GLASPERLENSPIEL - Post Kastaliam (Demo)
Mehr über Glasperlenspiel
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Eigenpressung / Eigenvertrieb
- Release:
- 29.07.2014
- Intro
- Feindbild Mensch
- Faule Früchte
- Glasperlenspiel I
- Die letzte Glocke
- Der Tod ist ein Meister aus Deutschland
Vor allem lyrisch sehr ambitioniertes Debütdemo einer jungen, atmosphärischen BM-Band.
Wenn eine 2013 gegründete Band ihr erstes Demotape veröffentlicht und im beigelegten Infoblatt kundtut, zu hoffen, dass sie den Hörer und Rezensenten mit ihrem musikalischen und lyrischen Konzepte nicht überfordere, dann zeugt das entweder von einer ziemlich dreisten Selbstüberschätzung oder von einem ausgeprägten Hang zur Selbstironie. Auf welche Seite das Pendulum bei den deutschen Schwarzmetall-Lyrikern von GLASPERLENSPIEL ausschlägt, das wird weder aus der Promoinfo im Übrigen, noch aus dem musikalischen Aufgebot zur Gänze klar. Was indes klar wird, das ist, dass die Band einen gewissen Anspruch an sich selbst und an ihre Hörer stellt, dem sie erst einmal gerecht werden muss.
Also wollen wir mal das Tapedeck entstauben und das Demo ankurbeln, um zu hören, was "Post Kastaliam" denn nun zu bieten hat. Die ersten Klänge des Openers lassen auf atmosphärischen Black Metal schließen, der sich von getragenen, verträumten Passagen bis hin zu etwas gebremster Raserei erstreckt, dabei dem Keyboard sehr viel Raum einräumt, so dass dieses sowohl zur Unterstützung der Atmosphäre als auch zur Melodieführung beiträgt. Doch halt, das ist nur der Introitus, mit den ersten Takten des zweiten Tracks "Feinbild Mensch" wird das Klangbild harscher und die Stimmung grimmiger. Der Gastsänger Dr. Joseph G. fragt uns, ob wir den totalen Krieg wollen, das Volk schreit "Jaaaaa!", der Rezensent wundert sich kurz und lauscht dann tatsächlich gemächlich im Midtempo dahin trabendem Black Metal mit epischer, erzählerischer Aura, welche die durchaus misanthropisch wirkende, dabei aber sehr poetisch gefasste, komplett deutschsprachige Lyrik angemessen untermalt, die ihrerseits von grollendem Knurren bis zum melancholisch-klaren Rezitativ eine recht umfangreiche Bandbreite aufzuweisen hat.
Durch diverse hörspielartige Samples und die dem Song verliehene Dramatik gibt sich 'Feindbild Mensch' sehr kriegerisch und martialisch, aber eben auch spannend, so dass trotz der zehnminütigen Spielzeit keine Langeweile aufkommt. 'Faule Früchte' gibt sich noch ein gutes Stück grimmiger und unbarmherziger, der nihilistische Text ergreift auf bittere Weise. Ein gewisses gothrockiges Flair befällt sodann den Einstieg in 'Glasperlenspiel I', wobei mir hier das Single-Note-Strumming ab der zweiten Minute sehr gut gefällt. Der großartige und dabei sehr stattliche Zwanzigminüter hat natürlich noch viel mehr zu bieten, wie etwa gelungene Orchestrierungen, starke, flirrende, rasende, und im Mittelstück auch richtig wuchtige und wie ratternde Panzerketten voranpreschende Ausbrüche; dazu erneut sehr metaphorische Texte, die ein ausgedehntes Konzept illustrieren, das jedoch vielschichtig interpretierbar bleibt und sich bei aller pathetischen Wortgewalt nie ganz offenbart. Danach arbeitet 'Die letzte Glocke' sowohl viel mit gezupften Gitarren als auch mit ausgedehnten Ambient-Elementen, bevor 'Der Tod ist ein Meister aus Deutschland' (nein, keine Vertonung der Celan'schen "Todesfuge") das Album beendet.
Nun, ein schlechter Einstand ist "Post Kastalium" für GLASPERLENSPIEL wirklich nicht. Ein "über alles erhabenes Debütalbum" ist dann aber auch etwas anderes. Dennoch soll sich die Rezension im Tenor nicht um die theatralische Selbsteinschätzung der Band drehen, sondern darum, dass wir Trüffelschweinchen, die gerne im Untergrund wühlen, hier ein mit viel Liebe zum musikalischen und lyrischen Detail gestaltetes Einstiegswerk einer Band entdecken können, die offensichtlich einiges an Spannung zu bieten hat, wenn man sich auf die Musik und vor allem auf die intensiven lyrischen Trips einlässt. Brechen wir es auf das Musikalische herunter, sollten alle mal ein Ohr riskieren, die sich in der Schnittmenge zwischen textorientiertem, poetischem deutschem Black Metal, BETHLEHEM, FÄULNIS, NOX MORTIS und TOTENMOND wohl fühlen. Einen gelungenen Einstand findet ihr allemal. Und überfordern wird er euch im Zweifel auch nicht.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle