HAWKWIND - Electric Tepee
Mehr über Hawkwind
- Genre:
- Psychedelic Rock
- Label:
- Essential
- LSD
- Blue Shift
- Death Of War
- The Secret Agent
- Garden Pests
- Space Dust
- Snake Dance
- Mask Of The Morning
- Rites Of Netherworld
- Don't Understand
- Sadness Runs Deep
- Right To Decide
- Going To Hawaii
- Electric Tepee
Spätestens nach dem 1985er Meisterwerk "The Chronicle Of The Black Sword" geriet Britanniens Space-Rock-Flaggschiff ein kleines bisschen ins Trudeln, und auch schon davor gab es ein paar Achtziger-Scheibchen, die selbst viele glühende Fans der Band bestenfalls als durchwachsen bewerten würden. Was HAWKWIND aber in all den Jahren und durch all die Höhen und Tiefen stets ausgezeichnet hat, ist die Tatsache, dass Dave Brock & Co. immer für einen richtigen Kracher gut waren, der selbst den Vergleich mit den legendären 70er-Werken der Band nicht zu scheuen braucht. Gerade zu Anfang der Neunziger überraschte die Truppe mit respektablen Langrillen wie "Space Bandits" und vor allem "The Xenon Codex", und in diese Reihe fügt sich auch der 92er-Spacetrip "Electric Tepee" gut ein.
Der Albumtitel passt dabei wie die Faust aufs Auge. Denn elektronisch ist der Spaß durchaus. Sehr elektronisch sogar, ohne dabei das Element "Rock" zu kurz kommen zu lassen. HAWKWIND sind die Meister der Synths, und das macht schon der gnadenlos gute Opener 'LSD' unmissverständlich klar. Schon der erste Ton drückt dich in den Sessel wie der Anfang zu RUSHs 'Tom Sawyer', und mit Einsetzen der Gitarren bricht eine Dynamik los, wie sie in den Zeiten an der Tagesordnung war, als noch ein gewisser Herr Kilmister zum Line-up gehörte. Dazu pfeifen dich die Moogs in ein Paralleluniversum. Gnadenlos gut. Neben solchen eindrucksvollen Space-Rockern haben die Herrschaften aber auch einiges an rein elektronischem Material im Gepäck, wie zum Beispiel das extrem atmosphärische 'Blue Shift', bei dem sich wabernde Synths, intergalaktische Effekte und bizarre Klangcollagen zu einem Stück verdichten, das jederzeit auf den Soundtrack zu einem avantgardistischen SciFi-Film passen würde. Das verstärkt sich noch durch die hörspielartigen Elemente von 'Death Of War', bei dem Dave Brock mit verhallter Stimme durch sphärische Klänge hindurch bedeutungsvoll eine Geschichte erzählt, ehe das Schlagzeug einen militärischen Marschrhythmus aufnimmt und im Hintergrund die Klänge von Kriegshandwerk zu vernehmen sind. Das mag manchem Hardrocker zu schräg und zu technoid sein, aber man muss den Freaks lassen, dass sie das Metier beherrschen wie kaum eine zweite Band. Die Rockfraktion darf bei 'The Secret Agent' aufatmen, denn hier braten die Gitarren wieder, hier gibt es wieder Songstrukturen und einen punkig-rockigen Drive. Es folgen schräge Sax-Hupen, wirre Bass 'n' Synth 'n' Drum-Experimente, und viele andere abgedrehte Sachen, bevor sich HAWKWIND mit 'Mask Of The Morning' wieder einem "richtigen" Song widmen, der ziemlich heavy aus den Boxen kracht, und beweist, dass die Band nichts von ihrer Klasse verloren hat. Dasselbe gelingt ihnen dann auch wieder mit dem sehr leidenschaftlichen 'Sadness Runs Deep' nachdem zwischendurch fast ein wenig zu viel instrumentale Trips an der Reihe waren. Auch 'Right To Decide' spricht den Rocker in uns an und präsentiert die Briten punkiger als je zuvor, aber dennoch spacig und sogar irgendwie poppig - im positiven Sinne. Zum Abschluss gibt’s mit 'Going To Hawaii' und dem Titelstück noch einen ellenlangen Tribal-meets-Elektro-Experimentalblock.
Manch einer wird sich daran stören, dass "Electric Tepee" extrem viele rein elektronische Spielereien und abgedrehte Experimente enthält, doch das sind eben HAWKWIND. Die wollen sich halt zwischendurch mal richtig ins Nirwana jammen, ganz egal ob mit den traditionellen Rock-Instrumenten oder eben mit Synths, Sequenzern und Effekten. Wenn das Album es dann auf eine Spielzeit von 74 Minuten bringt und trotzdem noch eine Hand voll starker Space-Rocker an Bord hat, dann sei ihnen das auch gegönnt. Das verkabelte Indianerzelt ist für mich ein sehr starkes Album, das sicher gewisse Längen hat, für die man in der richtigen Stimmung sein muss, aber dafür auch einige echte Hammersongs, die ich nicht missen möchte, und die - wären sie in den Siebzigern aufgenommen worden - heute echte HAWKWIND-Klassiker sein könnten.
Anspieltipps: LSD, Mask Of The Morning, Blue Shift, Sadness Runs Deep, Right To Decide
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle