GRUESOME GALORE - Gracious Living
Mehr über Gruesome Galore
- Genre:
- Indie Rock
- Label:
- Alone Records / The Stone Circle
- Release:
- 16.02.2004
- In The Music
- Charming
- It's A Crime
- Black Star Sapphire
- Gibson Girl
- In The Music II
- Father Sun
- All Alone
- Overdosed
- Mystified
- In The Music III
- Charming (live bonus track)
- All Alone (live bonus track)
- Mystified (live bonus track)
SUEDE war mein erster Gedanke, als zum ersten Mal die ersten Takte von 'In The Music' aus meiner Box ertönten: Diese traurige Gemessenheit der Gitarren, diese klaren und einfach schönen Akkorde, die Leichtigkeit der Musik. Als dann der Gesang einsetzte, verflüchtigte sich dieser Gedanke jedoch genauso schnell, wie er gekommen war; Adam Mackintosh hat eine andere Stimme. Auch sie klingt zwar hell und nach Britpop, doch ist sie nicht durch und durch in samtenes Pathos getränkt. Aber wer braucht hier noch Vergleiche? »Everything you'll need to know is written in the music«.
So unverbindlich "Gracious Living" auch beginnen mag, das Album zieht einen immer tiefer in sich hinein. Die Produktion hat den ungeschliffenen Charme eines Debüts, doch das Songwriting ist »accomplished«: QUEEN, SUEDE, ... - is glamour still alive? Falls ja, so hat er sich gut getarnt; ist rockiger geworden und getragener, reifer auch, aber noch lange nicht gesetzt. Wer THE VINES nur mag, wird GRUESOME GALORE lieben: James Beaton hat dezente Orgelklänge unter Joe Sanders' moderat weiche obschon volltönende Drums gezaubert, Addison Elliots Bass hat diese gewisse Behäbigkeit, die von einlullender Wärme in hinabziehende Schwermut umschlagen kann, und Mackintoshs Gitarre deckt zu all dem ein unglaublich breites Spektrum von Pop über Rock bis hin zu drahtigem Hardrock mühelos und fließend ab.
GRUESOME GALORE sind damit wie geschaffen, um melancholische Songs voller Schönheit und Abwechslung und gelebter Sehnsucht zu kreieren; Songs, die sowohl radiotauglich (besonders für Samstagnachmittage) als auch richtig gehend progressiv ausfallen können - und gar nicht selten beides zugleich. Art Rock und Gospel vereint, wie Macintosh es in Interviews ausgedrückt hat.
"Gracious Living", das ist Musik, die sowohl den Zauber des Moments als auch zeitlose Größe in sich trägt. Seelenerhebende Melodien, herrliche Crescendi, herzzerreißende Soli, fluffige Rhythmik, und dieses innere Glühen - was braucht Mensch mehr zum Glücklichsein? Es gibt ihn also noch, den guten alten Indierock!
'Charming' webt einen reichen Klangteppich aus seiner fließenden Melodie, geschickt eingesetzten Hintergrundchören, einer dichten Kombination von elektrischen und akustischen Gitarren sowie dynamischem Drumming.
'It's a crime' ist ebenfalls von Hintergrundgesängen durchzogen, getragener doch kraftvoller, stärker basserfüllt und melodisch noch ausgefeilter. Gitarren und menschliche Stimme scheinen gegeneinander anzusingen und wie sturmbewegte Wellen zu wogen, bis die E-Gitarre dann in ein finales Solo strudelt, bevor das Stück ebenso harmonisch verebbt, wie es begonnen hat.
'Black Star Sapphire' rückt den Gesang und das Schlagzeug etwas stärker in den Vordergrund, während die Elektroorgel eine nächtliche Stimmung an den tiefblauen Himmel malt; 'Gibson Girl' verbreitet romantisch balladesken Gitarrenflair; 'In The Music II' könnte als besinnliche Hymne kaum tröstender ausfallen, sinkt dann jedoch jäh in das gefühlsmäßig stark bewegte, von schwellenden Bässen umflutete 'Father Sun' hinab, einem leicht psychedelisch angehauchten Gebräu aus zähem E-Gitarren-Rock und ätherischen Blueseinflüssen.
'All Alone' lässt heimelige Akkorde funkeln und wartet mit ganz und gar zauberhaftem Gesang auf; diesen Song würde ich gerne mal auf einer dunklen Kleinkunstclubbühne als Akustikversion zu hören bekommen. Auf CD oder Vinyl kann er durch das ausgefeilte Arrangement mit dem dezenten Hintergrundgesang und den pastellen sich im ganzen Raum verströmenden E-Gitarrenlinien freilich nur gewinnen.
'Overdosed' setzt das akustische Sternenstaubfunkeln mit Klavierbegleitung und theatralisch zärtelndem Rockgesang voller Beschwörung und glamouröser Nostalgie fort. In diesen Gitarrentönen kann man förmlich baden. Schon mal mit den Engeln der Hingabe im Mondlicht getanzt?
'Mystified' ist in der Liveversion einfach nur göttlich; kein Wunder, beschwört Mackintosh doch auch in Interviews seine Freude an der Magie des Moments auf Konzerten.
Betrachtet man das Coverartwork von "Gracious Living", so scheint es einzig und allein fürs Vinyl gemacht mit seiner verspäteten Achtzigerjahregrafik: Stilvoll und schlicht, aber mit Liebe zum Detail. Genauso wie die Musik: Der BEATLES würdige Melodien, Arrangements so frisch und rauh wie die des TEENAGE FANCLUB und eine Präsentation so beseelt wie von JEFF BUCKLEY oder den DOORS. Man könnte glatt meinen, die pöbelnden Rüpel von OASIS hätte es nie gegeben und der moderne Britrock würde gerade erst erfunden (- dabei stammt die Band doch Portland, Oregon!).
'In The Music III' zieht schließlich das Fazit des Albums, fasst seine Essenz in einer vollendeten Verbindung von Worten und Musik zusammen:
»So if you're out there child / and I know you are / pull out the vinyl / and lay the needle down / I know you are hungry / in this bleak and empty world / but hey! / It's written in the music.«
The future is now in the past, so go and get it.
Anspieltipps: All Alone, In The Music I - III, Mystified (live).
- Redakteur:
- Eike Schmitz