HAMMERS OF MISFORTUNE - The Locust Years
Mehr über Hammers Of Misfortune
- Genre:
- US Metal
- Label:
- Cruz Del Sur/Alive
- Release:
- 29.09.2006
- The Locust Years
- We Are Widows
- Trot Out The Dead
- Famine's Lamp
- Chastity Rides
- War Anthem
- Election Day
- Widow's Wall
Oh, Mein Gott, welch' göttliche Klänge! Ich bin hin und weg. Völlig verzaubert ob der anmutigen Klasse des Drittlings meiner Helden von HAMMERS OF MISFORTUNE, schwebe ich mal headbangend, mal Luftorgel spielend durch meine unwürdigen Hallen und amüsiere meine Frau mit verzückten Verrenkungen.
Da haben sich die Jungs um GWAR-Klampfer John Cobbett aber auch ein grandioses Stück Musik aus den Lenden geschnitzelt. Mit leicht veränderter Besetzung - neben SLOUGH FEG-Sänger Mike Scalzi, hören wir heuer Drummer Chewy, sowie die beiden Weiblcihkeiten Jamie Myers (voc.,bs.) und Sigrid Sheie (piano, Hammond) - wurde hier ein faszinierendes Progressiv-Häppchen gebacken, dass in diesem Jahr wohl nur schwerlich von seinem Thron in diesem Sektor gestoßen werden wird. Und wenn ich von progressiv spreche, meine ich jetzt keine Frickel-Frackel-Herzkasperl-Mucke, sondern innovative Kompositionen, die in sich schlüssig und harmonisch klingen und deren Progressivität eher durch die klugen Arrangements und den Gesamtsound zum Ausdruck kommt.
Klingt verwirrend? Ist es gar nicht. Wer die ersten beiden HAMMERS OF MISFORTUNE Alben - "The Bastard" und "The August Engine"- kennt, weiß, zu welchen Schandtaten die Band im Stande ist. Während man auf dem Debüt mit einer konzeptionellen Mixtur aus kauzigem US-Metal und Death Metal zu überzeugen verstand, bestach der Zweitling eher durch seine herrlichen Zitate in der NWoBHM. Was damals schon angedroht wurde - nämlich die Hinzunahme einer festen Tastenspielerin - findet auf "The Locust Years" seine extravagante Umsetzung.
So bekommt der aufgeschlossene Musikkonsument im Jahre 2006 ein überraschendes Gemisch aus Krautrock, Power Metal und kauzig-epischem US Metal geboten, der obendrein noch durch den Einsatz zweier völlig unterschiedlicher Stimmen die Farbenpracht eines Regenbogens erhält.
Logisch, einiges klingt nach SLOUGH FEG. Aber das ist eher ein fetter Pluspunkt, denn ein Manko. Wer auf diese Kapelle steht, macht bei HAMMERS OF MISFORTUNE schon einmal gar und überhaupt nichts falsch. Die Parallelen enden aber eigentlich auch schon bei Mikes' Stimme, denn die Mucke schreibt John im Alleingang. Und diese hat es in sich: Bereits beim siebenminütigen Opener wird klar, dass diese Truppe deutlich schrägere Wege beschreitet als es SLOUGH FEG bisher getan haben. Was harmlos instrumental marschierend anfängt, wird nach einigen Minuten(!) zuerst zum verspielten Sphärenrocker, bevor man zum zweistimmigen Gesang ansetzt und ein paar Gänse häutende Melodien mit treibenden Gitarrenläufen unterlegt. Gerade die Kombination der Stimmen von Mike und Jamie hat einen unbeschreiblichen Reiz. Im Gegensatz zu vielen ihrer weiblichen Kolleginnen jodelt Jamie nicht in sopranistischen Höhen, sondern überzeugt mit einer kraftvollen Röhre, die fantastisch zum nasalen Sprech-Sing-Sang von Mr. Scalzi passt.
Da nun die Kompositionen auch musikalisch extrem abwechslungsreich daher kommen, ergibt sich daraus natürlich eine mehr als facettenreiche Aneinanderreihung von Musikstücken. Während ein 'War Anthem' genau so klingt, wie es der Titel erahnen lässt, balsamiert eine gefühlvolle Akustiknummer wie 'We Are The Windows' die Ohren mit einschmeichelnder Atmosphäre. Herrlich!
Und damit kein Hörer nach diesem ruhigen Track auf den Gedanken kommt, dass HAMMERS OF MISFORTUNE nun auswhimpen würden, legen sie mit 'Trot Out The Dead' die wohl beste Metal-Hymne des laufenden Jahres nach. Ruhig eingeleitet, galoppieren hier rattenscharfe Klampfen durch die Boxen, die von einer dieser grandiosen Gesangslinien in den Gehörgängen verankert werden. Hammer!
Die zweite Hälfte des Albums spaced ein wenig stärker ab. Immer orgelt es unter dem kraftvollen Gitarrenteppich, andauernd wechseln Adrenalinschübe mit Chill-Out-Phasen ab. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle, die im ellenlangen Abschlussepos 'Widow's Wall' ihren Höhepunkt findet. Hier kombiniert die Truppe noch mal alle Trademarks zu einem Killersong mit einem grandiosen Aufbau. Nennt man wohl Spannungsbogen, so etwas.
Ich für meinen Teil mit total begeistert und ahne, dass es die progressiv-kauzige Konkurrenz in diesem Jahr sehr schwer haben wird, dieses Meisterwerk zu toppen. Jetzt müssen die Damen und Herren nur noch auf deutschen Bühnen spielen und meine Welt ist wieder heil.
Anspieltipps: The Locust Years; Trot Out The Dead; Widow's Wall; Famine's Lamp; We Are The Widows
- Redakteur:
- Holger Andrae