FERRO, GIANLUCA - Involution
Mehr über Ferro, Gianluca
- Genre:
- Progressive / Fusion
- Label:
- Lunatik Sounds
- Release:
- 31.03.2005
- Informal Logic
- Q3
- Mechanized Consciousness Algorithm
- If You Follow Me
- Ammonia Drink
- Lame's Waltz
- Abstract Knowledge Level
- Jabba
- Focus
- Aisthesis
Prog-Metal-Gitarrero GIANLUCA FERRO (ARKHÉ, KHALI, TIME MACHINE, DOOMSWORD, FIURACH) hat mit "Involution" ein ziemlich cooles, abgespacetes Soloinstrumentalalbum abgeliefert. Gitarre, Bass, Programmierung gehen auf seine Kappe, Sigfrido Percich an den Drums und Allessandro Del Vecchio an den Keyboards zählen zur Stammbesetzung, und auch einige Gastmusiker haben sich zum ein oder anderen Stück eingefunden. Bereits der Opener 'Informal Logic' macht klar, dass das Album eher trippig abgehen wird. Klare Keyboardsounds, treibende Bassläufe und variantenreiche Motivwiederholungen auf der E-Gitarre bestimmen das Klangbild, welches sich aus verschiedensten Farbtupfern, von gleitenden Flächensounds über spacefunkige Passagen bis hin zu flink-frickeligem Gegniedel, zusammensetzt: Ein sehr wandelbares, impressionistisches Stück. 'Q3' dagegen polarisiert stärker zwischen industriell tackernden Bassriffs und mal singenden, mal sprudelnden Gitarrenläufen; auch hier jedoch wieder trippig angelegt, nicht zuletzt durch die Untermalung mit atmosphärischen, spacigen Keyboardsounds. Der 'Mechanized Consciousness Algorithm' dagegen, welchen sein Programmierer als kleines Tribut an MESHUGGAH versteht, lädt sein Spannungsfeld zwischen den beiden Polen melancholische Keyboardläufe und harte Bassrhythmen; Gianluca Ferro stellt sein eigenes Gitarrenspiel ganz in den Dienst des Stückes, welches ich aufgrund seiner Widersprüchlichkeit dennoch ziemlich anstrengend finde: Die unheimlichen Space-Harmonien werden von harten Maschinenraumgeräuschen oft reichlich zugetackert; und nehmen sie sich zurück, so bleibt die Hektik des Stücks dennoch konstant. Sie wechselt dann lediglich den Aggregatszustand vom Rhythmus zur Melodie. Nachdem mit dem eher chillig-verträumt gehaltenen 'If You Follow Me' ein vergleichsweise (!) ruhiger gelagertes Stück folgt, bricht beim 'Ammonia Drink' wieder der Sturm im Wasserglas los: Proggiges Extremgniedeln an Gitarre und Keyboard trifft auf industrielle Speedrhythmen und pneumatische Effekte; mathematisches Chaos sorgt für eine durchgeschmorte Hauptplatine. Kaum eine Minute später werden wir aufs progressiv-fusionistische 'Abstract Knowledge Level' gehoben, wo ein Ritt auf dem angefunkten Slapbass folgt, welcher von elefantös trompetenden Sologitarrensounds wild umschwirrt wird; gelegentlich mischen sich auch noch einige Keyboardschmetterlinge darunter. Überhaupt sollte "Involution" für Liebhaber von STEVE VAI und JOE SATRIANI ein gefundenes Fressen sein, wenn auch ein auf dem Teller und im Mund - pardon: Ohr - noch widerspenstig zuckendes. Die meisten Stücke sind ziemlich dicht geschrieben und produziert; doch bei 'Jabba' drängen sich immer wieder auch weitläufig gehaltene, technoid jazzige oder melodisch offene Passagen zwischen die sonst eher tighte Riffrhythmus- und Drum-Taktung. Dies ist zugleich eines der schillerndsten Stücke des Albums, eines der atmosphärischer gehaltenen sowieso. Man sollte, um auch die übrigen Stücke wirklich würdigen zu können, allerdings einerseits schon eine Schwäche für technisch raffinierte Gitarrenarbeit, andrerseits aber auch ein Faible für mathematisch strenge Rhythmen mitbringen. Denn "Involution" ist alles andere als ein Album zum Nebenbeihören, es erfordert im Gegenteil volle Aufmerksamkeit. Mit 'Focus' ist noch eine Jazz/Rock-Fusion vertreten, wobei noch anzumerken ist, dass dieses Stück in seinem Verlauf mehrfach dekonstruiert und neu zusammengesetzt wird; hier ließen sich dann potentielle Einflüsse aus der rhythmisch-abstrakten elektronischen Klangmalerei (SQUAREPUSHER und Konsorten) wie auch aus dem progressiveren Acid-Jazz herbeiassoziieren. 'Aisthesis' könnte zunächst glatt als Soundtrack für eine Folge "Captain Future" auf LSD durchgehen, mündet schließlich in Akustikgitarren und Wellenrauschen, und bietet damit einen passenden Abschluss für ein Album, welches hobbymäßigen Melodieseglern aufgrund seiner Vertracktheit nicht unbedingt zu empfehlen ist, sondern eher eine Herausforderung für berufene Klangtaucher darstellt.
Anspieltipps: Die Tracks mit den ungeraden Nummern. (Fragt mich nicht warum!)
- Redakteur:
- Eike Schmitz