GRUNDHASS - Wenig los
Mehr über Grundhass
- Genre:
- Deutsch-Punkrock
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Dackelton
- Release:
- 19.03.2021
- Diggi gib Kohle
- Dorfpunks
- Zusammen kaputt
- Königin vom Kotti
- Radiohead im AJZ
- Schützenfest der Ahnungslosen
- Für Dich
- Neu geboren
- Jauchegrube
- Andersrum
- Flixbus
Eine Mogelpackung voller Lebensfreude.
Die Sonne strahlt und somit optimale Voraussetzungen für das Debütalbum von GRUNDHASS. Doch statt nihilistischen Black Metal oder in Extreme ausufernden Politrock gibt es hier verdammt eingängigen Deutschpunk mit starker Singer/Songwriter-Schlagseite und purer Lebensfreude. Klar sind hier Bands wie DIE ÄRZTE allgegenwärtig aber "Wenig los" darauf zu reduzieren, würde dem Langspieler nicht gerecht werden. Hier werden deutlich mehr Einflüsse verarbeitet und zu einem richtig guten ersten Lebenszeichen vermengt.
Doch all die Spielfreude und das gute Songwriting würden ins Leere laufen, wenn GRUNDHASS es nicht schaffen würde, sich textlich von Legionen anderer Punkbands abzugrenzen und Refrains mit Wiedererkennungswert zu schreiben. Und auch hier ist fast alles im grünen Bereich. Bereich der Opener 'Diggi gib Kohle' kriegt, bevor er in 08/15-Punk abdriftet, die Kurve und haut uns einen richtig starken Refrain über soziale Missstände vor den Latz. Aber es gibt noch deutlich stärkere Songs. 'Dorfpunks' dürfte vielen Hörern einen Flashback in die Jugend geben und ist über die gesamten 2:50 Minuten ein klasse komponierter Punksong. Da passt alles. Noch ne Spur besser ist dann tatsächlich 'Königin vom Kotti'. Der Wahlberliner schafft es hier, trotz seiner Wurzeln im ländlichen Bereich, das Lebensgefühl einer Heranwachsenden in der Hauptstadt musikalisch kongenial zu vertonen. Ich bekomme auf jedenfall direkt Bock mit der Protagonistin und ihrer Clique einen Zug durch die Gemeinde zu machen. Hitalarm!
Wie gut "Wenig los" auch textlich funktioniert zeigen besonders 'Radiohead im AJZ' und 'Schützenfest der Ahnungslosen'. Während Ersteres eine herrliche Utopie-Spinnerei ist, die einfach Laune macht, zeigt insbesondere der Blick auf das Volksfest eine sehr erwachsene und engagierte Seite des Künstlers. Ebenso kommen hier dann auch erstmalig die Singer/Songwriter-Einflüsse deutlich stärker zum Tragen, welche dann im letzten Song 'Flixbus' ihren Höhepunkt finden.
Ist nun alles so herrlich bunt und toll, wie das von typisch deutscher Feldmarklandschaft inspirierte Cover-Artwork? Leider noch nicht. Die restlichen Songs unterschreiten zwar nie ein bestimmtes Niveau, bringen aber euch keine wirklich neuen Impulse mehr hinzu. Hier etwas deutsche GREEN DAY ('Andersrum'), dort etwas SPORTFREUNDE STILLER und immer auch etwas Popmusik im Arm. Hinzu kommt mit 'Jauchegrube' (tolles Wortspiel) ein Song, wo ich der Meinung bin, dass lyrisch etwas über das Ziel hinausgeschossen wurde. Sicherlich gehört konkrete Antipathie zum A&O von Punkrock, aber GRUNDHASS beweist im restlichen Albumverlauf ja deutlich, dass der Wortschatz da ist, um das eleganter zu verpacken.
Nichtsdestotrotz lässt sich feststellen, dass vielleicht in der dörflichen Provinz manchmal wenig los ist, auf diesem Debütalbum aber sicherlich nicht. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass viele mit diesem Album mehr Spaß haben werden als 2020 mit "Hell". Warum GRUNDHASS aber mit seinem Namen erstmal die Erwartungen in eine komplett andere Richtung lenkt, bleibt vorerst sein Geheimnis,
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Stefan Rosenthal