HELHEIM - WoduridaR
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/2021
Mehr über Helheim
- Genre:
- Black Metal / Viking Metal / Progressive
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Dark Essence Records
- Release:
- 29.10.2021
- Vilje Av Stål
- Forrang For Fiende
- Woduridar
- Åndsfilosofen
- Ni S Soli Sot
- Litil Vis Made
- Tankesmed
- Det Kommer I Bølger
- Hazzard
Hier und da etwas härter, aber insgesamt ähnlich vollendet stimmig und mitreißend wie das Vorgängerwerk "Rignir".<br />
Ginge es nur nach dem Verfasser dieser Zeilen, dann wäre HELHEIM bei uns im Hause Seriensoundchecksieger, so dass es mich nicht wundern würde, wenn die Skeptiker in unserem Kollegium und in der Leserschaft demnächst förmlich beantragen würden, dass mal jemand anderes die Einzelrezensionen zu den neuen Werken aus Haljos Reich übernimmt. Bis dahin wollen wir aber auf jeden Fall weiter unser Unwesen treiben, und uns "WoduridaR" widmen, dem elften Studioalbum der Bergener, das seinen Namen von einer Erzählung über die Erbangelegenheiten des Häuptings WoduridaR auf dem Runenstein von Tune hat.
Schon bei der ersten Einfuhr von "WoduridaR" fällt massiv auf, dass HELHEIM die Schlagzahl merklich erhöht hat. Gab es zum Vorgängerwerk hier und da leise Kritik aus der schwarzmetallischen Ecke zu hören, die jenes Album hier und da als etwas zu ruhig und zu sehr auf den Klargesang setzend einordnete, so lässt sich dieser durchaus fragwürdige Vorwurf dem neuen Werk jedenfalls nicht entgegen halten. Das zügellose Keifen und Geifern der Herren V'Gandr und H'Grimnir bekommt wieder ein gutes Stück mehr Raum, und auch die Produktion ist wieder einiges schärfer und höhenlastiger als zuvor.
Doch auch die Freunde der progressiven Entwicklungen der vergangenen Jahre mögen bitte nicht in Heulen und Zähneklappern verfallen, denn HELHEIM dreht das Rad der Zeit auch nicht mit Gewalt zurück. Die Band geht ihren ureigenen Weg mit demselben stählernen Willen, den sie im Opener 'Vilje Av Stål' besingt, und so gibt es auch auf "WoduridaR" wieder Unmengen von packenden Melodien und gefühlvollen Momenten mit cleanem, mehrstimmigem Gesang und akustischen Gitarrenmelodien, wie etwa bei dem Chören im Titelstück oder im Intro zum 'Åndsfilosofen'. Gerade das letztgenannte Stück mit seinen geisterhaften Dissonanzen und den windspielartigen Sphärenklängen, sowie den massigen Lurensynths, sorgt ein weiteres Mal dafür, dass es sich ganz und gar verbietet, HELHEIM kreative Stagnation oder Rückwärtsgewandtheit vorzuwerfen, denn hier werden Register gezogen, die auch im ohnehin stilistisch schon sehr vielseitigen Bandkontext, noch für eine hochgezogene Augenbraue sorgen.
Bei 'Ni S Soli Sot' wird dieser kreative Ansatz dann wieder sehr gekonnt mit traditionelleren Elementen schwarzmetallischer Kunst verwoben, wie etwa mit flirrenden Nordlandriffs und galligem Keifen, doch ist auch dieses Stück natürlich mitnichten Stangenware aus dem Norsecore-Fundus. Gerade hier wird instrumental gezaubert, was das Zeug hält, so etwa bei den Basslicks (inklusiver kleiner DeMaio-Verneigung am Ende), bei den Gitarrensoli, bei den überbordenden Arrangements, beim Zusammenspiel aus basischer, industrial-lastiger Perkussion und infernalischer Raserei des regulären Drumkits; und auch gesanglich gibt es das volle HELHEIM-Programm mit zumindest drei unterschiedlichen gesanglichen Ansätzen, an denen sich auch Drummer Hrymr beteiligt.
Doch auch epischere, chorlastigere Klänge finden sich etwa beim teilweise sehr melodischen und erneut von feinen Bassspielereien verzierten 'Litil Vis Made', oder natürlich beim ausladenden Zwölfminuten-Epos 'Det Kommer I Bølger', welches das im Titel angesprochene Wogenthema musikalisch sehr spannend und strukturell extrem vielseitig einfängt. Hier reicht das Oeuvre von ruhiger, melancholischer Nordland-Schwelgerei mit ansatzweise postrockigem Touch der Marke SÓLSTAFIR, über den einen oder anderen epischen WARDRUNA-Ansatz, bis hin zur ungezügelten Raserei, gekrönt durch eine der besten dreistimmigen Gesangsdarbietungen und die ausgeprägteste Laut-Leise-Dynamik der Bandgeschichte.
Daher bleibt es dabei: Wer HELHEIM seit Jahren die Treue hält, der wird sicherlich auch mit "WoduridaR" glücklich werden. Wer die Band erst mit "Rignir" für sich entdeckt hat, wird vielleicht einen Tick mehr Ingrimm und Härte verputzen müssen, doch das sind unter dem Strich nur Nuancen und keine Umbrüche. Eher ein sanftes Justieren der Stellschrauben. Faszinierend bleibt an HELHEIM nach wie vor das perfekte Ineinandergreifen von Progressivität und Härte, von Melodie und Brachialität, und die mitreißende Dynamik mit welcher die Band es versteht, heidnische Themen auf ernsthafte Weise zu bearbeiten, ohne auch nur einen halben Schritt weit auf das sumpfige Gelände des Pagan-Kitschs zu geraten.
Völlig klischeefrei und überraschend ist auch der Bonustrack, denn dabei handelt es sich um eine total lässige und für meinen Geschmack sehr gelungene Version des Richard-Marx-Hits 'Hazard', die allerdings außerhalb des Albumkontextes zu genießen ist.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle