FOLKET BORTAFOR NORDAVINDEN - Ett Liv Uten Ende
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- Genre:
- Nordic Folk
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Grimfrost Records
- Release:
- 09.09.2022
- Ginnungagap
- Wunjo Laukar Othala Ingwar
- Den Verden Vi Kjenner
- Hagalar
- Algir Fehu Berkana Jara
- Dagar
- Yendaha
- Takk For At Du Fant Meg Og Tok Meg Med Hjem
- Skeidsongr
- Klippen I Havet
- Wunjo Hagalar Algir Dagar
- Ett Liv Uten Ende
Vorreiter im aktuell angesagten Nordic-Folk-Genre liefern endlich Zweitwerk ab.
Und dieses kann sich ohne Zweifel auch bei Tageslicht sehen lassen. So weist die Scheibe mehr Vielfalt und Spielfreude auf als das Debütalbum "Sagnamadr" aus 2018. Dabei ist weiterhin eine gewisse Fluidität gegeben. FOLKET BORTAFOR NORDAVINDEN, was "Volk unter dem Nordwind" bedeutet, befindet sich selbst im steten Fluss. 2007 und somit noch vor der Existenz allseits anerkannter Bands in dem Bereich von Benny Braaten und Gustav Holberg gegründet, trat die norwegische Gruppe über die Jahre hinweg in unterschiedlicher Besetzung auf und fährt dabei stets ihre ganz eigene Schiene. Gustav Holberg ist mittlerweile nur noch bei manchen Live-Auftritten zugegen, da er sich inzwischen mehr seinem Projekt ASTRALSEID widmet. Für "Ett Liv Uten Ende" hat er sich aber an diversen Songs beteiligt. Weitere musikalische Unterstützung für das Album erhielt Benny Braaten von Runahild Kvitbjarkan und seinem Bruder Kjell Braaten, welche beide auch solo unterwegs sind, Espen Winther von ELDRIM, Erik Lillehagen und Martin Kufahl.
Damit wartet die Stammband des Midgardsblot Metal Festivals, welche dort mit ihren Freunden auch für die Eröffnungs- und Abschlusszeremonie verantwortlich zeichnet, mit einer ganzen Schar versierter Trommler auf, von denen jeder einzelne zusätzlich seine ganz eigene Stimmfarbe beisteuert. Hier und da werden noch traditionelle Instrumente wie zum Beispiel Mundharfe, Knochenflöte und Bukkehorn eingestreut. Für diejenigen, die nach dem Lesen dieser Rezension über den Erwerb des Albums nachdenken sollten, folgt an dieser Stelle bereits der Hinweis, dass das Booklet der physischen CD im Gegensatz zur digitalen Version neben den norwegischen Texten zusätzlich englische, deutsche und spanische Übersetzungen anbietet, was sich schon allein aufgrund des Liebesliedes an achter Stelle, des Gedichtes 'Klippen I Havet', das von knisterndem Feuer begleitet wird, und des Titeltracks rentiert.
Das balladenartige 'Takk For At Du Fant Meg Og Tok Meg Med Hjem', in deutsch 'Danke, dass du mich gefunden und heimgebracht hast', wurde von Benny Braaten in finnischen Wäldern für seine Weggefährtin geschrieben und passenderweise mit klarer Stimme von ihm vorgetragen. Dies hebe ich hervor, da man von ihm gewohntermaßen eher seine tiefe, kehlige Stimme erwartet. Mit seiner Klarstimme braucht er sich aber gar nicht zu verstecken. 'Ginnungagap' ist als Eröffnung ebenso gut geeignet wie der Titelsong als Finale. Mit seinem regen Takt und der tief intonierten Wiederholung des Titels zieht es den Hörer sofort ins Album. Die Strophe, in welcher es darum geht, dass das Alte dem Neuen weichen muss, spielt leicht gegen den Rhythmus an und fügt sich dennoch gut ein. Man fühlt sich sofort zum oben erwähnten Festival zurückversetzt. Die zum Schluss geflüsterten Worte verfehlen ihre beruhigende Wirkung keineswegs.
