FäULNIS - Gehirn zwischen Wahn und Sinn
Mehr über Fäulnis
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Karge Welten Kunstverlag
- Release:
- 29.05.2009
- MorgenGrauen
- Angstzustand
- Weiße Wände
- Kopfkrieg
- Landgang
- Trümmer
- Spiegel, Splitter, Schrott
- Weltuntergang folgt
Kafkaeske, schwere und kaum zugängliche Kost über die sich trefflich philosophieren lässt.
Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich euch mit "Letharg" das ziemlich ambitionierte Filmprojekt der hanseatischen Schwarzkünstler von FÄULNIS vorgestellt, das in seiner verstörenden Andersartigkeit durchaus beachtliche Akzente setzte. Seit einigen Monden liegt nun mit "Gehirn zwischen Wahn und Sinn" das zweite reguläre Studioalbum der Hamburger vor, und dieses zelebriert in acht teils sehr ausladenden Stücken eine sehr eigenwillige Mischung aus heißerem, traditionell produziertem Black Metal mit beträchtlich elegischer Atmosphäre, die sich stimmungsmäßig durchaus an Ambient-Bereichen und Funeral-Doom entlang hangelt, aber die hauptsächliche Soundkomponente ganz klar im metallischen Bereich setzt, die Synthetik dagegen hintergründig und doch effektiv anwendet.
Trotz des starken schwarzmetallischen Bezuges ist FÄULNIS nur sehr schwer in das bekannte Raster des Genres zu pressen. Alles wirkt hoffnungslos, beklemmend und bizarr. Selbst wenn durch den geshouteten Gesang beim Refrain des Openers 'MorgenGrauen' oder des sehr prägnanten Stückes 'Weiße Wände' Bezüge zum Oi und Punk aufflackern, wirkt das nicht rebellisch und frontal aggressiv, sondern introvertiert und desillusioniert. Dazu passend sind die Texte gehalten, die aus psychotischer Poesie gewoben sind. Kälte, Stille und die Angst vor denselben sind nicht nur beim doomig ausgerichteten 'Angstzustand' Leitmotive der Lyrik. Das ganze lyrische und visuelle Konzept des Albums wirkt kafkaesk.
Im Gegensatz zu vielen anderen Bands trimmen die Herren FÄULNIS ihre Musik und ihre Texte nicht auf böse und aggressiv, sondern sie haben eine sehr eigene Aura, die sich in den Randbereich der menschlichen Vorstellungskraft ausdehnen. Sie sind schroff und abweisend, und doch emotional im Sinne von fesselnder Verzweiflung, die in einem erneut doomigen Stück wie 'Kopfkrieg' sehr plastisch wird. Musikalische Vergleichsgrößen zu finden und zu benennen ist schwer, doch ich könnte mir vorstellen, dass Anhänger von Bands wie WRAITH OF THE ROPES, JOYLESS, FLEURETY ('Trümmer') und VED BUENS ENDE hier spannende Stunden erleben könnten. Allerdings keine Stunden des verträumten Lustwandelns durch entrückte Dimensionen, sondern solche der gehetzten Flucht aus einer sich auftürmenden grauen und feindseligen Welt, die nur Ekel und Abscheu verdient und gibt ('Landgang').
"Gehirn zwischen Wahn und Sinn" ist das, was der Titel verheißt: Schwere und kaum zugängliche Kost über die sich trefflich philosophieren lässt. Mir selbst ist es zu nihilistisch und makaber, um mich beim Hören wohl zu fühlen, doch das dürfte auch nicht der Sinn der Scheibe gewesen sein. Doch auch dieser abweisende Brocken hat Momente, die gefangen nehmen; besonders beim abschließenden 'Weltuntergang folgt'.
Anspieltipps: Weiße Wände, Landgang, Angstzustand, Weltuntergang folgt
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle