GRABNEBELFüRSTEN - Schwarz gegen Weiß
Mehr über Grabnebelfürsten
- Genre:
- Black Metal
- Label:
- Black Attakk / Soulfood
- Release:
- 06.06.2005
- Der entgleiste Körper
- Schwarz gegen Weiß
- Apathie
- Der Wanderer Teil 2
- Der Teufel
- Zwillinge
- Grabgewalt (Bonus Digi)
- Koryphäe im Spiegelbild
- Der Traum
- Mein Mondlied
Soeben drehte sich das aktuelle Meisterwerk von NOCTE OBDUCTA in meinem CD-Player, ehe ich zur neuen GRABNEBELFÜRSTEN greife. Ich entsinne mich, vor einigen Jahren schon mal etwas vom Debüt "Von Schemen und Trugbildern" gehört zu haben, und bin gespannt, ob "Schwarz gegen Weiß" in derselben avantgardistischen Liga des Schwarzmetalls mitspielen kann wie NOCTEs zweiter Nektar-Teil. Und in der Tat nährt das Intro des neuen Fürstenwerks auch Hoffnung: Ein sehr atmosphärisches und eingängiges Klavierstück, bei dem vor dem inneren Auge der Frühnebel vor dem Sonnenaufgang abläuft. Dann preschen die Fürsten des Grabnebels mit dem Titeltrack los. Sehr rau und direkt, eine Spur infernalischer und nordischer als NOCTE. Der Sänger "Sturm deiner Winter" klingt tief und heiser, bis zum ersten Refrain. Dann kommt plötzlich eine klare, ziemlich quäkenden Stimme aus den Boxen: Neben dem für Black Metal ebenfalls etwas ungewöhnlichen, eher gegrölten Grundgesang DAS Markenzeichen des Quintetts, mit dem es sich in der Schwarzblei-Szene ein eigenes Gesicht verpassen will. Allerdings ist der zweite Gesang auch absolute Geschmackssache und sorgt bei mir – auch nach wiederholtem Durchlaufen – für ungläubiges Augenbrauen-Hochziehen.
Dafür erschließen sich einem bei mehrmaligem Abspielen umso mehr die verschiedenen musikalischen Facetten. So steht der Albumtitel auch für die Gegensätze zwischen dem Schwerpunkt misanthropischen Geknüppels einerseits und getragenen, avantgardistischen Parts andererseits. Die Gitarristen Hochfinsterwürden und Eisnebel lassen zu Beginn von 'Apathie' sehr melodische Riffs erklingen, während es sich bei 'Der Wanderer Teil 2' um ein kurzes Synthie-Instrumental handelt. "Der Teufel" schließt sich sofort mit Highspeed-Tempo an und eröffnet den zweiten, entfesselteren Teil des Albums. Plötzlich können meine Füße gar nicht anders als das Double-Base nachzuahmen. Dann rauschen Synthie-Effekte am Ohr vorbei, ohne die bestialische Grundstimmung dieses Neunminüters zu schmälern. Eine kurze Pause, ein gekeiftes "Rache!", und weiter geht's im Prügeltakt mit fast schon MARDUK/IMMORTAL-ähnlichen Riffs. Auch 'Zwillinge' wartet gelegentlich mit Keyboardbegleitung und Effekten auf, die mit den nach und nach erschlossenen, guten Riffs eine diabolische Kombination eingehen. 'Grabgewalt' (Bonustrack der limitierten Digi) rast dann richtig mit oldschoolmäßigen Gitarren und einem wahnsinnigem Schlagzeugtempo vorwärts. Dazwischen immer wieder melodische Midtempopassagen und Akustikgitarren, aber leider auch die – für mich nervigen – gequäkten und schrägen Gesangeinlagen. Was den Anspruch der Texte angeht, so lassen die Titel von Songs wie 'Koryphäe im Spielbild' (11 Minuten!), 'Der Traum' (sehr melodisch) oder 'Mein Mondbild' (ein Glockenspiel-Instrumental) schon einiges erahnen.
Im Gegensatz zu NOCTE OBDUCTAs hochanspruchsvollem "Nektar - Teil 2: Seen, Flüsse, Tagebücher", das direkt in die Ohren geht, erschließen sich einem die kompositorischen Fähigkeiten der GRABNEBELFÜRSTEN erst beim zweiten oder dritten genauen Hinhören. Die teils über zehn Minuten langen Songs nehmen von Mal zu Mal mehr Gestalt an, auch wenn der Gesang wirklich nicht jedermanns Sache ist. Aber falls einigen Schwarzheimern die "deutschen EMPEROR" NOCTE trotz Blastspeed zu sehr in die Avantgarde-Richtung gehen, so ist dieses recht "True-Black-Metal"-lastige Album hier genau das Richtige für sie. Zumal dieser Bandvergleich vielleicht auch unfair ist. Schließlich stellt "Schwarz gegen Weiß" erst den dritten Longplayer dar, womit das Potenzial der Band sicher noch nicht erschöpft ist. Ich warte zwar immer noch auf ein neues Werk von DORNENREICH, wobei das Ösi-Trio allerdings nicht so brachiale Knüppelparts bietet wie die Nebelfürsten. Ein Grund, sich die düstere Wartezeit mit dem diabolisch rasenden und zugleich mit einem gewissen verträumten Anspruch versehenen "Schwarz gegen Weiß" zu versüßen. True Norsk Avantgardistik Black Metal, Rrraaahhh!
Anspieltipps: Der Traum, Der Teufel, Zwillinge
- Redakteur:
- Carsten Praeg