GIVRE - Le Cloitre
Mehr über Givre
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Eisenwald Records
- Release:
- 29.03.2024
- Marthe Robin (1902-1981)
- Louise du Néant (1639-1694)
- Sainte Thérèse d'Avila (1515-1582)
- Marie des Vallées (1590-1656)
- Sainte Hildegarde de Bingen (1098-1179)
- Sainte Marguerite de Cortone (1247-1297)
Eine weitere Geschichtssstunde im schwarzmetallischen Kontext.
Es ist schon eher ungewöhnlich, dass sich Black-Metal-Combos mit den Lichtgestalten der christlichen Historie beschäftigen. Einen solchen Ansatz haben die Kanadier von GIVRE auf ihrem aktuellen Album gewählt, dabei aber den Fokus auf die schmerzlichen Enttäuschungen in der jeweiligen Vita der angesprochenen Damen gelegt und sich somit eher indirekt auf den Weg gemacht, die Machenschaften der Kirche im Mittelalter anzuprangern.
Der interessante lyrische Content bekommt musikalisch einen entsprechend qualvollen Spiegel: GIVRE ist weiterhin im depressiven Abteil der Szene unterwegs, erwägt aber auch, melodische Einschübe, einige sehr harsche, aggressive Parts und zuletzt auch indirekt Stilmittel aus dem Post Metal zu verwenden, wenn dies der Atmosphäre der Songs dient. "Le Cloitre" ist entsprechend vielseitig aufgestellt, geht über stilistische Grenzen, bewahrt aber die Orientierung am konzeptionellen Kernthema. Und auch wenn die Scheibe bisweilen etwas schwieriger zugänglich ist, so offenbart sie doch in vielen Teilen wirklich spannende Ansätze, die in der Folge dann auch eine anständige Vollendung finden.
Die Platte beginnt schließlich genauso aufregend, wie sie später endet: Im ersten Track widmen sich die Kanadier der französischen Mystikerin Marthe Robin, die infolge einer schweren Krankheit einen qualvollen Tod sterben musste, sich aber im Namen der Kirche stets aufgeopfert hat und ihr Leben schließlich auch für die damals noch sehr starke Insitution gegeben hat. GIVRE beschreibt den furchtbaren Prozess ihres letzten Lebensabschnitts, kreiert eine entsprechende Atmosphäre und nimmt das Leiden in der Grundstimmung des Songs adäquat auf. Die knapp zehnminütige Story ist dabei sicherlich nichts für schwache Nerven, ihr musikalischer Inhalt ist jedoch genauso überzeugend wie die nachfolgenden finsteren Epen zu Hildegard von Bingen und Marie des Valées oder die sehr straighte, eher Todesblei-lastige Aufarbeitung der Biografie von Louise du Néant.
GIVRE zeichnet das Leiden auf, die Aufopferung für eine Mission, die nicht immer ein gutes Ende gefunden hat, aber auch die Qualen, welche die einzelnen Protagonistinnen der sechs neuen Songs auf sich genommen haben, und das in wirklich hörenswerter Manier. Das Album bewahrt sich eine sehr beklemmende Grundstimmung, die variantenreiche Improvisationen findet und am Ende eine richtig starke Symbiose aus Wort und Ton ergibt. Zwar dauert es seine Zeit, bis man sich in die Themen hineingefunden hat bzw. die Songs wirklich zünden, aber dies ist definitiv auch dem schweren Themenkomplex geschuldet, den GIVRE hier als Leitmotiv ausgewählt hat. Für Historiker mit Hang zu progressivem Black Metal ist diese Scheibe daher fast schon ein Muss. Doch auch losgelöst von der inhaltlichen Komponente ist ein Lauschangriff wärmstens empfohlen. Diese Kanadier spielen ihr Potenzial nämlich diesmal endlich vollends aus!
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Björn Backes