HAIL OF BULLETS - III - The Rommel Chronicles
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/2013
Mehr über Hail Of Bullets
- Genre:
- Death Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Metal Blade
- Release:
- 25.10.2013
- Swoop Of The Falcon
- Pour Le Mérite
- DG-7
- To The Last Breath Of Man And Beast
- DAK
- The Desert Fox
- Tobruk
- Farewell To Africa
- The Final Front
- Death Of A Field Marshal
Death Metal wie er 2013 klingen muss!
Wie nennt man das Gefühl, wenn man andauernd unruhig und nervös ist, an nichts anderes mehr denken kann und mit Kribbeln im Bauch hastig durch die Wohnung tigert. Achja, verliebt sein! Ich bin kein verkitschter Säusler und glaube auch nicht an Liebe auf den ersten Blick, aber "III - The Rommel Chronicles" hat mich dort getroffen, wo es richtig weh tut.
Bereits der erste Eindruck bescherte mir kreuz und quer zu Berge stehende Nackenhärchen. Den Niederländern von HAIL OF BULLETS ist mit ihrem dritten Longplayer das gelungen, wovon viele Bands träumen: Ein Album auf den Markt zu werfen, das den Hörer von der ersten Sekunde an fesselt. Ich musste sogar nachts aufstehen, nur um die Platte nochmals zu hören - stellenweise acht oder neun Mal an einem Tag. Das Outro von 'DG-7' ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Mal ehrlich, ein solches Verlangen nach Musik verspürte ich das letzte Mal in meiner von Idealismus und Exzessen geprägten Heavy-Metal-Jugend. "III - The Rommel Chronicles" ist Death-Metal-Romantik pur oder mit dem Wortschatz eines Metalheads ausgedrückt: Die Scheibe bläst alles weg, was dieses Jahr veröffentlich wurde, und stößt halbherzige Reunions ins Wachkoma. Jedes Zahnrädchen, jede kleinste Feder im Motor dieses Panzers ist geölt, geschmiert und läuft rund. Da passt einfach alles. Die Produktion, die Arrangements, das Zusammenspiel, die Stimmlage.
Ich kenne keine Scheibe der jüngeren Death-Metal-Geschichte, bei der alles so rund harmoniert. Ein solches Release nötigt förmlich dazu, einen etwas ausführlicheren Blick auf die Bandgeschichte zu werfen. Schließlich ist der Output der Höhepunkt einer Blitzkarriere. Seit 2006/2007 bereisen die Kriegsberichterstatter aus den Niederlanden um Frontschwein Martin van Drunen und Meisterstrategen Ed Warby die europäischen Schlachtfelder, um den Schattenseiten des Krieges lyrischen und musikalischen Ausdruck zu verleihen. Krieg ist laut, er stinkt und ist dreckig!
Auch ein Pazifist wie ich muss zugeben, dass "...Of Frost And War" (2008) und "On Divine Winds" (2010) schon fast makellose Scheiben sind. Der 2008er Silberling ist kalt und roh, was das Songwriting und die Produktion betrifft. Deswegen hat man bei "On Divine Winds" einen Gegenkurs eingeschlagen. Ein bisschen mehr Melodie und eine wärmere Produktion führten zu wahren Lobeshymnen einschlägiger Musikzeitschriften. Nach Angaben von Martin van Drunen versuchte man, die positiven Seiten beider Platten nun auf "III - The Rommel Chronicles" zu kombinieren. Ed Warby, der erneut für die Produktion verantwortlich war, und Dan Swanö, der die Langrille mischte und gemastert hat, haben wieder einmal das richtige Gespür für die Regler gehabt, denn die Scheibe hat einen total anbindenden Sound. Old School Death Metal wie er 2013 sein muss. Sicherlich klingt sie nach einer Hochglanzproduktion, aber sie hat trotzdem das typisch räudige Esprit des Genres. Warby & Swanö haben sich seit Bandgründung einfach als Dreamteam der Produktion herauskristallisiert und Martin spricht von Dan sogar als sechstem Bandmitglied, wenn er von Aufnahmesessions und der Arbeit im Studio spricht.
Obwohl die Scheibe richtig packend ist, ist es dagegen äußerst schwer, das Besondere von HAIL OF BULLETS in Worte zu fassen. Technisch Anspruchsvoll ist diese Art von Death Metal sicher nicht. Es ist einfach die Grundstimmung des Albums, die es nicht auf vielen Platten gibt. Authentisch und ehrlich ist die Musik. Schlicht, eingängig und doch brutal. Es ist genau das Mittelmaß an Groove, Doom und Death Metal, wodurch HAIL OF BULLETS aus der zähen Masse des Death-Metal-Einheitsbrei hervorsticht. Stücke wie 'The Desert Fox', bei dem die Geschwindigkeit deutlich gedrosselt wird, Ed Warby aber trotzdem mit dem Tempo seiner Bassdrumanschläge spielt, oder 'DAK' demonstrieren das eindrucksvoll. Bei dem zuletzt genannten Song kann man beim ersten Riff das Knacken von Ästen, über die rollende Ketten einen gerüsteten Panzer durchs Unterholz schieben, direkt hören, bevor Ed Warbys Einsätze Paul Baayens Midtempogeschrubbe betonen und der Song zum Neckbreaker wird. Aber nicht nur Groove ist das Markenzeichen der Band. Es ist vielmehr die Ausgewogenheit zwischen Härte, Melodie, Geschwindikeit und Breaks. 'Pour La Mérite' zum Beispiel, den es bereits vor der Veröffentlichung zu hören gab und der sogar schon im Liveset von HAIL OF BULLETS gelandet ist, überzeugt durch Stephan Gebédis atmosphärische Gitarrenparts und einem mörderischen Break, das in eine fast hymnisch-melodiöse Passage mündet. Der genialste Song der Scheibe ist und bleibat aber dennoch 'DG-7', wo Martin van Drunen vor allem beim Outro zeigt, was er kann. Ich kenne keine andere Death-Metal-Band, bei der die Stimme so viel zum Erfolg eines Albums beiträgt.
Alles in Allem ist "III - The Rommel Chronicles" ein wahres Meisterstück, das auch nach unzähligen Durchläufen seinen Reiz nicht verliert. Für die volle Punktzahl reicht es zwar nicht ganz, aber die Jungs aus den Niederlanden haben sich neuneinhalb Punkte vollkommen verdient.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Michael Sommer