FLUORYNE - Dämmerung
Mehr über Fluoryne
- Genre:
- Avantgarde Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Lost Souls Graveyard
- Release:
- 30.12.2009
- Morgens
- Fern
- Unwetter
- De Profundis
- Klage
Avantgarde in Reinkultur!
Das Warten hat ein Ende: Einmal mehr beweist sich das Mini-Label Lost Souls Graveyard als Insel außergewöhnlicher Musik im Meer metallischen Einerleis.
‚Dämmerung’ – dieser Titel trifft wie kein anderer das vielschichtige Spektakel, das Falk Wehmeier (besser bekannt als Faruk an den Tasten von GEIST) mit FLUORYNE zelebriert. Dem anspruchsvollen Konzept, Gedichte deutscher Expressionisten zu vertonen, wird die Scheibe musikalisch mehr als gerecht. Bereits die kunstvolle Aufmachung des Booklets deutet darauf hin: Liebhaber leichter Kost werden, ebenso wie Black-Metal-Puristen, ihre liebe Not mit dieser Komposition haben. Mit ihren Anleihen aus Black Metal, Ambient, Industrial, Klassik und vielem mehr sperrt sich die Scheibe gegen jegliche Einordnung – aber wir wollen die Musik ja hören und nicht in Schubladen stecken, nicht wahr?
Wer sich auf das komplexe Hörvergnügen einlässt, sucht Hooklines oder auch nur nachvollziehbare Melodien vergebens – denn die Musik der Dämmerung besteht zu 80% aus Stimmung. Man muss genauer hinhören, um in den Songs einen schlüssigen roten Faden zu entdecken, aber die Harmonie der verschiedenen Elemente fällt sofort auf. Den fünf Tracks haftet durchaus ein durchaus doomiger Grundton an; doch den Großteil seiner atmosphärischen Wirkung bezieht das Album aus Ambient-Elementen. Die sphärischen Klangkulissen wabern, zerfließen, lösen sich ineinander auf, lullen ein und zaubern gleichsam eine Gänsehaut – bis man von finstersten Metal-Parts überrascht, geradezu überfallen wird.
Ebenso abwechslungsreich wie die Musik, die oftmals begleitend in den Hintergrund driftet, sind auch die dominanten Vocals gestaltet. Schwarzmetallisch angehauchte, aber immer verständliche Screams wechseln sich mit Flüsterparts ab und werden veredelt von klarem Gesang, der nahezu sakral anmutet – dieser Wandel der Stimmen und Stimmungen erzeugt eine zum Greifen dichte Atmosphäre. Im Vordergrund stehen immer die liebevoll ausgesuchten Gedichte, die so vielfältig vorgetragen werden.
Es macht wenig Sinn, auf die meist sehr langen Songs einzeln einzugehen, da sie eine Einheit bilden und sich in ihrem Verlauf immer wieder grundlegend ändern. Deswegen ist das Album am besten als fortwährender Stimmungswechsel zu sehen, als ein Fluss, den man nicht unterbrechen sollte. Sicherlich eine Herausforderung, wenn man als Hörer an portionierte und erklärbare Songs gewohnt ist – dennoch ist der Zugang zur "Dämmerung" nicht so intellektuell verbarrikadiert, wie man fürchten möchte. Die Emotion der Lieder, ob sie nun ruhig oder heftiger gehalten sind, trifft ganz automatisch, wenn man aufmerksam zuhört.
Anspieltipps: Alle fünf Tracks.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Regina Löwenstein