ETERNAL, THE - The Sombre Light Of Isolation
Mehr über Eternal, The
- Genre:
- Melodic Doom Metal
- Label:
- Firebox Records
- Release:
- 31.05.2004
- Commemorate The Misery
- A Cruel Misfortune
- The Eternal
- Down
- The Sombre Light Of Isolation
- Black Serenity
- Crimson Sacrifice
- Harmony Of Dissonance
- Remembrance Scars
- All Hope Lost
Dass musikalische Komplexität und Eigenständigkeit eine ihrer letzten Nischen im Bereich des Heavy Metal gefunden haben, zeigen die australischen Doomster von THE ETERNAL auf höchst beeindruckende Weise. "Heavy", also schwer, ist hier nicht nur die quantitative Bestimmung eines Gitarrensounds, sondern vor allem eine qualitative: Diese Musik ist schwermütig, schwer-zu-vergessen und schwerwiegend. Hier macht – frei nach Trakl - ein Hauch von Verfall und Genialität gleichermaßen erzittern...
"The Sombre Light Of Isolation" ist ein Debüt und doch keines. Denn THE ETERNAL sind aus der Asche der Gruppe CRYPTAL DARKNESS hervorgegangen. Der Sound von CRYPTAL DARKNESS wurde stark durch Martin Powell geprägt – seines Zeichens Violinist und ehemaliger Geiger von MY DYING BRIDE. Mit ihm nahm man die letzten beiden Alben von CRYPTAL DARKNESS auf. Ich kenne leider nur zwei MP3s von deren zweiten Album, aber wenn die gesamte Musik das Niveau dieser Klangbeispiele halten konnte, müsste ich sie an dieser Stelle gleich mit empfehlen: düsterer gothic-orientierter Doom Metal vom Allerfeinsten! Und auf diesem Grund bauen auch THE ETERNAL. Eine Violine gibt es zwar nun nicht mehr zu hören, dafür aber das hervorragende Keyboardspiel von Chris Stevenson, der deutlich eine gewisse Vorliebe für den symphonisch-bombastischen Prog Rock der Siebziger hegt. Von der CRYPTAL-DARKNESS-Besetzung sind jetzt noch Mark Kelson (Gitarre und Gesang) sowie Chris Burton (Gitarre) mit von der Partie.
Vergleiche sind eigentlich fehl am Platze, da THE ETERNAL eine ganz eigene Art des Doom Metal spielen. Darin ähneln sie ihren Landsleuten von VIRGIN BLACK, die aber wesentlich avantgardistischer und weniger eingängig zu Werke gehen. Trotzdem seien MY DYING BRIDE, ANATHEMA und KATATONIA genannt, um klarzumachen, für welches Publikum die Musik dieser CD interessant sein könnte. Allerdings unterscheiden sich THE ETERNAL ganz eindeutig von den vorher genannten Bands. Die Stücke der Gruppe sind um einiges symphonischer, komplexer und strenger strukturiert. Immer wieder werden die langsamen schweren Doomriffs durch kraftvolle Midtempoparts abgelöst. Die Songs beruhen niemals nur auf einem einzigen Riff, sondern es gibt sehr viele Breaks – manchmal befindet man sich unversehens in einem anderen Klangraum. Sich abwechselnde melancholische Gitarrenläufe und bombastische Keyboards versehen jedes Stück mit reichlich Schnörkeln und Verzierungen. Besinnliche Ruhe und mächtige Gitarrenwände lösen einander genauso ab wie melodisch "cleaner" Gesang und gedrückt depressive oder dunkel beschwörende Stimmlage. Hin und wieder geht der Gesang in ein Schreien und in Growls über, was aber reines Stilmittel bleibt und der Musik nichts von ihrer Melodiösität nimmt. THE ETERNAL bevorzugen dabei immer eine klare Struktur, welche sich mit den elegischen, weit ausgreifenden Stimmungsbögen der Musik wunderbar verträgt. Außerdem ist ein starker Einfluss aus dem Bereich des Gothic Rock spürbar – das drückt sich in bestimmten Gesangsharmonien und teils in einigen typischen Spielweisen der Gitarren sowie des Keyboards aus.
Die Stücke haben in der Regel Spiellängen zwischen sechs und zehn Minuten. Diese Zeit lassen THE ETERNAL nicht in Monotonie verstreichen, sondern nutzen sie weidlich aus. Nach einem schönen Keyboardintro beginnt 'A Cruel Misfortune' mit einer Akustikgitarre, die bald von einem melancholischen, schleppenden Gitarrenriff überlagert wird. Gleichzeitig erklingt eine ebenso gestimmte Bassmelodie. Nach einem Break wird das Riff stärker herausgestellt und noch mal einen Zahn langsamer, bevor es in ein sehr harmonisches Midtempo übergeht, das vom Keyboard unterfüttert wird. Es folgt ein Gitarrenspiel, wie ich es aus dem Gothic Rock kenne, und die Keyboards werden lauter. Jetzt setzt der Gesang ein – rein und einschmeichelnd. Der Refrain kommt sehr eingängig daher. Im mittleren Part des Songs verändert sich der Gesang zu einem Flüstern, der kurz einen Deathgrowl andeutet. Geprägt wird 'A Cruel Misfortune' aber von dem erwähnten keyboardgestützten Midtemporiff.
