GRUENEWALD - II
Mehr über Gruenewald
- Genre:
- Avantgarde / Progressive / Black Metalgarde
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Zeitgeister
- Release:
- 21.12.2009
- Geist
- Zwei Namen
- Funeral Winds
- Tails
Einmal mehr gibt es von den Zeitgeistern innovative, eigenständige Kunst, die sich schwer in Worte fassen lässt.
Aus dem Hause Zeitgeister kommt mit dem Zweitling des deutschen Projekts GRUENEWALD ein weiteres sehr hintergründiges, massives und eindringliches Werk, das sich nur schwer kategorisieren lässt. Auch die Genrebegriffe, welche über dieser Rezension prangen sind vage. Was ist progressiv und avantgardistisch an GRUENEWALD? Nun, im Prinzip alles, weil sich diese Schöpfung aus der Feder Christian Kolfs persistent weigert, sich in Schubladen pressen zu lassen, oder die Fans eines bestimmten Genres zu bedienen. Was wir hören ist erdige Musik, mantrische Musik, die von verzaubernden akustischen Gitarren ebenso lebt, wie von wuchtigem, perkussivem Schlagwerk und beschwörendem, tiefem und beseeltem Sprechgesang. Für die Gitarren und den Großteil des Gesangs zeichnet Christian Kolf selbst verantwortlich, den manche von euch bestimmt von seiner Arbeit mit anderen Bands und Projekten aus dem Bonner Umfeld mit ISLAND, VALBORG und WOBURN HOUSE kennen.
In diesen Kontext fügt sich GRUENEWALD zwar in Sachen Stimmung und Zielgruppe ein Stück weit ein, werden die Fans der genannten Werke doch das Mystische, das Entrückte und das Meditative schätzen, das "II" aufbietet, zu schätzen wissen. Dennoch hat diese weitere musikalische Ausdrucksform des Protagonisten eine ganz eigene Aura, die sich nicht mit dem schroffen, zermalmenden und drückenden VALBORGs oder mit dem Sludge-lastigen von WOBURN HOUSE gleichsetzen lässt. GRUENEWALD umweht ein Hauch von Naturmystik, ohne damit die Bereiche des Pagan Metal auch nur zu streifen. Eher ist es ein warmes Gefühl schamanistischen Zaubers, das erwacht, wenn die Töne von 'Geist' oder 'Zwei Namen' erklingen. Freunde von TENHI oder WARDRUNA könnten sich angesprochen fühlen, auch wenn GRUENEWALD diese sehr ähnliche Stimmung mit ganz anderen Mitteln erreicht.
Eine gewisse Ausnahmestellung nimmt auf "II" das dritte Stück - 'Funeral Winds' - ein, dem Jan Buckard (ebenfalls bekannt von VALBORG und ISLAND) seine erzählende Stimme leiht, die sich sehr merklich von der Christian Kolfs unterscheidet. Außerdem gibt es hier ein schönes Gitarrensolo von Oliver Weiskopf zu bewundern, das aus dem sehr spacigen und Synthesizer-lastigen Stücke merklich heraus sticht, ohne deplatziert zu wirken. Im letzten Stück wird ein Text von Joe Henderson vertont, der hier mehr gesungen denn gesprochen ist und somit erneut einen schönen Kontrastpunkt setzt und ein instrumental dominiertes Werk intensiv beendet.
Wie alle Werke aus diesem künstlerischen Umfeld, ist also auch GRUENEWALDs "II" kein Werk, das sich leicht vermarkten lässt. Es bietet Musik, die sich entweder den Zugang zur Seele des Hörers bahnt, oder ihn aber völlig kalt lässt. Mich spricht GRUENEWALDs Schaffen an, weil es auf einer unterschwelligen Ebene Geborgenheit und Wärme ausstrahlt, und trotz der Dunkelheit und Melancholie eine Heimstatt bietet, wie der moosbewachsene Mulch des Waldbodens, auf dem man sich niederlässt um bedeutungsvollen Rezitationen zu lauschen, deren Interpretation viel Zeit in Anspruch nehmen kann, die man sich jedoch gerne nimmt. "II" ist spannende und organische Musik, die man sich nicht mit dem Geist erschließt, sondern mit der Seele.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle