FIT FOR AN AUTOPSY - Oh What The Future Holds
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2022
Mehr über Fit For An Autopsy
- Genre:
- Death Metal / Deathcore
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 14.01.2022
- Oh What The Future Holds
- Pandora
- Far From Heaven
- In Shadows
- Two Towers
- A Higher Level Of Hate
- Collateral Damage
- Savages
- Conditional Healing
- The Man That I Was Not
Starkes Album im Schatten eines überragenden Vorgängers.
Mit der Wucht eines Meteoriten schlug "The Sea Of Tragic Beasts", Studioalbum Nr. 5 des New-Jersey-Sextetts FIT FOR AN AUTOPSY, 2019 in die zeitgenössische Death-Metal-Welt ein. Moderne Hardcore-Brachialität traf seinerzeit auf große Refrains und Emotionen, und besonders die wohldosierten sphärisch-melancholischen Momente, im scharfen Kontrast zur kompromisslosen Brutalität des Dargebotenen, gleichzeitig mit selbiger eine wunderbare Symbiose eingehend, dürften für zahlreiche offene Maulwerke gesorgt haben.
Ein solches Meisterwerk zu toppen, darf vom direkten Nachfolger prinzipiell nicht erwartet werden. Und glücklicherweise versuchen die Amis auch gar nicht, ein zweites "Sea Of Tragic Beasts" zu erschaffen. Der Nachfolger mit dem klagend-fragenden Titel "Oh What The Future Holds" legt eine eigene Marschrichtung vor und schlägt offenkundig die Brücke zum vorletzten Album "The Great Collapse": Die Maxime war diesmal offenbar, wieder mehr Härte zu zeigen und mehr Moshpit-Futter zu liefern, ohne die 2019 eröffneten Welten wieder zu verschließen.
So steht zu Beginn mit dem Titeltrack ein klassischer Appetizer-Opener, der mit melancholischen Klavierklängen trübes Sonnenlicht über ausgezehrte Landschaften ausgießt, ehe ganz dezent das Schlagzeug einsetzen darf, zum folgenden Trommel-, Riff- und Schreigemetzel hinführt und schließlich eine brutale Breakdown-Explosion diese postapokalyptische Welt in Trümmer legt. Perfekt komponiert für den unbeschreiblichen Moment zu Beginn eines Konzertes, wenn die Spannung ins Unermessliche steigt, die Musiker die Bühne betreten und das Publikum zum Ausrasten bringen. Auch das anschließende 'Pandora' dürfte live an selbiger Stelle folgen, denn diese straighte, superschnelle Deathcore-Hymne ist ebenso eingängig wie hals- und nackenbrecherisch mitreißend, ausgestattet mit diesem sensationell unwiderstehlichen Antrieb, den FIT FOR AN AUTOPSY als Markenzeichen geprägt hat. Breakdowns als perfekt eingesetztes Stilmittel, brachiale Riffs, martialisches Gebrüll und über all dem immer eine Prise Melodik für die großen Emotionen.
Das andere Markenzeichen der Band, die Verbindung von ruhigen, besinnlichen Momenten mit maximal möglicher musikalischer Gewalt wird bei der nachfolgenden Single-Auskopplung 'Far From Heaven' zelebriert: das atmosphärische Schlagzeugspiel, die gedämpften Gesangszeilen, der gnadenlose Übergang zum Metzelteil, der stampfende Zwischenpart, der wiederkehrende, jetzt fließend eingebundene, Hoffnungslosigkeit mit Lichtblicken vermählende Chorus – musikalische Genialität, eine wirklich große Nummer!
Und "Oh What The Future Holds" schreitet weiter, ohne große Verschnaufpausen, wenn auch mit 'Two Towers' eine zurückgenommenere, relativ besinnliche Nummer die Mitte des Albums markiert und 'Collateral Damage' gar power-metallische Gitarren im Chorus auffährt. Mit 'A Higher Level Of Hate' (cooles, ungewöhnliches Drum-Thema!), 'Savages' und 'Conditional Healing' stehen 2022 aber richtig fiese, kompromisslos-böse Death-Metal-Keulen im Zentrum, womit der Grundton des sechsten FFAA-Releases harscher ausfällt als auf dem Vorgänger. Der Abschlusstrack 'The Man That I Was Not' ist dann beinahe obligatorisch zurückgenommen, was an der forschen und aggressiven Gesamtausrichtung des Albums allerdings nichts ändert.
Kann "Oh What The Future Holds" mit dem genialen Vorgänger mithalten? Zehn Songs, keine Ausfälle, hingegen enorm viel Spielfreude, ungezügelte Energie und jede Menge packender Momente. Fans brachialer Klänge dürften das neue Werk vermutlich bevorzugen; ich sehe "The Sea Of Tragic Beasts" vorne. Da sind einige um Nuancen bessere Stücke, da ist die insgesamt stimmigere Dramaturgie, da ist die Balance zwischen Härte und Gefühl weniger stark in eine Richtung verschoben, da rahmen das irgendwie ungewöhnliche Titelstück und das elegische 'Napalm Dreams' das Gesamtwerk noch besser ein. Und letztlich muss auch festgehalten werden, dass "Oh What The Future Holds" musikalisch ein gutes Stück konventioneller ausfällt als der etwas experimentellere Vorgänger. Das alles ändert jedoch nichts daran, dass sich FIT FOR AN AUTOPSY eine Ausnahmestellung im Death-Metal-/Core-Zirkus erarbeitet hat und diese mit dem sechsten Bandoutput untermauert.
Anspieltipps: Pandora, Far From Heaven, Two Towers, A Higher Level Of Hate
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Timon Krause