GATES - You Are All You Have Left To Fear
Mehr über Gates
- Genre:
- Rock / Alternative / Indie
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Pure Noise Records
- Release:
- 22.10.2013
- They See Only Shadows
- Like This You Mean
- Cast In The Pattern
- To Those Who Fell...
- ... And To Those Who Carry On
- The Sound Of Letting Go
- Skyline
Heiterer Indie ohne Ecken und Kanten
Wer in Sachen Rockmusik einen gesteigerten Anspruch reklamiert, dabei keine Zielgruppe verschrecken, vielmehr eine größere Hörerschaft für sich gewinnen will, landet im Grunde früher oder später zwangsläufig in seichten Indie- und Alternative-Gefilden. In diesem schwer abgrenzbaren Feld tummeln sich all die Musiker, die rocken wollen, ohne weh zu tun, die lieber von ihren Gefühlen singen als sie in Schreien zu artikulieren, die ihre Gitarren natürlich klingen lassen statt sie durch einen Verzerrkanal zu jagen. Und da die Masse qualitativ hochwertiger Bands in Sachen Indie verglichen mit anderen Genres ungleich größer ausfällt, besteht eine enorme Herausforderung darin, sich von der Konkurrenz abzuheben und nicht zu klingen wie der x-te RED HOT CHILLI PEPPERS- oder COLPLAY-Klon. Den fünf Amis von GATES gelingt dies auch nur bedingt, obwohl sich die Band auf erfreulich hohem Niveau bewegt.
Im Grunde machen die jungen Musiker aus New Jersey ihre Sache nicht anders als die allermeisten artverwandten Bands – nämlich musikalisch mehr als ordentlich, allerdings eben ohne eindeutige Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln. Ihre heuer wiederveröffentlichte Debüt-EP "You Are All You Have Left To Fear" ist eine unbekümmerte, gelegentlich dezent melancholische Reise durch die menschliche Gefühlswelt, geprägt von beinahe naivem Optimismus, musikalisch irgendwo zwischen MUTE MATH und ONE REPUBLIC angesiedelt. Klare Gitarren, prägnantes, grooviges Schlagzeugspiel, hohe, gefühlvolle Gesangslinien, heitere Harmonien – GATES steigt nicht in die Abgründe hinab, fliegt vielmehr darüber hinweg. "You Are All You Have Left To Fear" ist wie ein Segelflug, rauschend, berauschend, mitreißend, ohne Gewitterwolken oder nennenswerte Turbulenzen. Dabei landen die Amerikaner durchaus den einen oder anderen Hit: Der Opener 'They See Only Shadows' ist ein tanzbarer Ohrwurm erster Güte, verspielt genug, um nicht als kalkulierte Kommerzsingle durchzugehen. 'Like This You Mean' klingt stellenweise progressiv, umschifft Mainstreameinflüsse und Kitschklippen, und lässt den Hörer zudem mit dem Eindruck zurück, dass auch die Jungs von GATES einst einer härteren Gangart frönten. Unwiderstehlich ist außerdem 'To Those Who Fell... And To Those Who Carry On', eine beinahe stadiontaugliche Indie-Hymne, die jede COLDPLAY-Single der letzten Jahre in den Schatten stellt, also eingängig, feinfühlig, aber nicht glatt geschliffen daherkommt, und dennoch tief unter die Haut geht.
Was soll man sagen? GATES macht alles richtig. Unter musikalischen Gesichtspunkten ist "You Are All You Have Left To Fear" ein Glanzstück; die jungen Musiker haben das Gespür für tolle, emotionale Melodien ohne Kitsch, und bei aller Leichtigkeit rockt die Debüt-EP der Amis mehr als ausreichend für einen wahlweise schweißtreibenden oder verschmusten Konzertabend. Und dennoch vermute ich, dass der Fünfer sich zunächst nicht von der breiten Masse artverwandter Bands wird abheben können. Im Grunde machen die Jungs nichts verkehrt; ich persönlich würde ihnen nicht einmal dazu raten, mehr Ecken, Kanten, oder düstere Passagen zwecks gesteigerter Abwechslung einzubauen. Das einzige Problem der Band ist die Sättigung ihres Genres – zu viele andere ehrgeizige Musiker hauen einfach in die gleiche Kerbe, auf ähnlich hohem Niveau. Daraus hervorzustechen dürfte fast ein Ding der Unmöglichkeit sein.
Nichtsdestotrotz sei "You Are All You Have Left To Fear" allen ans Herz gelegt, die für eine halbe Stunde die Schwere des eigenen Schicksals vergessen und sich den Trost zusingen lassen möchten, dass alles nur halb so schlimm ist, und die Sonne immer scheint, auch wenn sie nicht andauernd sichtbar sein mag.
Anspieltipps: They See Only Shadows, To Those Who Fell... And Those Who Carry On
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Timon Krause