Als ein weiteres Highlight sollte das Stück 'The Eternal' erwähnt werden. Ein mystisches Keyboard bildet in einem sozusagen filmusikalischen Spannungsbogen den Auftakt für die Dramatik eines mächtigen, wummernden Riffs. Der Gesang ist unheilvoll, die Melodien lang gezogen. Ein im Tempo gemäßigtes Stakkato der Gitarren begleitet die Stimme von Mark Kelson. Im Refrain wagt er schließlich nurmehr zu flüstern: "I call to thee: The Eternal". Dann aber tönt ein Schreien durch den Sound, wie man es normalerweise im Black Metal erwarten würde. Den Refrain trägt – wie oft bei THE ETERNAL - ein düsteres, keyboardgestütztes Riff, das schließlich wieder in das doomige Anfangsriff zurückgenommen wird, welches selbst im Laufe des Stückes einigen Veränderungen unterliegt. Zwischendurch erklingt eine Pianomelodie, die ,von Gitarrenschwaden eingehüllt, sich endgültig ins Reich der Sehnsucht erhebt. Schließlich stampft die Musik in absolut geiler Gänsehautmanier nach vorne los – und die Dramatik ist perfekt.
Mein persönliches Lieblingsstück stellt der Titeltrack dar. In den ersten verhaltenen Gitarrentönen deutet sich bereits das unerbittlich kreisende Riffing des Stückes an. Dieses fährt dann mit seiner klirrenden Eiseskälte mitten unter die Haut. Der Hörer versteht sofort, warum im Titel das Wort "Isolation" auftauchen musste. Wenn im Hintergrund dazu fast fanfarenartige Keyboards erklingen, entsteht der Eindruck, als würde hier die Isolation selbst von sich künden. Der beschwörende Gesang und die synthetischen Orgeltöne heben sie schließlich zu einer Art Offenbarung empor. Der Gitarrensound bleibt unheilschwanger und finster. Nur im letzten Drittel glimmt wie ein Hoffnungsschimmer eine wärmere Gitarrenmelodie auf, die aber an Melancholie nichts verliert. Das "Awakening! Arise!" singt Mark Kelson in einem Pathos, wie man ihn sonst nur von FIELDS OF THE NEPHILIM her kennt.
Und so weiter, und so weiter... Ein Highlight reiht sich an das nächste. Herrlich intensiv und so richtig typisch Doom Metal ist 'Remembrance Scars', in dem Darren White seine kraftvolle Stimme über Riffs erheben darf, die es so ohne BLACK SABBATH nicht geben würde. Darren White dürfte vielen Doom-Jüngern aus der Anfangszeit von ANATHEMA bekannt sein (später THE BLOOD DIVINE, nun DEAD MAN DREAM). Bei 'Crimson Sacrifice' sind die Siebzigerjahre allgegenwärtig. Das betrifft sowohl das psychedelische Gitarrenspiel wie den hellen warmen Gesang (in etwa vergleichbar mit der letzten OPETH-Scheibe). Ähnlich verhält es sich mit dem elegischen 'Black Serenity', das deutliche Referenzen an den Prog Rock diese Jahrzehnts erkennen lässt. Der Abschluss 'All Hope lost' tendiert dagegen in Richtung der legendären ersten CATHEDRAL-Scheibe – traurige Harmonielinien prägen einen Gesang, der sich genau an der Grenze zwischen dunkler Melodik und Deathgrowls bewegt.
Man kann nur hoffen, dass THE ETERNAL mit ihrer Musik bekannt werden. Verdient haben sie es auf jeden Fall. Andererseits zeigt die Erfahrung, dass selbst offensichtlich gute Musik einfach nicht erkannt wird – so durfte ich vor gar nicht langer Zeit in dem (an sich guten) Progzine "Eclipsed" eine nichts sagende Kritik zu VIRGIN BLACK lesen, in der ein ignoranter Schreiberling offensichtlich nicht mal begriffen hatte, w i e diese Musik gehört werden muss. Aber ich denke, dass THE ETERNAL mit den schönen kraftvoll-traurigen Klängen ihren Weg gehen werden. Damit sind vielleicht auch die besten Chiffren für ihre Musik genannt: Kraft und Trauer, Trauer mit Kraft, Kraft durch Trauer!
Anspieltipps: alles; jedes Stück ist eine Klasse für sich
- Redakteur:
- Jörg Scholz