ETERNAL TEARS OF SORROW - Saivon Lapsi
Mehr über Eternal Tears Of Sorrow
- Genre:
- (Melodic) Death Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Massacre Records
- Release:
- 22.02.2013
- Saivo
- Dark Alliance
- Legion of Beast
- Kuura
- Dance of December
- The Day
- Sound of Silence
- Beneath the Frozen Leaves
- Swan Saivo
- Blood Stained Sea
- Angelheart, Ravenheart (Act III: Saivon Lapsi)
Lasst euch entführen vom Kind des Sees!
Während Namen, wie INSOMNIUM oder WINTERSUN schon lange als finnische Importschlager im Melodic Death Metal gelten, gibt es eine Band, der meiner Meinung nach viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. Ich spreche von den Herren von ETERNAL TEARS OF SORROW.
Vor knapp 20 Jahren wurde die Truppe von Altti Veteläinen (Bass/Gesang), Olli-Pekka Törrö (Gitarre) und Jarmo Puolakanaho (Gitarre) ins Leben gerufen. Wenige Monate nach der Gründung folgte der erste Gang ins Tonstudio, wo das Demo "Bard's Burial" aufgenommen wurde, bis dann 1996 der erste Plattenvertrag bei X-Treme Records winkte. Das Debütalbum "Sinner's Serenade" wurde von der Musikwelt hochgelobt und ein Jahr nach der Erscheinung folgte dann die Scheibe "Vilda Mánnu". Zu Beginn der Jahrtausendwende begannen intern die ersten Probleme. Der Grundstein dazu wurde von Olli-Pekka Törrö gelegt, welcher die Band aus persönlichen Gründen verließ. Hinzugekommen sind dafür Petri Sankala (Schlagzeug), Risto Ruuth und Janne Tolsa, die bis heute fester Bestandteil des Line-Ups sind. Mit "Chaotic Beauty" folgte eine erste Europatournee, die die Mitglieder innerhalb von sieben Wochen durch ganze neun Länder führte. Es war absehbar, dass es zu Konflikten führen musste, denn für die "Virgin And A Whore" ließ man sich für den Schreibprozess noch nicht mal zwei Monate Zeit. Die Trennung kam kurz und schmerzlos bis zur Freude oder Trauer vieler Fans die Reunion 2004 folgte.
Nach dem Labelwechsel zu Massacre Records erscheint nun das siebte Studioalbum mit dem Titel "Saivo Lapsi". Zu Beginn ist es für uns Nicht-Finnen wichtig zu wissen, was der Titel eigentlich zu bedeuten hat. Kurz zusammengefasst leitet sich das Wort "Saivo" aus "Sáiva" ab, was in der skandinavischen Sprache später zu dem Wort "See" wurde. "Lapsi" kann man mit "Kind" übersetzt werden, eine mögliche Interpretationsform wäre also "Kind des Sees". Wer einen Blick auf das Cover wirft, sieht, dass man mit der oben genannten Annahme gar nicht so falsch liegt. Dieses selbst ist ein Spiegelbild dessen, was uns nun erwarten wird: Traurige Melodien, melancholische Stimmen und Texte, die unter die Haut gehen.
Die Scheibe startet mit dem 71-sekündigen Intro 'Saivo', welches durch ein langsames Keyboard eingeleitet wird. Man hört vereinzelt Stimmen im Hintergrund und rezipiert automatisch dunkle Gewässer. Diese Ruhe währt nicht lange, denn bei 'Dark Alliance' wird man mit Orgelklängen aus dem Traum gerissen, gefolgt von Gitarren im Midtempo. Altti Veteläinen steuert seine rauen Growls bei und in der Bridge sind dann auch die ersten Chöre zu hören, bevor das Tempo verstärkt wird. All das mündet im Refrain, welcher typisch für ETERNAL TEARS OF SORROW clean gesungen wird. Dabei wechseln sich diese mit den Growls immer wieder ab und erinnern stark an das "Beauty And Beast"-Motiv aus der Gothic-Metal-Schublade. Das Solo fällt gemäßigt, aber dafür dramatisch aus, bevor der Gesang wieder einsetzt. Gegen Ende darf das Keyboard auch mal im Rampenlicht stehen, doch der Höhepunkt erfolgt Hand in Hand mit der Gitarre. In den letzten Sekunden bildet die Melodie von 'Saivo' den Abschluss und macht die erste Singleauskopplung aus dem Album zu einer runden Sache. Einzige Überleitung zu 'Legion Of Beast' ist ein kurzes Einspiel der Drums, die dann von einer schnellen Gitarre abgelöst werden. Ein etwas schnellerer Song, der ganz brachial von einem Schrei eröffnet wird. Es wird schneller, jedoch bleibt man nicht lange dabei, denn der Umschwung erfolgt dann im Refrain. Das Solo ist exzellent und das nahtlose Gleiten über die verschiedenen Saiten ist für die Ohren ein reines Vergnügen. Wieder kommt es zu einem Showdown mit den Keys, jedoch steht dieses seinem Kollegen im nichts nach. Gerade Live dürfte der Song ziemlich gut beim Publikum ankommen, nicht zuletzt weil für wenige Sekunden ein Männerchor, mit Hymnenallüren, zu hören ist.
