GRACE.WILL.FALL - No Rush
Mehr über Grace.Will.Fall
- Genre:
- Hardcore / Crust
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Midsummer Records
- Release:
- 28.03.2014
- Aldrig
- Stängda Dörrar
- Clear And Black
- Lost In The Haze
- DIY
- Good Guys With Guns
- Five To Nine
- Polluted And Diluted
- Square Remains Square
- Städerna Brinner
- Uncrowned
Crust 'n' Core 'n' Punk 'n' Roll
Hardcore aus Schweden ist mittlerweile ein alter Hut? Selten so gelacht. Die fünf Szeneveteranen von GRACE.WILL.FALL (siehe auch unsere Bandvorstellung aus dem Jahre 2010) liefern auch 2014 mit "No Rush" wieder eine bissig-tollwütige Bestie von einer Platte ab, die das exakte Gegenteil beweist: Die Scheibe ist aggressiv, schnell, politisch unkorrekt, schmutzig und hemmungslos, und in Teilen musikalisch sogar richtig spannend ausgefallen. Ich fühle mich beim Durchhören immer wieder an den ursprünglichen, rotzig-punkigen New Metal von SNOT erinnert, ebenso wie an den lärmenden, brutalen Post-Hardcore/Mathcore-Verschnitt "Victus" von FALL CITY FALL. Dazwischen jede Menge Punk- und DIY-Attitüde – sympathisch, authentisch, fernab von fesselnden Konventionen, und unabhängig von den in die Jahre gekommenen, erstarrten Genrestrukturen.
Also ab in den Plattenspieler mit "No Rush", Lautstärkeregler an den Anschlag, und los geht's! Und was der verehrten Hörerschaft dann um die Ohren bläst, ist nicht einfach nur flotter, unwiderstehlicher Lärm, sondern vielseitig, eingängig, brutal, melancholisch, feierlich und köstlich unterhaltsam! Über die gesamte erste Albumhälfte jagt das Knüppel-Quintett einen Hochkaräter nach dem anderen durch seine rauchigen Röhren-Verstärker! Während der Opener 'Aldrig' auf hochemotionale und intelligente Weise Post Metalcore mit Crust vermählt und das folgende 'Stängda Dörrar' auf beinahe klassische Weise Hardcore Punk alter Schule abfeiert (in Sachen Intensität allerdings alles Vergleichbare in den Schatten stellt), werden die Kontraste im Folgenden noch weiter intensiviert, die Einflüsse erweitert, die Spannungsbögen bis zum Bersten angezogen. Geniestreich Nr.3, 'Clear And Black', nimmt sich einen Slow-Motion-Stoner-Refrain und kleidet ihn Springerstiefel, Nietengürtel und Jeanskutte – ein phänomenal genreübergreifendes Meisterstück! 'Lost In The Haze' zieht das Tempo wieder an, wildert chaotisch in sämtlichen Hardcore-Verfremdungen, ehe ein völlig unvermittelter Bruch den getragenen, melodisch-melancholischen Höhepunkt des Songs einleitet. Gänsehaut inmitten von Blut, Schweiß und Tränen! 'DIY', zu dem ein selbstverständlich im DIY-Stil gedrehtes Musikvideo veröffentlicht wurde, mischt wiederum Emo-Gitarren und -Harmonien in die mitreißende Melange aus Punk und Post Hardcore. Im Anschluss bekommt die Waffenlobby mit 'Good Guys With Guns' anderthalb Minuten kurz die Fresse poliert.
Erst im letzten Albumdrittel gehen GRACE.WILL.FALL ein wenig die Ideen aus. Hier gewinnt das Chaos beinahe Überhand über die genialen Einfälle der ersten sechs, sieben Nummern. Am Ende kriegt die Band jedoch wieder die Kurve, feuert mit 'Städerna Brinner' eine sehr effektive Hardcore-Allzweckwaffe inklusive ultracoolem Mitgröhl-Outro ab, und beendet diesen Testosteron getränkten Höllenritt mit der streckenweise sogar todesmetallisch gefärbten Killer-HC-Hymne 'Uncrowned'.
"Große Überraschungen oder weltbewegende Experimente sind auf "No Rush" eher nicht zu finden", heißt es im Promozettel. Ach ja? Nur keine falsche Bescheidenheit! Ich sage: An "No Rush" kommt niemand vorbei, der auch nur in entferntestem Maße etwas mit intelligenter und heftiger Knüppelmucke anfangen kann. Und auch allen traditionell verhafteten Metallern kann ich nur nahelegen, sich spätestens jetzt, da Album Nr.3 der Schweden erschienen ist, bei GRACE.WILL.FALL vorbeizuhören. Hardcore ist noch längst nicht tot, Ladies and Gentlemen!
Anspieltipps: Aldrig, Ständga Dörrar, Clear And Black, Good Guys With Guns
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Timon Krause