GOOD WITCH OF THE SOUTH - Nuclear
Mehr über Good Witch Of The South
- Genre:
- Punkrock
- Label:
- Swell Creek Records
- Release:
- 24.01.2005
- 114
- Nous Avons L'Ascendant
- Lesson No1
- Porno Club
- Slave
- Macht kaputt was euch kaputt macht
- Nuclear
- Gogo Girl
- The Taker
- Free Radicals
- Water
- Civil War
- Feet Off Ground
Also wenn es eine Band gibt, die dem Prädikat "roh" ihren ganz eigenen Stempel aufdrückt, dann ist es eindeutig GOOD WITCH OF THE SOUTH.
So einiges musste ich lesen, bevor ich auch nur ein Ohr in die nunmehr zweite Platte dieser Combo warf. Das Promoschreiben hielt sich in Sachen Beweihräucherung allerdings auffallend zurück. Und mit jedem Satz, den ich las, wuchs meine Neugier auf die Musik dieser Band. Was da stand, konnte nur eines bedeuten: Diese Band ist krass! Vom Cover prangt in giftigem Grün eine Fliegerbombe. Der Albumtitel kann mit "Nuclear" kaum großkotziger gewählt werden. Der Blickpunkt des Booklets und der Rückseite ist der völlig kranke Blick von einem Sänger, der sich selbst Siggy Rock nennt. Das Bild im Innenteil zeigt den Frontmann arrogant vor seinen Gefährten, alle größtenteils mit Egal-Frisuren. Was jetzt nur noch fehlt, ist der erste Hörgenuss.
Dabei ist man wahrlich gut beraten, sich die Texte im Booklet zur Hand zu nehmen, sonst dominiert schnell der voreilige Schluss, diese Band würde nur unkoordinierten Krach verzapfen. Das erste Lied '114' will nämlich allen ersten Eindrücken Taten folgen lassen, und dabei geht nur allzu leicht die kalkulierte Extravaganz von GOOD WITCH OF THE SOUTH unter. Hier ist nämlich eigentlich nichts Krach! Es wird lediglich mit Entschlossenheit zu Werke gegangen. Sicherlich ist der Sound zwar gut abgemischt, doch das hält ihn nicht davon ab, abgrundtief dreckig zu klingen. Wenn Siggy seine völlige abgedrehte Art und Weise zu singen an den Tag legt, die sich pro Lied mindestens dreimal überschlägt, können sich sicher viele ein Lächeln nicht verkneifen. Letztlich wird dies über kurz oder lang allerdings in puren Neid umschlagen, denn GOOD WITCH haben sowohl instrumental als auch lyrisch den Arsch in der Hose, ihr Ding durchzuziehen. Mit einem Selbstvertrauen, als sei man schon Jahrzehnte im Geschäft, und der Arroganz, mit der einst schon REFUSED "The Shape Of Punk To Come" auskoppelten, wird hier ein Lied nach dem anderen in ganz eigener Manier aufgezogen. Und spätestens nach dem dritten Durchlauf von "Nuclear" wird einem klar, dass diese Scheibe alles hat. In den Liedern schlummert ungeahnter Variantenreichtum. Neben dem roten Faden aus vokaler Knochensäge und rauem Gitarrenspiel schlängeln sich versteckte und vertrackte Melodien.
Davon, welches Lied der ultimative Anker des Albums ist, wird sicherlich jeder eine ganz individuelle Meinung haben. Fest steht nur, dass man in fast jedem Song einen Widerhaken findet, meist im Refrain oder in einem der Schreiangriffe des Sängers. Sei es nun ein Speedpart wie in 'Civil War', die fast klare Stimme in 'Lesson No1' oder die Dynamik in 'Porno Club'.
Für mich persönlich ist ausgerechnet der einzige Coversong des Albums der Hammer schlechthin. Die Arbeit, die GOOD WITCH bei dem gelungenen Cover des TON,STEINE,SCHERBEN-Klassikers 'Macht kaputt, was euch kaputt macht' geleistet haben, ist einfach zu überzeugend. Einerseits passt dieses Lied perfekt zu der Attitüde, die das Quintett dreizehn Lieder lang propagiert, andererseits könnte man ihnen schon dafür einen Orden verleihen, eine Live-Version für ihr Album verwendet zu haben. Der einzige Song, den man für dieses Album deutsch einsingt, ist ein absoluter Volltreffer.
Ein ungeheuer wichtiges Album als Gegenpol zu der Schwemme an glatt gebügelten "Ja"-Sager-Bands. Und ganz nebenbei führt man den besten Beweis an, dass es auch heutzutage noch möglich ist, mit völlig eigenem Stil und trotz harter Gratwanderungen Qualität en masse zu produzieren. Schwer vorzustellen, dass diese Scheibe einmal langweilig werden kann. Furchtbar, wenn hinter so einer großen Schnauze auch noch so viel steckt. Jeder, der "Nuclear" mal hört, sollte strahlen.
Anspieltipps: Macht kaputt, was euch kaputt macht; Porno Club; Water; Feet Off Ground
- Redakteur:
- Michael Langlotz