FUNERALIUM - Funeralium
Mehr über Funeralium
- Genre:
- Doom Metal
- Label:
- Totalrust Music
- Release:
- 10.07.2007
- First Symptoms
- Transcendence No 26
- Funeralium
- Light Crisis
- Let People Die
- Nearly The End
Entartete Kunst. FUNERALIUM setzen dem, was CELTIC FROST letztes Jahr mit "Monotheist" schufen, die Dornenkrone auf. Letztere lieferten einen neuartigen, zutiefst finsteren Sound zwischen herkömmlichen Genres ab, der dennoch am ehesten dem Doom zuzurechnen ist, einen ultraschweren, schwarzgalligen Verzweiflungsklumpen sondergleichen. "Funeralium" geht einen musikalisch anderen Weg, doch wühlt genauso auf. Black Death Funeral Doom. Schwer, langsam, monoton, aufschürfend, unglaublich atmosphärisch und bewegend. Kommt her, die ihr mühselig und beldaden seid, wir pressen das Leid endgültig aus euch heraus. Purer Seelenschmerz. Katharsis durch Musik, oder eher durch die davon abfallenden Späne, wenn man nur einen Hobel ansetzt, der groß und grob genug ist. Denn diee sechs lyrischen Epen dieses Albums sind bis zum Maximum reduziert, und bieten doch genügend Dynamik und Spannungsbögen, um nicht in der völligen Beliebigkeit oder in belanglosem Noise zu versinken. Extreme Formen wurden in die jeweiligen Stimmungen gekonnt eingebunden, etwa der psychotisch strudelnde, schwarzmetallene Wahnsinn wutentbrannter Raserei im blastbeat-durchfressenen Midtempo-Zerfall, den man im Endstadium des Titelsongs zu hören bekommt. Die markerschütternden Grabesrufe des Marquis (mitunter auch an der Gitarre zu hören) sowieso. Ys...' Schlagzeugspiel ist permadurchfrostet, nichtsdestotrotz stimmungsvoll, feinsinnig bis zur Neurasthenie, welche sich freilich in groben Formen äußert. Die todesstarrenden Wurzeln von Toxines Basspiel ragen in den klassischem BLACK SABBATH-Doom, scheinen jedoch noch tiefere Quellen des Finsteren angezapft zu haben. Berserker an der Gitarre klingt wie ein solcher, dem man jedoch je eine Überdosis Valium und Absinth eingeflößt hat.
Das Ergebnis ist pechschwarz, zerfahren und horrormäßig quälerisch, wird aber vom meist ruhigen Schlagzeugspiel zusammengebunden wie ein ansonsten loses, grotesk verästeltes Bündel Reisig. Denn auch filigraneres Spiel beherrscht die Band, so mutet 'Light Crisis' nach den ersten zehn Minuten nahezu wie eine Exkursion ins Land von BOHREN UND DER CLUB OF GORE ("Black Earth") an, wo der Bass nunmehr nur noch untermalend tönende Grundierung für die Klangmalerei der übrigen Instrumente ist, und die menschliche Stimme kaum noch als solche zu erkennen. Dies ist tiefste, wahrste Gothic-Musik. Einen ähnlichen Mut zum so gearteten experimentellen Expressionismus hörte ich zuletzt auf "Heresie" von den VIRGIN PRUNES, und dessen Veröffentlichung liegt immerhin ein Vierteljahrhundert zurück. Wie sich dann eine erhabene Melodie aus diesem Seelenlärm hervorschält und über einen andgedeuteten Trauermarsch in groovig düster wabernde Psychodelizismen, breitflächig aufgetragen mit klebrig-zähflüssig Moder tropfendem Pinsel getunkt in den BLACK SABBATH-Topf zurückführt, das ist nicht anders zu bezeichnen als großartig. 'Transcendance N°26' wälzt sich tonnenschwer voran. Das eigentliche Intro dazu, 'First Symptoms', mit seiner deutlich unterhalb der Vierminutengrenze verweilenden Dauer ist mit Abstand das kürzeste Stück der Platte, doch kaum weniger fordernd als die übrigen. Totalverlangsamt und ungleich heavier dröhnt 'Let People Die' unheimelnd gleichmütig aus den ebenholzverschalten, blutgebeizten Boxen. Nie zuvor dürfte eine halbakustisch gespielte Gitarre so tragisch geklungen haben. FUNERALIUM steht fest auf den Schultern des Riesen Tradition, man könnte sogar sagen, das Quartett habe sich darauf fest einbetoniert. Und doch streckt es sich beständig nach der Decke, um den Klängen der Unterwelt neuen Entfaltungsraum zu stemmen.
Selbst bezeichnen die Franzosen diesen Stil als Ultra Sick Doom Metal ohne romantische Schwingungen, weibliche Stimmen, Zirkusorgeln und wohlfeile Texte. Die Umsetzung dessen ist ihnen gelungen. Zu den Inspirationsgebern zählt die Band ihre Kollegen von ABRUPTUM, BETHLEHEM, BLACK SABBATH, BURNING WITCH, CATHEDRAL, COUNT RAVEN, ELECTRIC WIZARD, GRIEF, PENANCE, SAINT VITUS, SHINING, THERGOTHON, THORR'S HAMMER, TROUBLE und WORSHIP. Aber letztlich ist das uninteressant, denn sie haben selbst schon einen zukünftigen Klassiker geschaffen. Für mich jedenfalls ist "Funeralium" das beste Doomalbum des Jahres 2007.
Anspieltipps: Transcendance N°26, Light Crisis.
- Redakteur:
- Eike Schmitz