FITZCARRALDO - Herbst
Mehr über Fitzcarraldo
- Genre:
- Experimentell
- Label:
- Eigenproduktion
- Release:
- 07.09.2007
- Die Oper im Dschungel
- Pachumea
- Im Herbst
- Breitengrad
- Siebentausend Meter
- Weltempfänger
- Verlorene Zeit
- Sekundenschlaf
- 040406
Das Debütwerk der Aschaffenburger kann man sehr schlecht eindeutig einem Genre zuordnen, denn zu viele Musikstile vermischen sich hier zu einer einzigartigen Komposition, die einen ganz eigenwilligen Sound ergibt. Eine Mischung aus Post Hardcore, Noise Rock und Shoegaze, trifft für ihre Musik wohl als beste Bezeichnung zu. Der Name FITZCARRALDO wurde in Anlehnung an den gleichnamigen Film von Werner Herzog gewählt, in dem Klaus Kinski die Hauptrolle spielte. Der Streifen erzählt die Geschichte, wie ein Exzentriker besessen davon träumt, eine Oper im peruanischen Dschungel zu bauen und sich in den Kopf gesetzt hat, ein Schiff mit Menschenhand über einen Berg zu transportieren. Gewisse Parallelen zum Film kann der Hörer in der Musik entdecken, denn genauso exzentrisch wie man Kinski kennt, ist auch der Sound und der Gesang.
Das Werk ist ein Konzeptalbum zum Thema Herbst, das als Gesamtes gesehen werden muss. Um diesen Eindruck zu verstärken, gibt es auch keine Pausen zwischen den einzelnen Stücken. Das Thema wird hier brillant umgesetzt, denn so wie der Herbst in all seinen Facetten ist, erhält er ein musikalisches Gewand. Es werden durch die Musik wunderbar verschiedene Stimmungen aufgebaut. Melancholie und Stille werden mit Hilfe von Geigen und ruhigen Keyboardklängen dargestellt und Sturm, Trauer aber auch Angst werden durch bedrohliche Gitarren und psychedelische Sounds, gepaart mit Schreigesang, erzeugt. Der Hörer kann sowohl den verträumten, sonnigen als auch den kalten und stürmischen Herbsttag richtig spüren. Die Botschaften der Songs stecken eher im Sound als im Gesang, was dessen sparsamen Einsatz erklärt. Er sollte mehr als eine Art zusätzliches Instrument verstanden werden. Fast immer ist es nur ein schizophren klingender Schreigesang, der nicht immer verstanden werden kann und viel Platz für die ganz eigene Interpretation lässt, die ausdrücklich erwünscht ist.
Hier und da lassen sich ein paar Textpassagen aus dem gleichnamigen Film erhaschen. Besonders gut ist das bei 'Pachumea' auszumachen, wo Kinski vehement verkündet: "Ich werde meine Oper bauen". Mit 'Im Herbst' findet man einen der schnelleren Songs auf dem Album. Hier wird durch die Gitarren eine einmalige Szenerie geschaffen, die sich mit den schreienden Auswürfen des Sängers hervorragend verbindet.
Neben den Textschnipseln aus dem Film wurde viel mit anderen Sprachsamples gearbeitet, die auch mal rückwärts abgespielt zu hören sind. Einen ganzen Song davon bietet 'Weltempfänger', der so einfach wie genial ist. Er strahlt die größte Ruhe und Melancholie auf dem Album aus und bildet den Gegenpart zu 'Im Herbst'. Hier wurde nichts weiter getan, als das aufzunehmen was zu hören ist, wenn man den Weltempfänger auf Kurzwelle von vorn nach hinten durchlaufen lässt, um so die vielfältigsten Eindrücke zu erhaschen. Mit der Zeit werden diese durch ruhige Klavierklänge etwas übertönt und später mit Gitarrenspiel und Samples vermischt, so dass sich eine bedrückende und ganz eigenwillige Stimmung einstellt.
Es ist durchaus ein mutiger Schritt, sich als Debüt auf ein Konzeptalbum festzulegen und dann noch solch einen Sound zu präsentieren. Doch die Umsetzung wurde mit Bravur gemeistert, wobei diese Art von Musik nicht unbedingt die große Hörerschaft finden wird, denn es braucht schon eine gewisse Sympathie für experimentelle Musik, um Gefallen an dem Album zu finden. Wer aber auf solche Sounds steht, der wird keinesfalls enttäuscht werden.
Anspieltipps: Im Herbst, Breitengrad, Verlorene Zeit
- Redakteur:
- Swen Reuter