FOTOCRIME - Always Night
Mehr über Fotocrime
- Genre:
- Post Punk / Wave / Elektro
- ∅-Note:
- 6.50
- Label:
- Golden Antenna Records
- Release:
- 10.11.2017
- Duplicate Days
- At Play In The Night Tide
- In The Trance Of Love
- Always Hell
- Plate Glass Eyes
- Tectonic Shift (Continental Mix)
Zwischen Rastlosigkeit und Emotionslosigkeit
Ryan Patterson, bekannt als Frontmann der Post-Hardcore-Formation COLISEUM, hat eine neue Spielwiese gefunden. Sein aktuelles Projekt FOTOCRIME, bestehend aus drei Musiker/innen und einem Drum Computer, taucht tief ein in dunkle Post-Punk-Gefilde, schwebt auf sphärischen Wave-Ausläufern, inhaliert eine kalte Prise Gothic - und ist damit ganz auf der Höhe der zahlreichen an die 80er angelehnten Rückbesinnungen. Anfang 2017 erschien zunächst die 7''-Platte "Always Hell", nun gefolgt von der 12''-EP "Always Night". Und Patterson zeigt, dass er auch in diesen zurückgenommeneren, zerbrechlich-introvertierten Klanggefilden eine Menge zu sagen hat, dass bislang aber auch noch viel Potential ungenutzt auf der Strecke bleibt.
Die Nordamerikaner erinnern mich zwar immer wieder im positiven Sinne an die aktuelle Post-Punk-Referenz SECRET SIGHT, klingen allerdings auch unaufgeregter als die Italiener, weniger dramatisch, mitunter auch geradezu lethargisch. Keine Frage, die Eröffnung 'Duplicate Days' ist ein hübscher kleiner Ohrwurm, der ganz wunderbar diese trauergeschwängerte Gothic-Atmosphäre aufzieht, dabei aber auch zu brav und unspektakulär bleibt. Gerade Pattersons Stimme klingt mir oft zu stoisch. Besser wird es beim folgenden 'At Play In The Night Tide', wo FOTOCRIME durch die aufreibende Basslinie sowie die stimmliche Ergänzung durch Tieftönerin Shelley Anderson mehr Vibe zeigt und weniger nach Schlafwagensoundtrack klingt. An der Arbeit der beiden Instrumentalisten ist ohnehin nichts auszusetzen; der angenehm treibende Bass und die flirrenden Gitarrenechos sorgen gelegentlich für wohlige Gänsehautanflüge.
Zur Albummitte zeigt die Leistungskuve mit 'In The Trance Of Love' deutlich abwärts; hier agiert das Trio elektronischer, wodurch die Emotionslosigkeit des Songs ungünstigerweise noch unterstrichen wird. Gepflegte Langeweile. Es folgen 'Always Hell' und 'Plate Glass Eyes', zwei Stücke, die bereits von der Vorgängerscheibe bekannt sind. Dass ausgerechnet diese beiden recycelten Nummern durch ihre rockigere Attitüde für etwas mehr Pep sorgen, lässt die Skepsis bezüglich eines Langspieldebüts nicht schwinden, auch weil Mr. Patterson mit seiner Gruftenstimme gerade die Refrains wieder etwas einschläfert. Der Ambient-Remix von 'Tectonic Shift' rundet "Always Night" schließlich atmosphärisch stimmig ab.
Es ist also eine zwiespältige Sache mit FOTOCRIME. Nimmt man nur die neuen Stücke, bleiben ein starker, ein ordentlicher und ein schwacher Song, dazu ein Remix und zwei bereits bekannte Tracks sowie eine verklärt-entrückte, manchmal aufgekratzte, gelegentlich auch einschläfernde Post-Punk-Grundstimmung. Von FOTOCRIME könnte gewiss noch Großes folgen – gesichert ist dies nach "Always Night" allerdings nicht.
Anspieltipps: At Play In The Night Tide, Always Hell
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Timon Krause