FLATLINERS, THE - New Ruin
Mehr über Flatliners, The
- Genre:
- Punk Rock
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Fat Wreck (Edel)
- Release:
- 05.08.2022
- Performative Hours
- Rat King
- Big Strum
- Top Left Door
- It'll Hurt
- Oath
- Recoil
- Souvenir
- Tunnel Vision
- Heirloom
- Under A Dying Sun
Hier geht nichts gegen Null,...
...wie man anhand des Bandnamens der seit 2002 bestehenden, aus Toronto stammenden kanadischen Formation THE FLATLINERS annehmen könnte. Gestorben wird hier auch nicht, wie zumindest kurzzeitig im gleichnamigen Hollywoodfilm mit Julia Roberts, Kiefer Sutherland und Kevin Bacon von 1990.
Einzig der Stilbegriff "Punk Rock" sowie die im Infotext von Fat Wreck-Records durch hochmotivierte, tollitolle Erläuterungen sinngemäß in Anspruch genommenen Superlative in puncto Härte, Energie, Aggression und Durchschlagskraft muss ich vehement in Frage stellen. Sicherlich gibt es hier augenaufreißende explosive Momente, die das Album eindrücklich dynamisch gestalten. Das Label "Punk Rock" betreffend muss man jedoch die Kirche im Dorf und den Schuster bei seinen Leisten lassen, oder in Bandnamen ausgedrückt IGGY bei seinem POP, SEX bei den PISTOLS, POISON bei der IDEA, BAD bei RELIGION, THE OFF- bei -SPRING und nach dem Totalabriss beim "Rock im Park"-Festival, dem ich Anfang Juni mit vor Begeisterung feuchten Äuglein beiwohnen durfte, auch GREEN bei DAY. Mit deutschen Genrestrategen kann man dieses Spielchen zum Aufzeigen des Ausschlags am Punkrock'o'meter im Vergleich zu THE FLATLINERS sogar mit dem Belassen von DIE Ä- bei -RZTE und schlussendlich, man glaubt es schier nicht, mit DIE TOTEN bei den HOSEN fortführen. Letztere These ist, wie ich kleinlaut zugeben muss, allerdings schon ziemlich provokant.
Anders und zum besseren Verständnis meiner Ausführungen Klartext gesprochen: Die auf dem neuen und somit siebten Album "New Ruin" von THE FLATLINERS auf Tonträger gebannte Musik ist stellenweise atmosphärisch wesentlich näher an alten und mittelalten U2 sowie diversen Britpop-Bands der neunziger Jahre dran, als an einer der oben genannten, bis auf POISON IDEA, allesamt sehr mainstreamigen Punkrockbands zu deren jeweils bester Zeit! Wir haben es hier also streng genommen mit sehr gut gespielter Rockmusik mit in heutigen Zeiten enormer kommerzieller Schlagseite zu tun.
"New Ruin" ist durchgängig super auf den Punkt mit Ado-Goldkante (Kennt die Floskel heutzutage überhaupt noch jemand?) durchproduziert und klingt großartig! Zunächst gibt es zum Albumeinstieg dennoch mit 'Performative Hours' härtemäßig ordentlich eins auf die Glocke. Die von mir gemeinte klangliche Gefälligkeit und Poppigkeit, ja unbedingte (nicht nur Rock-) Radiotauglichkeit kommt durch Songaufbau und das stilistische Tun und Lassen der Band zustande: Nachfolgend werden zwei langsam Tempo aufnehmende Lieder mit ultra-eingängigen Melodien namens 'Rat King' und 'Big Strum' vom charismatischen und vielschichtigen Gesang Chris Chresswells perfekt in Szene geCLASHt, ähem, gesetzt. Jener ist insgesamt eher vielbeschäftigt, weil ebenfalls der Frontmann von HOT WATER MUSIC.
'Top Left Door' lebt dann anfänglich von britpoppigem Ausdrucksgesang und im weiteren Verlauf von viel Reibeisenstimme mit BONO-Kopfstimmenausklang an Wortenden. Dieser Chresswell hat es einfach in der Stimme! Der Kerl besitzt in meinen Ohren das gewisse Etwas um es in die oberen, wichtigen Produzenten-Schubladen für "Mögliche Superstars" zu schaffen. Soviel des ganz großen, objektiven Sängerlobs muss hier einfach sein! Und die Schlagzahl der seit drei Monaten bisher erschienenen Videos zu 'Performative Hours', 'Rat King' und 'Souvenir' lässt vermuten, das FAT MIKE von NOFX, seines Zeichens Gründer und Labelchef von Fat Wreck Records, diesen Sachverhalt erkannt hat. Jener holte die Band laut einer gewissen Internet-Suchmaschine übrigens bereits zum zweiten Mal zu seinem Label zurück. An dieser Stelle könnte man auch darauf hinweisen, dass nur Chresswells Name im Plattenfirmeninfo fett hervorgehoben genannt wird! Mache ich hiermit auch. Jener spielt zudem Gitarre, deren zweite wird von Scott Birgham bearbeitet. Jon Darbey spielt den Bass und Paul Ramirez beackert das Schlagzeug für die Hörerschaft.
Mit Song Nummer fünf 'It’ll Hurt' beginnt für mich bis Song acht 'Souvenir' die Radio-Ecke des Albums. Erstgenannter WEEZERt ziemlich gekonnt vor sich hin, während 'Oath' zwar collegerock-mäßig krachiger, aber ebenfalls eingängig und mit viel BONO-Stimmschmalz versehen des Wegs tönt. 'Recoil' nimmt für mich in dieser Reihe den unscheinbarsten, ja langweiligsten Platz ein.
Etwas flotter wird es erneut in 'Tunnel Vision', bei dem Chris die Stimme abermals ordentlich reibend röhren lässt. Hittiger kommt nachfolgend wiederum 'Heirloom' rüber. Schicke Nummer, die nicht nur ein bisschen FOO FIGHTET. Zum Abschluss sollte es dann wohl episch werden. Insgesamt finde ich 'Under A Dying Sun' mit seinen sechseinhalb Minuten im Vergleich zu einigen anderen Song-Kumpels auf dem Album jedoch mit zu vielen Wiederholungen von Dagewesenem versehen, beziehungsweise musikalisch ein wenig austauschbar. Das Lied wird dennoch für viele Hörer wie beabsichtigt den Höhepunkt der Scheibe darstellen: Die positive, sich steigernde, knöcheltiefe Dramatik ist einfach nicht zu verkennen.
Was soll ich denn jetzt an Punkten geben? Nun, mit einiger „Sommer, Sonne, Sonnenschein“- Laune intus und dem Sachverhalt geschuldet, dass das Album „auf jeden Fall Hits“ enthält, werden es 8,5.
Danke für eure Lesezeit!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Timo Reiser