FLOTSAM AND JETSAM - Dreams Of Death
Mehr über Flotsam And Jetsam
- Genre:
- Thrash Metal
- Label:
- Crash Music / ZYX
- Release:
- 12.09.2005
- Requiescal
- Straight To Hell
- Parasychotic
- Bleed
- Look In His Eyes
- Childhood Hero
- Bathing In Red
- Nascentes Morimar
- Out Of Mind
Der Fünfer aus Phönix imponiert mir. Seit zwei Dekaden eiert man am oberen Rand des Undergrounds herum, weigert sich aber konstant, eine Kurskorrektur vorzunehmen, und liefert immer wieder gutklassige Werke ab. Wenn man bedenkt, wo FLOTSAM & JETSAM mit der Startposition heute stehen könnten, darf man sich umso mehr wundern, dass die beiden verbliebenen Ur-Strandgüter Sänger Eric A.K. und Gitarrist Edward Carlson nicht mit mittelschweren Depressionen kämpfen. Verliert man nach einem Bilderbuchalbum wie "Doomsday For The Deceiver" seinen Hauptsongwriter an METALLICA, ohne daraus großartig Erfolg ableiten zu können, geben sich danach die Bassisten quasi im Albenrhythmus die Saiten in die Hand. Trotz allem entstehen weiterhin erstklassige Werke – ich klammere "When The Storm Breaks Loose" mal aus – und man bekommt mit "Cuatro" sogar eine leichte Stiländerung hin, die ehrlich und überzeugend klingt. Von da an groovt es mehr, ohne allerdings die typischen Trademarks außer Acht zu lassen. Gut, nach "High" schwächelt man leider etwas in Sachen Songwriting, aber FLOTSAM & JETSAM werkeln beharrlich weiter. Wobei ich heuer mehr denn je den Eindruck gewinne, dass das mehr eine Hobby-Band ist als ein Full-Time-Job. Ist mir auch eher sympathisch als irgendeine Altherrencombo, die des Geldes wegen Blubber-Metal fabriziert.
In Erwartung einer mittelprächtigen Thrashattacke schmeiße ich also "Dreams Of Death" in meinen Player und werde nach einem kurzen Intro vom erfreulich zackigen 'Straight To Hell' positiv überrascht. Die Nummer gefällt aufgrund eines treibenden Riffings, schöner Breaks und natürlich auch aufgrund des charakteristischen Gesanges von Eric A.K. Allein seiner Lungenflügel wegen sollte man FLOTSAM & JETSAM zumindest mal angetestet haben. Aber das nur am Rande. Wo wir schon beim Gesang sind: Auch anno 2005 erfreut der gute Mann mit herrlichen Melodien und rauen Ausbrüchen, die so richtig wütend klingen. Allerdings agiert er im Vergleich zu früheren Alben weit mehr in mittleren und tiefen Tonlagen. Die hohen Spitzen bleiben dabei leider komplett aus, was ich etwas schade finde. Aber immer noch ehrlicher als das nervige Gequieke einiger Kollegen. Dass die Musiker wissen, was sie da für ein Goldkehlchen in ihren Reihen beherbergen, belegt der Sound, in dem der Gesang sehr (!) weit im Vordergrund steht. Aber dazu später mehr.
Wenden wir uns den musikalischen Offenbahrungen zu. Abwechslung wird groß geschrieben. So bekommen wir neben aggressiven Thrashkrachern auch Balladeskes, leicht Verschachteltes und gar rein Instrumentales geliefert. Das mag manch einer nun als unausgegoren werten, ich gewinne eher den Eindruck, FLOTSAM & JETSAM spielen einfach die Musik, die ihnen selbst zusagt. Ohne Mauern und Begrenzungen. Und ich muss sagen, vieles davon gefällt auch mir. So stelle ich mir lediglich bei 'Nascentes Morimar' die Frage nach dem Sinn, denn so eine Instrumental-Nummer behindert den Fluss des Albums doch erheblich, auch wenn sie spieltechnisch gut klingt. Da steigt mein Adrenalinspiegel bei mitreißenden Kompositionen wie 'Look In His Eyes' oder 'Parasychotic' doch weit höher. Aber auch die ruhigeren Momente verstehen zu überzeugen. So hat man mit 'Bleed' eine Halbballade am Start, deren Anfang herrlich ergreifend aus den Boxen schwappt. Leider ist das harte Ende etwas verunglückt. Ohne bitteres Ende kommt 'Childhood Hero' aus. Ruhig beginnend, steigert sich diese Nummer zum erstklassigen Midtempo-Stampfer, der wie alle anderen Nummern auch mit einem erstklassigen Refrain die Ohren kitzelt. Mit dem getragenen 'Bathing In Red' wandern die Jungs gar gekonnt auf sphärischen Pfaden. Sollte also für jeden etwas dabei sein.
Kommen wir schlussendlich zum größten Manko des Albums: dem Sound. Jungs, auch wenn es an den finanziellen Mitteln liegt, aber mit dieser Produktion verstümmelt ihr eure schönen Kompositionen. Warum hören wir die tollen Gitarrenpassagen nicht, die das ganze Album garnieren? Hier spielen doch zwei wirklich talentierte Klampfer, die mit überzeugenden Ideen aufwarten. Lasst die Metalwelt teilhaben an ihrem Können! Und wie bitte soll man denn beim Wechsel der Halbballade Abschädeln, wenn da überhaupt keine Dynamik rüberkommt? Man weiß zwar, dass da ein Riff schrammelt, aber es knallt nicht. Und nicht jeder hat so viel Fantasie wie ich. Testet hierzu auch mal das abschließende 'Out Of Mind', welches wirklich mit erstklassigem Riffing ausgestattet ist, einen tollen Aufbau hat, aber leider nicht richtig zünden will.
So, ihr merkt es, ich bin hin- und hergerissen. Zum einen haben die Jungs bei mir einige Nostalgie-Punkte gut, dann überzeugen die meisten Kompositionen des vorliegenden Albums sogar, aber dann versaut der Sound wieder (fast) alles. Ein fragwürdiger Hiddentrack verunreinigt das Bild obendrein. Ich für meinen Teil werde "Dreams Of Death" sicherlich noch eine Weile anhören, hat es doch bei mir den Anstoß gegeben, mal wieder die alten Klassiker zu genießen, aber wer die Band bisher nicht kannte, sollte eher auf die Frühwerke zurückgreifen.
Anspieltipps: Bleed; Straight To Hell; Childhood Hero; Bathing In Red
- Redakteur:
- Holger Andrae