Nun folgt eine Verschnaufpause, die den Titel 'Kuura' - zu deutsch "Frost" - trägt. Im Mittelpunkt steht eine Akustikgitarre, die das Gemüt langsam wieder nach unten bringt. Die Melodie wird dann von seinem elektrischen Bruder aufgegriffen und bildet das Thema von 'Dance Of December'. Dieses ist wieder eine etwas langsamere Nummer und auch die Gesänge halten sich etwas zurück. Ab der Mitte steuern der Chor und ein Orchester zur Spannung bei und leiten ein flottes Solo der Gitarre ein. Flink schwenkt man das Tempo während 'The Day' um und präsentiert einen recht angenehmen Song, dem leider das Besondere fehlt. Im Prinzip könnte man meine vorherigen Sätze gerade wieder hinein kopieren und so komme ich nun zu meinem Lieblingstrack des Albums 'Sound Of The Silence'. Er sticht komplett heraus, weil hier erstmals eine weibliche Stimme zu hören ist und diese im Duett mit Jarmo Kylmänen einfach perfekt harmoniert. Irgendwo habe ich mal den Satz gelesen "in jeder guten Metal-Scheibe muss eine Ballade dabei sein“ und das würde ich hier klar bejahen. Das Stück wird größtenteils von den Keyboards begleitet, bis im Refrain Schlagzeug und Co. einsetzen. Sie übernehmen keine atemberaubende Rolle und auch das Solo fällt ruhig aus, aber das macht es gerade so schön. 'Beneath the Frozen Leaves' sorgt dafür, dass man nicht lange in der Gedankenwelt bleibt und startet mit einem Intro, dass mich irgendwie an CHILDREN OF BODOM erinnert, wobei diese den Sound ja nicht gepachtet haben. Jedenfalls entert der Frauenchor wieder die Bühne und nimmt während der ganzen Länge einen wichtigen Platz ein. Nachdem man vom vorherigen Song leicht eingelullt ist, fällt es einen umso schwerer wieder mit etwas erhöhter Geschwindigkeit konfrontiert zu werden. Kurze Entspannung verspricht der Refrain, der sich zu einem Kampf zwischen den Sängern entwickelt. Insgesamt herrscht ein wildes Durcheinander, aber nicht schlecht in dem Sinne, sondern es demonstriert eine gewisses Chaos. Abhilfe verschafft das Solo, das sehr prägnant die Dramatik unterstützt.
Deutlich mehr Hitpotenzial hat 'Swan Saivo', zu dem im übrigen das erste Video gedreht wurde. Die Melodie ist einprägsam und reiht sich nahtlos an die Klassiker der vorherigen Veröffentlichungen an. Vor allem das Solo finde ich besonders gelungen, wobei man sagen muss, dass in diesem Stück der Gitarre viel mehr Raum geboten wird, als zuvor. Ganz im Gegenteil steht dazu 'Blood Stained Sea', das stark an ihre früheren Songs erinnert. Denn das hat nicht mehr mit Traurigkeit zu tun, sondern ist zur Abwechslung mehr an Death Metal angelehnt, natürlich sind hier wieder Clean Vocals eingebaut, aber dies ändert nichts an dem Umstand, dass es für ihre Verhältnisse ein etwas "härterer" Song ist. Die Vermutung liegt nahe, dass es langsam in Richtung Ende der Scheibe geht und noch einmal ordentlich auf den Putz gehauen werden soll. Es gelingt. Das große Finale von 'Angelheart, Ravenheart (Act III: Saivon Lapsi)' wird mit einer düsteren Cellomelodie eingeläutet. Passend dazu säuseln die Chorstimmen ins Ohr und verleihen dem ganzen noch eine dunkle Nuance. Getragen wird dies alles vom Sängers Altti Veteläinen, der zum ersten Mal auf der Platte finnisch singt. Fast schon fröhlich klingt dagegen sein Partner, welcher zum Glück wieder auf englisch trällert. Das Solo ist eher ruhig und auch die Keyboards sind recht verhalten, jedoch ist das nur das Vorspiel auf den großen Knall am Schluss, wenn alles noch einmal zusammenkommt. Man hat das Gefühl am Ende einer Reise angekommen zu sein und mit ganzen sieben Minuten, der mit Abstand längste Song auf dem Album, fährt man alle Geschütze auf.
Seit der Wiedergeburt ist die Band musikalisch kaum wiederzuerkennen und ich selber kann leider nur Vergleiche ab der CD "Chaotic Beauty" ziehen. Der rote Faden war nicht immer nachvollziehbar gewesen, nichts desto trotz haben die Finnen ein Werk abgeliefert, von dem ich schlichtweg begeistert bin. Bisher gab es noch kein Album, das mich so sehr gefesselt hat. Die Freude am Experimentieren ist geblieben und als Fan wurden mir alle Wünsche erfüllt. Ob sie damit kommerziell den Erfolg erzielen, den ich ihnen wünsche, bleibt offen.
Anspieltipps: Legion Of Beast, Dance Of December, Sound Of Silence und Angelheart, Ravenheart (Act III: Saivon Lapsi)
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Hang Mai Le