GRATEFUL DEAD - 30 Trips Around The Sun - The Definitive Live Story 1965-1995
Mehr über Grateful Dead
- Genre:
- Rock
- Label:
- Rhino Entertainment / Warner Music
- Release:
- 18.09.2015
- Caution (Do Not Stop On Tracks) [Studio]
- Cream Puff War
- Viola Lee Blues
- Dark Star
- Doin' That Rag
- Dancing In The Street
- Ain't It Crazy (The Rub)
- Tomorrow Is Forever
- Here Comes Sunshine
- Uncle John's Band
- Franklin's Tower
- Scarlet Begonias
- Estimated Prophet
- Samson And Delilah
- Lost Sailor / Saint Of Circumstance
- Deep Elem Blues
- Shakedown Street
- Bird Song
- My Brother Esau
- Feel Like A Stranger
- Let It Grow
- Comes A Time
- Morning Dew
- Not Fade Away
- Blow Away
- Ramble On Rose
- High Time
- Althea
- Broken Arrow
- So Many Roads
- Visions Of Johanna
Auf dem Trip mit GRATEFUL DEAD.
"Aber vielleicht wird in diesem Jahr des Doppeljubiläums ja noch eine "Best Of GRATEFUL DEAD Live" nachgeschoben." Mit diesem Satz beendete ich meine Rezension der Kompilation "The Best Of The GRATEFUL DEAD", mit der vor ein paar Monaten an das Studiowerk der vor 50 Jahren gegründeten und vor 20 Jahren aufgelösten Band erinnert wurde. Und offenkundig war ich nicht allein mit der Meinung, dass auch ein Rückblick auf die Liveauftritte von GRATEFUL DEAD, dem Inbegriff der Jam- und Konzertband, fällig sei. Nun ist mit "30 Trips Around The Sun - The Definitive Live Story 1965-1995" eine Box mit vier CDs erschienen, die Liveaufnahmen der Gruppe in zeitlicher Reihenfolge der Aufführung enthält.
Zunächst stutzt man, dass diese Livebox mit der bislang unveröffentlichten Studioaufnahme 'Caution' anfängt. Die hätte sich gut auf einem Raritätensammler gemacht; hier hätte man besser einen weiteren Livemitschnitt draufgepackt. Aber dann beginnt das Vergnügen: Die GRATEFUL DEAD-Musiker in ihrem Element auf der Bühne. Die Band zelebriert ihre Musik. Beginnt ein neuer Track noch mit den bekannten Strophen und Refrains, driftet die Truppe unvermittelt in Jams und Improvisationen ab. Die Band spielt sich die Bälle zu, ein fremdes Thema taucht auf, Soli von Gitarre, Orgel oder anderen Instrumenten sind zu hören, dazwischen erhebt sich ein Chorgesang, und plötzlich wird wieder der Refrain gespielt, als wäre nichts geschehen. So überschreitet ein Dutzend der hier versammelten Aufnahmen die Zehn-Minuten-Marke.
Die Klasse der Band auf der Bühne ist außer beim Kernstück 'Dark Star' auch bei 'Uncle John's Band', 'Samson And Delilah', 'Shakedown Street' oder 'Let It Grow' zu hören. Da bei Konzerten von GRATEFUL DEAD immer wieder Stücke anderer Künstler gecovert wurden, sind davon auch einige auf "30 Trips Around The Sun" vertreten. Es ist bemerkenswert, wie die Gruppe verschiedensten Liedern ihren eigenen Stempel aufdrückt. Sogar aus dem piefigen, schlagerhaften Oldie 'Dancing In The Street' macht sie ein hörenswertes Rockmonster. Im Gegensatz zu Jerry Garcias Solomaterial ('Bird Song', 'Comes A Time') sind Bob Weirs Platten, aus denen sich die Band für ihre Konzerte gelegentlich bediente ('Greatest Story Ever Told', 'Playing In The Band'), hier leider nicht berücksichtigt.
Die Entwicklung von GRATEFUL DEAD als Liveband lässt sich durch die chronologische Ordnung der Tracklist verfolgen. Die Gruppe spielte phasenweise mit ein oder zwei Keyboardern sowie mit ein oder zwei Schlagzeugern und musste bei Besetzungswechseln ihre Musik umarrangieren. Mit Donna Godchaux ist in den 70ern eine weitere, weibliche Stimme vertreten, und im Laufe der Jahrzehnte ändern sich auch Stimmung und Atmosphäre. Das Beiheft zur Box liefert interessante Informationen zu jeder enthaltenen Aufnahme.
Leider ist die Freude nicht ungeteilt. Zunächst fällt auf, dass einige zentrale Klassiker wie 'St. Stephen', 'China Cat Sunflower', 'Sugar Magnolia' oder 'Touch Of Grey' fehlen. Und bei einer Band wie GRATEFUL DEAD, deren Fans noch nach Jahrzehnten von den Konzerterlebnissen schwärmen, hätte sich nicht der von anderen Bands bekannte Lapsus wiederholen dürfen, dass das Publikum kaum zu hören ist. Neben verschiedenen anderen, fast studiohaft wirkenden Stellen fällt das besonders übel bei 'Viola Lee Blues' auf. Nachdem die Band über eine Viertelstunde lang gerockt und gejamt hat, blendet der Track mit einem dürren Applaus aus, als hätte sie im örtlichen Pfarrheim vor 30 Leuten gespielt. Hinzu kommt der etwas ungünstige Aufbau der Box: Die CDs eins und drei klemmen unpraktisch hinter zwei bzw. vier, und das Beiheft liegt in einer offenen Tasche, aus der es gerne herausrutscht.
Aufgrund dieser Schwächen ist "30 Trips Around The Sun" zwar ein guter, aber kein optimaler Ausgangspunkt für Interessierte, die sich in der schier unübersichtlichen Flut mehr oder weniger offizieller Konzertmitschnitte von GRATEFUL DEAD einen ersten Überblick über diese legendäre Liveband verschaffen wollen.
- Redakteur:
- Stefan Kayser