GHOST BRIGADE - Until Fear No Longer Defines Us
Auch im Soundcheck: Soundcheck 08/2011
Mehr über Ghost Brigade
- Genre:
- Dark Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Season of Mist (Soulfood)
- Release:
- 19.08.2011
- In The Woods
- Clawmaster
- Chamber
- Traces Of Liberty
- Divine Act Of Lunacy
- Grain
- Breakwater
- Cult Of Decay
- Torn
- Soulcarvers
Die finnische Geisterbrigade knüpft nahtlos an ihr Zweitwerk an und offeriert teilweise recht melancholischen Progressive Death Metal von hohem Spannungsgehalt.
Zählte die Geisterbrigade für mich anno 2009 mit "Isolation Songs", ihrem Album Numero zwo, zu den absolut positiven Überraschungen des Jahres, so schürt dies nun durchaus eine gewisse Erwartungshaltung. Doch "Until Fear No Longer Defines Us" erweist sich als mindestens ebenbürtig. Wieder gelingt es den Finnen mit ihren unter die Haut gehenden Songs zu begeistern und sich ganz neben zumindest ein Stückchen abseits der zu sehr ausgetretenen Pfade zu bewegen. Da ist zwar stilistisch nicht ganz und gar Neues dabei, aber die Mischung macht's.
Nach einem eher unspektakulären Intro ('In The Woods') mit sanftem Klargesang und einfacher Gitarren-Begleitmelodie, kommt mit 'Clawmaster' gleich der erste Volltreffer zu seinen Ehren. Geschickt integriert man einen eher ungeschliffenen schwarzen Anstrich in Form von finsterem Growling und kräftigem Geriffe mit den leiseren Zwischenspielen. Und der Refrain gehört zum Besten der gesamten Platte. Nach weiteren gelungenen Stücken mit dem beschaulichen, reduzierten und trotzdem einer feinen Dynamik ausgestatteten 'Chamber' und dem im Vergleich dazu fast schon stumpfen, wuchtig losgaloppierenden und mit rauem Growling überraschenden 'Traces Of Liberty', ist dann 'Divine Act Of Lunacy' schließlich ganz großes Tennis. Dieses treibende Grundriff in Kombination mit den etwas aus dem Hintergrund kommenden, beinahe hypnotischen Vocals kann einen schier um den Verstand bringen. Im Refrain kulminiert diese begeisternde Nummer dann schließlich.
Auch 'Breakwater' weiß über eine Länge von fast neun Minuten zu gefallen und fällt dabei auch nicht wirklich zu lang aus, da man trotz allem sehr schön auf den Punkt kommt und einen gelungenen Spanungsbogen aufbaut. Da sind es schon eher die ruhigeren Stücke, die manchmal einen Tick zu ausladend daherkommen und nicht immer in gleichem Maße berühren können. Die stilistische Vielfalt, die GHOST BRIGADE zweifelsohne an den Tag legen, produziert auch vereinzelt weniger Erhebendes. Und damit meine ich gar nicht so sehr die überwiegend ruhig bis atmosphärisch vor sich hin schwebenden Stücke der Marke 'Chamber' oder 'Cult Of Decay' - denn auch die können im Großen und Ganzen überzeugen, wenngleich die packendsten Momente doch eindeutig von den monumentalen Gewittern ausgehen, die mit erhabener Wucht über den Hörer hereinbrechen. Der Spannungsbogen sinkt indes rapide, wenn sich ein eher seichter Song wie 'Grain' auf die Platte verirrt, denn der passt irgendwie nicht sonderlich zum sehr gelungenen Rest - zu wenig Tiefgang, fast schon in Richtung Mainstream-Rock tendierend. Next one, please. Auch dem abschließenden 'Soulcarvers' mangelt es ein wenig an der nötigen Substanz, während 'Torn' unmittelbar davor zumindest in der ersten Hälfte eine astreine Wuchtbrumme ist (Riffing mit Schmackes!), die man in dieser Heftigkeit so kurz vor dem Ende gar nicht mehr erwartet hätte.
"Until Fear No Longer Defines Us" ist eine Scheibe, die sich nicht sofort erschließt, die Zeit zum Wachsen braucht, welche man ihr unbedingt zugestehen sollte. In punkto musikalischer Ausrichtung wie auch der breitgefächerten stilistischen Bandbreite ist der neue Rundling dem Vorgänger sehr ähnlich. Ich würde sagen, "Isolation Songs" hatte in der Summe ein paar packende Momente mehr, die stärkeren Einzelsongs finden sich aber auf "Until Fear No Longer Defines Us". Insgesamt bewegte sich der Vorgänger mehr auf einem durchgehenden Niveau, während die aktuelle Scheibe Schwankungen nach oben und auch ein paar ganz wenige Ausreißer nach unten aufweist. Momentan sehe ich sie damit leicht vor dem Zweitwerk der Geisterbrigade.
Was erwartet den Hörer also auf "Until Fear No Longer Defines Us"? Vielleicht kann man es so umschreiben: Dark Metal als weit gefasster Oberbegriff, gewürzt mit ganz viel Progressive Death, etwas Doom und Black, einer nicht unbeträchtlichen Portion Melancholie und vor allem vielen guten Ideen beim Songwriting und wunderbar eingänigen Melodien. Zwar überwiegen Klargesang und melodisch-beschauliche Passagen etwas, doch vor allem in den kraftvollen Ausbrüchen liegt ein ganz besonderer Reiz (vielleicht auch genau deshalb, weil sie so wohldosiert eingesetzt werden). Sucht man nach Vergleichsbands, könnte man sich auf KATATONIA in einer "idyllischeren" Variante festlegen, während die kräftigeren Momente eher eine Nähe zu Bands wie PARADISE LOST oder RAPTURE (Finnland) erkennen lassen. Ein schwarz/weißes Natur-Cover rundet die ganze Geschichte sehr stimmig ab. Genrefans sollten diese Finnen sehr genau unter die Lupe nehmen, um nicht Gefahr zu laufen, in dieser Kategorie etwas Essentielles verpasst zu haben.
Anspieltipps: Clawmaster, Divine Act Of Lunacy, Breakwater
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer