eine menschlichere Seite der Band offenbaren, glänzt des Weiteren mit hypnotischen Gitarrenlinien und deckt folglich eine bemerkenswert große Bandbreite an Emotionen und musikalischen Ebenen ab. Dass ERLEN MEYER Sludge kann, stand nie zur Debatte – auf "Sang Et Or" arbeitet die Truppe aber auch sehr gekonnt im Postcore ihrer Landsleute THE PRESTIGE, oder eröffnet weitere, post-metallische Blickwinkel, mit atmosphärischen Klangflächen und der viel variableren Vokalarbeit Olivier Lacroix'. Die bösartigen Gitarrensägen und das unerbittlich treibende Schlagwerk kommen aber selbstverständlich weiterhin häufig genug zum Einsatz; die zurückhaltendere Gangart der ersten Songs wird spätestens ab 'Grand Duc' abgelegt und der klassische Sludge rückt gemeinsam mit der dissonanten Schlagseite der Band wieder stärker in den Mittelpunkt. Alles in allem ist das Songwriting im Hause ERLEN MEYER heuer aber deutlich variabler und viel songdienlicher ausgefallen, ohne natürlich das Sperrige im Bandsound aufzugeben.
Mit besagter tiefschwarzen, aber nur selten abstoßenden Stimmung vermag der Fünfer die Hörerschaft zu fesseln und durch Abwechslung und Überraschungsmomente bei Stange zu halten. Während sich Nummern wie 'Coton Cardé' oder 'Vipères' viel Zeit nehmen, um mit den basischsten Mitteln des Genres Atmosphäre und Spannung zu kreieren, wird bei 'Re Ar Fi La' oder 'Enter Forgé' ohne Umschweife das Biest von der Leine gelassen und die behaglicheren Momente zum Henker gejagt. Doch als im letzten Drittel kurzzeitig die Langeweile plumper Aggressivität droht, setzt die Band mit dem von klagenden Bläsern untermalten Outro 'Trompe L'Oeil' ein ebenso überraschendes wie markantes Schlusszeichen. Diese unerwartete und untypische Nummer rundet das Gesamtpaket "Sang Et Or" erschütternd ab, stellt die Balance der zuvor verwendeten gegensätzlichen Merkmale vollends her und entlässt die Hörerschaft in nachdenklicher Stimmung.
ERLEN MEYER ist mit "Sang Et Or" ein überraschend starkes Stück extremer Post-Metal-Kost gelungen, das in meiner persönlichen Bestenliste am Jahresende definitiv weit vorne landen wird. Bon travail!
Anspieltipps: Coton Cardé, Grand Duc, Trompe L‘Oeil
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Timon Krause