Der zweite Track ist ebenfalls empfehlenswert. Insbesondere durch Runahild Kvitbjarkans Beteiligung, welche mitunter etwas aus der Bahn schlägt, entsteht eine ansprechende Melodie. Das weibliche zweistimmige Interim erweckt kurz einen slawischen Eindruck. Die darauffolgenden, langgezogenen Rufe der Sängerin, welchen als Gegenpol eine tiefe männliche Stimme zur Seite gestellt wurden, lassen ein Stillsitzen beim Zuhören unmöglich erscheinen. Das folgende hoffnungsvolle Lied, das dazu aufruft, sich auf sich selbst zu besinnen und das Leben anzupacken, überzeugt mich zwar mit dem männlichen, getrageneren Chorgesang, jedoch weniger durch seinen treibenden Diskobeat. Bei 'Hagalar' kann man feststellen, wie es klingt, wenn sich Benny und Kjell Braaten, Espen Winther und Martin Kufahl in typischer FOLKET BORTAFOR NORDAVINDEN-Manier gemeinschaftlich in Trance singen und trommeln. Aus dem tieferen Klangteppich sticht hin und wieder die höher gelagerte Stimme des Eldrim-Sängers hervor.
Der fünfte Titel entfaltet eine ähnliche Sogwirkung wie ein Kanon, welche gegen Ende nochmal an Intensität zunimmt. 'Dagar' bietet sich zum Mitsingen an, nachdem man sich von der Überraschung erholt hat, dass Runahild, komplett anders als üblich, spricht und singt. Das Klangbild und der Inhalt des Stückes, welcher dazu anspornt, sein inneres Feuer von einem Gipfel scheinen zu lassen, sind gefällig. Danach erschallen in 'Yendaha' Töne aus tiefer Kehle zu recht einfachem Takt. Runahild Kvitbjarkans Stimme tritt in mehreren Lagen hinzu. Man könnte meinen, dass außerdem eine Geige auf immer gleiche Weise traktiert wird, doch sicherlich handelt es sich dabei um eine traditionelle Harfe. Zusammengenommen ergibt sich daraus ein leicht indischer Touch. Das vorletzte Lied erzeugt durch den Chorgesang mit verschiedenen und mal langsamer, mal schneller vorgetragenen Zeilen erneut einen Kanoneffekt. Dadurch, sowie aufgrund des angenehmen Taktes, zieht es flink noch vor Einsatz der hohen Stimme Espen Winthers, welche den längsten Albumtitel gut ergänzt, in seinen hypnotischen Bann.
Auch wenn der Titel und der langsame, getragene Takt im Intro von 'Ett Liv Uten Ende' depressiv erscheinen mögen, ist dieses Lied ebenso von Hoffnung und positiver, natürlicher Weltsicht durchdrungen wie die vorherigen Tracks. Zudem kommt es zu einem schnellen Wechsel zugunsten eines erhebenden, verlockenden Beats mit dazu harmonierenden Chorgesang. Vollkommen zurecht wurde dieser Song ans Ende platziert, da er einen nachverfolgt und nicht so leicht aus seinen Klauen entlässt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie die Musik von FOLKET BORTAFOR NORDAVINDEN auf Leute wirken mag, die sich bisher nicht dem Live-Sog der Band ausgesetzt haben, denn darin, in der Improvisation und im Humor liegen ihre Stärken. Doch meines Erachtens liegt hier eindeutig lohnenswertes Albummaterial vor. "Ett Liv Uten Ende" ist in sich ausgewogen - die tiefen Grundtöne und die Trommeln bleiben erhalten, man bekommt Lust, ums Feuer zu tanzen, und darüber hinaus treten neue Nuancen auf, die Neugierde wecken.
Für mich hätte das Album womöglich nur besser klingen können, wenn es am gleichen Ort in Anwesenheit aller Beteiligten aufgenommen worden wäre, da die herzliche, neckende Stimmung unter den Freunden den Aufnahmen vermutlich zuträglich gewesen wäre. Für Anhänger des Genres führt wohl kein Weg an FOLKET BORTAFOR NORDAVINDEN vorbei.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Susanne Schaarschmidt