HENDRIX, JIMI - First Rays Of The New Rising Sun
Mehr über Hendrix, Jimi
- Genre:
- Rock/Funk
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- MCA Records/ BMG
- Release:
- 22.04.1997
- Freedom
- Izabella
- Night Bird Flying
- Angel
- Room Full Of Mirrors
- Dolly Dagger
- Ezy Ryder
- Beginnings
- Stepping Stone
- My Friend
- Straight Ahead
- Hey Baby (New Rising Sun)
- Earth Blues
- Astro Man
- In From The Storm
- Belly Button Window
Das vierte Studioalbum von JIMI HENDRIX - erstmals zusammengestellt in einer würdigen Form und in toller Aufmachung. Pflichtkauf für Hendrix-Fans!
Es gibt zweifelsohne nur sehr wenige Musiker, die innerhalb eines Zeitraums von lediglich vier Jahren Musik erschaffen haben, welche die Musikwelt grundlegend veränderte und dazu prädestiniert ist, noch viele Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte zu überdauern. James Marshall Hendrix, besser bekannt als Jimi Hendrix, war ein solcher Künstler. Mit "Are You Experienced" veröffentlichte der Gitarrenmagier im Jahr 1966 eine Scheibe, welche seinerzeit die Rockmusik, wie wir sie heute kennen, grundlegend umkrempelte. Die Alben "Axis Bold As Love" (1967) und "Electric Ladyland" (1968) festigten den Ausnahmestatus von THE JIMI HENDRIX EXPERIENCE weiter, ehe Hendrix die Band Mitte 1969 auflöste und unter dem Banner BAND OF GYPSYS eine neue, aber kurzlebige Formation ins Leben rief, die ein selbstbetiteltes Livealbum herausbrachte. Die Band wurde wiederum aufgelöst und Hendrix formierte THE JIMI HENDRIX EXPERIENCE im Februar 1970 neu mit Ur-Schlagzeug Mitch Mitchell am Schlagzeug und dem BAND OF GYPSYS-Mitglied Billy Cox am Bass. Er jammte mit unzähligen Musikern und er hatte auch viele Songs und Songideen in der Hinterhand, die er seit der Veröffentlichung von "Electric Ladyland" und dem Niedergang der "alten" JH EXPERIENCE aufgenommen beziehungsweise entwickelt hatte. Aufgrund der großen Auswahl an Stücken wollte Jimi Hendrix ein Doppelalbum veröffentlichen. Mit dem vierten Studioalbum wollte sich der Ausnahmegitarrist neu erfinden. Seine Vision für dieses Album trug den Titel "The First Rays Of The New Rising Sun", wie Aufzeichnungen des Meisters dokumentieren.
Die Veröffentlichung dieses Album erlebte Hendrix leider nicht. Er verstarb am 18.09.1970 im Alter von nur 27 Jahren - wahrscheinlich an den Folgen exzessiven Alkoholkonsums und einer Überdosis an Schlafmitteln. Einige der Stücke, die auf "The First Rays Of The New Rising Sun" hätten erscheinen sollen, waren fertig aufgenommen, während sich andere in unterschiedlich weit fortgeschrittenen Arbeitsstadien befanden. Nach dem Tod von Jimi Hendrix erschienen einige diese Lieder auf drei verschiedenen postum veröffentlichten Alben in völlig zerstückelter Art und Weise. Grund hierfür waren rechtliche Probleme. Die Rechte an den Aufnahmen lagen nicht bei den Nachfahren von Hendrix, sondern bei verschiedenen Plattenfirmen, die jeweils den Nachlass des Künstlers kommerziell so gewinnbringend wie möglich ausschlachten wollten. Das Ergebnis waren inzwischen schon lange vergriffene Alben wie "The Cry Of Love" (1971) oder "War Heroes" (1972) und Veröffentlichungen mit "überarbeiteten" Demos von Hendrix, an denen diverse Studiomusiker herumpfuschten. Die Ergebnisse dieser Schandtaten hören auf den Namen "Crash Landing" und "Midnight Lightning" (beide 1975 veröffentlicht). Auf diesen Alben wurde in unwürdiger, völlig beschämender Art und Weise mit Werken eines der größten Künstler des zwanzigsten Jahrhunderts umgegangen. Wem diese CDs jemals unter die Nase kommen, dem darf ich empfehlen, diesen Mist keinesfalls zu kaufen!
