GRABNEBELFüRSTEN - Dynastie oder wie man Herrschaft definiert
Mehr über Grabnebelfürsten
- Genre:
- Black Metal
- Label:
- Ketzer Records
- Abstrakte Wunder verbaler Schwerter
- Schicksalsbrüder
- Dynastie
- Briefe an die Toten
- Der letzte König und sein Architekt
- Irgendwie / Irgendwo / Irgendwann
Es ist eine zwiespältige Angelegenheit mit Black Metal, der deutsche Texte verwendet. Die Gefahr, sich der lyrischen Lächerlichkeit preiszugeben, ist ziemlich hoch. Die fünfköpfige deutsche Black-Metal-Truppe GRABNEBELFÜRSTEN schrammt mit ihrem zweiten Album grade nochmal so an der Grenze zu KNORKATOR vorbei und machen nebenbei richtig guten Schwarzwurzel-Metal der härteren Gangart, bei dem Genie und Wahnsinn eine ziemlich fruchtbare Symbiose eingehen.
"Vermehrt euch im Taktschlag der Blitze / Gleich Bakterienkulturen in Feuchtbiotopen" heißt es da im ersten Track, der ziemlich treffend 'Abstrakte Wunden verbaler Schwerter' betitelt ist, und sorgt schon zu relativ früh für den ersten Brüller.
"Mein Speichel ist ein Schleifstein / er schärft mir meine Klinge" meint der Sänger mit dem, ähm... befremdlichen Pseudonym "SeelenSchlachten" im weiteren Verlauf des Tracks und hat wiederum nicht ganz unrecht, auch wenn man sich das Lachen fast verkneifen muss: Dass die GRABNEBELFÜRSTEN in diesem ersten Song des Albums, übrigens ein sehr qualitätsvoller Highspeed-Black-Metal-Track wie das meiste auf der Platte, ihre eigenen Texte thematisieren, spricht deutlich für sie, wenn man sich allerdings die restlichen fünf Tracks durchgelesen hat, möchte man sich dann allerdings doch lieber auf die Musik konzentrieren, denn die ist wirklich bemerkenswert.
Wie Maschinengewehrsalven treffen dort nämlich die präzisen Drumeinschläge auf prägnant-dynamische Riffbatterien der Marke SATYRICON oder auch NAGLFAR und sorgen dafür, dass das "Vor Arroganz stinkend:", mit dem am Ende des Booklets die Band vorgestellt wird, nicht völlig zu Unrecht an diesem Platz steht.
Ab dem zweiten Song, 'Schicksalsbrüder', wird dann auch die Darbietung der Vocals ziemlich krank und man glaubt förmlich Mr. Seelenschlachten wie ein Rupelstilzchen um das Hexenfeuer tanzen zu sehen, während die unglaubliche und wirklich herausragende Darbietung des neuen Gitarristen "Der Ernst des Lebens" (mann-o-mann) ständig neue Höhen erklimmt.
Der zum kollektiven Gehirnherausbangen einladende Titeltrack 'Dynastie' unterstreicht dann nochmal ganz deutlich, was die Grabnebelfürsten so besonders macht und was dieses Album zum großen Teil dominiert: Zum einen die fantastische und teilweise fast progressiv-innovative Instrumentenbeherrschung und die auf der anderen Seite vorgehende, bereits erwähnte, abgedrehte Vocalperformance innerhalb einer zwar eng gesteckten Grenze von traditionellem Black Metal, der allerdings niemals wirklich monoton wird.
Die GRABNEBELFÜRSTEN bleiben im Endeffekt auch mit ihrer zweiten Platte auf genau dem richtigen Weg und sind dabei, sich in die Oberliga der deutschen Szene zu spielen. Nach "Dynastie oder wie man Herrschaft definiert" hat man sowieso das Gefühl, dass sie dort längst angekommen wären. Nur textlich sieht’s leider wie gesagt ziemlich düster aus. Aber das ist wohl zum einen Geschmackssache und zum anderen versteht man es zum Glück ohne Booklet sowieso kaum. Dass die Typen wohl kollektiv einen an der Waffel haben, erkennt man auch an der zwischen abgefahren und hochprofessionell-präzise pendelnden Musik allein. Ziemlich gutes Album, das sich selbst vor den norwegischen Konkurrenzprodukten nicht zu verstecken braucht.
"Wo ist noch ein Mensch, den man verehren könnte?" Hier sind gleich fünf davon.
Anspieltipps: Schicksalsbrüder; Dynastie; Der letzte König und sein Architekt
- Redakteur:
- Sebastian Baumer