FJOERGYN - Jahreszeiten
Auch im Soundcheck: Soundcheck 11/2009
Mehr über Fjoergyn
- Genre:
- Avantgarde Pagan Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- SMP Records / Trollzorn
- Release:
- 27.11.2009
- Auf bald
- Oh verklärte Welt
- Sturmzeit
- Der Himmel fällt
- Am Ende der Welt
- Herbst ist da
- Wie Jahr um Jahr
- Jera
- Ich bin der Frost
Mit "Jahreszeiten" gelingt FJOERGYN eine hochinteressante Mischung aus emotional ansprechender Musik sowohl im Black-Metal-Gewand als auch im Renaissancekleid.
Mit ihrem dritten Album "Jahreszeiten" wenden sich die avantgardistischen Pagan Metaller FJOERGYN ganz der Natur und dem Wechsel der Jahreszeiten zu. Nachdem auf den Vorgängeralben "Ernte im Herbst" und "Sade et Masoch" die Auseinandersetzung zwischen Mensch und Natur noch eine Rolle gespielt hat, hat man den Menschen aus dem aktuellen Werk bewusst vollends herausgehalten.
Rund fünfzig Minuten lang beschreiben die vier Musiker in neun Tracks den Wandel der Jahreszeiten, zeichnen metaphorisch Bilder von Herbst und Winter, erzählen von Nacht und Tag, Sonne und Kälte und der Rolle der Tiere im Zusammenspiel der Natur.
All dies geschieht mit deutschen Texten in lyrischer Sprache, die den Anschein erweckt, als handle es sich hier zuweilen um traditionelle Dichtung vorangegangener Jahrhunderte. Wird doch bewusst ein eher antiquiertes Deutsch gewählt, das sich jedoch durch differenzierte Formulierungen, eine schlicht als schön zu bezeichnende Metaphorik und den anspruchsvollen Gebrauch seltener grammatikalischer Wendungen auszeichnet. Und obwohl hier manch schwermütiges Naturschauspiel beschrieben wird, verzichten FJOERGYN auf jene pathetisch überladene Sprache, der man bei anderen Genrevertretern, die sich der Pagan-Sparte zurechnen, gerne begegnet. FJOERGYNs Dichtung ist hingegen vielfach diffizil und feinsinnig.
Im Gegensatz dazu stehen ihre musikalischen Kompositionen. Hier mischt sich manch klassisch-orchestrale Passage, gepaart mit klarem Gesang mit finster-grollenden Growls, die ihrerseits eingebettet sind in eine Mischung aus folkloristischen Sequenzen und einer dem Black Metal entnommenen düsteren Kraftattitüde. All das zusammen ergibt ein akustisches Gesamtarrangement, das in dieser Weise bisher weder bekannte Vorgänger hat, noch das Werk in eine klischeebehaftete Genreschublade zwängt, in das es nicht hineingehört.
Beim Blick ins Detail wäre zunächst Track drei mit dem Titel 'Sturmzeit' hervorzuheben. Ebenso wie die Natur, die als gewalttätiges Monster in Erscheinung treten kann, sich aber auch als feingliedrig, humorig und leichtfüßig erweisen kann, haben FJOERGYN hier düster morbide Black-Metal-Passagen mit Orchesterarrangements kombiniert, die am ehesten der Zeit der Renaissance entnommen sein könnten. "Regentropfen perlen aus den Wolken" heißt es im Text und die Musik unterstreicht das innere Bild von leichten Wassertropfen, die sich wie kleinste Seifenblasen ihren Weg suchen. Am Ende steht das musikalische Zitat eines Volksliedes, das aus dem Dunkel des eigenen Gemütes Erinnerungen wachruft, Erinnerungen an die eigene Zeit des Singens solcher Lieder, deren Titel im Bewusstsein durcheinander geraten sind. Im Bewusstsein geblieben ist aber ein warmes Gefühl. Irgendetwas Archetypisches vielleicht, etwas Bekanntes, das hier bei der 'Sturmzeit' anders hinhören lässt.
Schwerfällig, gitarrenlastig, aber auch wieder durchzogen von leichten Tontropfen, melancholische Stimmungen erzeugend, so wird das Kommen des Herbstes beschrieben, bevor es der Band mit 'Wie Jahr um Jahr' gelingt, bombastisch begonnene Klangfinsternis geschickt mit kompositorischer Leichtigkeit in eine aufhorchend-erregte Stimmung zu verwandeln.
Eingebettet in einen kleinen symphonischen Soundtrack wird unter dem Titel 'Jera' (dem nordischen Runenalphabet entnommen steht es für Ernte) ein gedichteter Text vorgetragen, bevor mit 'Ich bin der Frost' das bombastische Finale eingeläutet wird. Auch bei diesem, den Jahreskreis abschließenden Stück werden noch einmal die bedrohlichen Elemente der rüden Metalpassagen mit den zarteren Klängen klassisch-orchestraler Coleur derart gemischt, dass man sich den Widerstreit der Elemente, versinnbildlicht im Wechsel der Jahreszeiten lebhaft vorstellen kann.
Ein meisterliches Werk also, das neben metallischer Härte und gleichzeitig dem Drang zur Melodiösität das gewählte Thema auf hoch interessante und die Sinne ansprechende Weise metaphorisch umsetzt.
Anspieltipps: Sturmzeit, Herbst ist da
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Erika Becker