Mitte der Neunziger Jahre erlangten die Angehörigen von Hendrix, unter anderem sein Vater Al Hendrix sowie seine Stiefschwester Janie Hendrix-Wright, die Rechte an den letzten Aufnahmen von Jimi. Zusammen mit Eddie Kramer, dem Tontechniker von Jimi Hendrix, wurden diese Aufnahmen von Janie Hendrix-Wright zusammengestellt und von Kramer remastered. Es wurde keinerlei Remix angewandt und keine der Tonspuren verändert. Das Ergebnis ist für Hendrix-Fans ein absoluter Leckerbissen. "First Rays Of The New Rising Sun" besticht durch eine Vielzahl von Kompositionen, die durch den Funk gefärbt sind. Die Stücke sind überwiegend sehr ausgereift, was die Ausarbeitung derselben anbetrifft. Freilich: Da Hendrix stets recht lange an seinen Kompositionen feilte, kann man schlecht abschätzen, ob er nicht das eine oder andere Detail vor der Veröffentlichung noch verändert hätte. Auf den vorliegenden Aufnahmen besticht Jimi Hendrix mit einer facettenreicheren Gitarrenarbeit denn je zuvor. Auffallend bei den Kompositionen ist besonders die Schlagzeug- und Percussionarbeit, auf die im Vergleich zu den ersten drei Studioalben wesentlich mehr Wert gelegt wurde. Neben Drummer Mitch Mitchell sorgte Percussionist Juma Sultan auf diesen Aufnahmen für einen beeindruckenden Rhythmus-Teppich.
'Dolly Dagger' ist eine unglaublich coole Komposition, die dank der Conga-Percussion und kompositorischen Lässigkeit einen unvergleichlichen Groove enfaltet. 'Stepping Stone' groovt gleichmaßen massiv, bietet dabei wendige Gitarrenmelodien und tolle Gitarrensoli. Mit den Titeln 'Drifting' und 'Angel' enthält dieses Album zwei hervorragende Soul-Balladen, die das berühmte 'The Wind Cries Mary' locker hinter sich lassen. 'Drifting' ist zurückhaltend, aber wundervoll instrumentiert und lädt regelrecht zum Träumen ein. Jimi Hendrix besticht hier durch eine mitreißende und gefühlvolle gesangliche Darbietung, wie man sie selten sonst von ihm zu hören bekommt - schlicht und ergreifend fantastisch. 'Angel' geht eher in Richtung 'The Wind Cries Mary' denn das träumerische 'Drifting' und überzeugt dabei ohne Abstriche.
Schwerere Gitarrengrooves finden sich natürlich auch auf dieser Scheibe. 'In From The Storm' wird langsam, aber auch treibend von einem wuchtigen Grundriff vorangetrieben, ehe im Mittelteil das Spieltempo erhöht wird und Hendrix an seiner Klampfe in unvergleichlicher Art und Weise herumwirbelt. 'Ezy Rider' rifft, groovt und versprüht massig Energie. Die Gitarrenspuren klingen vielschichtig und eloquent wie selten zuvor. Die Percussion-Arbeit von Juma Sultan an den Congas bereichert den Sound von Jimi Hendrix um weitere Facetten. 'Freedom' bietet eine ausgewogene Mischung aus kraftvollen Hendrix-Gitarrensalven und den Funk-Einflüssen, die er in den Sound seines vierten Studioalbums eingewoben hat. Als ausgefallenste Komposition ist 'Room Full Of Mirrors' zu nennen. Psychedelische, sehr abgefahrene Gitarreneffekte (die mit fast nichts auf den vorangegangenen Hendrix-Scheiben zu vergleichen sind) treffen auf flinke Conga-Grooves und sorgen für ein außerordentliches Stück Musik, wie es nur selten geschaffen wurde und geschaffen wird. Es ist schlicht und ergreifend unglaublich, wie innovativ und abgefahren dieses Stück klingt. Gerade, wenn man bedenkt, dass diese Aufnahme 38 Jahre (!) auf dem Buckel hat. Jedes der auf "First Rays..." vertretenen Stücke, die ich hier aus Gründen des Umfangs dieser Kritik nicht angeschnitten habe, bietet sehr viele Feinheiten, die für ein langes Hörvergnügen sorgen.
Die Aufnahmequalität der Lieder von "First Rays Of The New Rising Sun" ist durch die Bank gut bis sehr gut. Sehr vorbildlich an diesem Release ist auch das umfangreiche Booklet, das zu jedem einzelnen Stück umfangreiche Informationen über dessen Entstehung, Eckdaten der Aufnahme der Tonspuren (mit genauen Datumsangaben!) etc. liefert. Zahlreiche Hendrix-Fotos und Scans seiner handgeschriebenen Texte runden das Bild ab. Unter dem Strich ist "First Rays Of The New Rising Sun" ein unverzichtbares Juwel für jeden Hendrix-Fan mit ausgezeichneten Komposition, die deutlich zeigen, dass Jimi Hendrix trotz starker Drogenprobleme den Zenit seines Schaffens im Jahre 1970 noch nicht überschritten hatte. Ein rundum wertiger Release, den ich gerne und guten Gewissens den Hendrix-Fans weiterempfehlen darf. Rest in peace, Jimi! Deine Musik wird für immer weiterleben!
Anspieltipps: Freedom, Easy Rider, Room Full Of Mirrors, Dolly Dagger, Drifting, Hey Baby (New Rising Sun)
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Martin Loga