HAKEN - Fauna
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2023
Mehr über Haken
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- InsideOut (Sony)
- Release:
- 03.03.2023
- Taurus
- Nightingale
- The Alphabet Of Me
- Sempiternal Beings
- Beneath The White Rainbow
- Island In The Clouds
- Lovebite
- Elephants Never Forget
- Eyes Of Ebony
Ein tierisches Vergnügen.
Es geht tierisch zu im HAKEN-Lager, denn die Briten lassen "Fauna" auf uns los. Die besetzungstreuen Progger haben sich vor zehn Jahren mit "The Mountain" endgültig in mein Herz gespielt und seitdem Schlag auf Schlag nachgelegt, ihren Progressive Metal tatsächlich progressive zu halten und nicht nur großen Namen hinterherzulaufen, wie man es jungen Bands natürlich gerne erst einmal andichtet. "Fauna" markiert zudem seit längerem wieder ein Album, welches über eine Stunde Spieldauer zu bieten hat, auf neu Songs verteilt gibt es rein technisch schon überwiegend kurzweilige Kost für dieses Genre. Eine Parallele zum erwähnten "The Mountain", das ebenfalls neun Songs aufweist und bis auf die Minute genau so lange dauert. Achja, und wie damals zeichnet auch hier wieder Jens Bogren für den Mix verantwortlich.
Jetzt aber genug Nostalgie-Schnitzeljagd, denn schließlich gibt es viel zu berichten über eines der am heissesten erwarteten Alben des Jahres 2023. Wer das Glück hat, die Platte zuerst am Stück zu hören und sich noch nicht mit den Vorab-Singles den Appetit gestillt hat, trifft auf einen deftigen und typischen HAKEN-Opener. Die Jungs kenne ihre Stärken, die die konsequent ausspielen. Dynamische Unterschiede, das geschickte Einbinden elektronischer Sounds, massive Breakdowns und mehrstimmiger Gesang. Auch 'Nightingale' ist beileibe nicht so lieblich wie das namensgebende Tier, sondern ein wahrer Brecher von einem Song. Die stimmige Produktion und der perfekte Mix tragen natürlich ihren Teil zum Hörerlebnis bei, das ich im Prog Metal gerne öfter so hören würde.
Doch HAKEN wäre nicht HAKEN, wenn das neue Album ganz ohne Überraschung daherkommen würde. 'The Alphabet Of Me' ist die erste Nummer, die das Klangspektrum von "Fauna" einen Schritt weiter treibt. So viel Elektronisches hatte man bislang nicht gehört, auch der Gesang von Ross unterstreicht die Freude am Experimentieren. Und trotzdem ist das nicht der ungewöhnlichste Song, das ist zweifelsohne 'Elephants Never Forget'. Zwar wird hier buchstäblich der durch die Manege marschierende Elefant auf die Bühne geholt, sein abenteuerliches Tonbiotop verdankt der Song aber dem Wirken des Musicalkomponisten Stephen Sondheim. Er diente hier mit Werken wie "Sweeney Todd" als Inspirationsquelle und ich möchte wetten, dass auch ein DEVIN TOWNSEND hin und wieder ähnliche Musik hört, um anschließend so theatralisch-dramatische Songs zu schreiben.
Freunde eher rhythmisch-vertrackter Klänge, die man auch in kontemporärem Jazz so zu hören bekommt, werden indes an 'Sempiternal Beings' oder 'Island In The Clouds' ihre Freude haben. Ray Hearnes reduzierte Beats sind meist dezent, zusammen mit Conner Green spielt er aber dermaßen in der "pocket", dass die Songs einfach grooven wie Sau. Natürlich beherrschen die fünf Instrumentalisten auch das MESHUGGAH-artige Gebretter, setzen das aber sehr gezielt ein. Mein persönliches Highlight in dieser Richtung ist 'Lovebite', das einerseits so knackig-poppig klingt wie aus der Feder der DIRTY LOOPS um Wunder-Bassist Henrik Lindner, dabei aber postrockend mit Djent-Vokabular herumspielt. Eine Wonne also für alle Musikfans ohne Scheuklappen.
Insgesamt hätte mir die Band kaum eine größere Freude machen können als mit "Fauna". Fand ich die letzten zwei Alben zwar sehr gut, fehlte doch der berühmte letzte Funke, um mich wirklich in Begeisterung zu versetzen. Bei "Virus" (2020) hatte ich zwar gerade das Ausspielen der Trademarks als vermeintlichen Hinderungsgrund für diese fehlende Begeisterung ausgemacht, doch "Fauna" zeigt, wie auch kleine Details im Songwriting den Wind schnell drehen lassen. An "Fauna" muss in dieser Sparte erst einmal eine Band vorbeikommen!
Anspieltipps: Taurus, Elephants Never Forget
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Nils Macher