HUIS - Abandoned
Mehr über Huis
- Genre:
- Progressive Rock / AOR
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Unico
- Release:
- 10.05.2019
- Abandoned
- The Giant Awakens
- Caducee
- Stolen
- Solitude
- Chasing Morning Glory
- Haunting Days
- We Are Not Alone
- Oude Kerk III
Progressive Melancholie mit Schmackes!<br />
Die Band HUIS stammt trotz des offensichtlich niederländischen Namens aus Kanada und hat mit "Abandoned" ihren dritten Longplayer in die Waagschale geworfen, der uns einen starken Neo-Prog bietet und ein tiefsinniges, melanscholisches Thema zugrunde liegen hat. Denn "Abandoned" beschäftigt sich mit Verlust und Trennung, was bei einer progressiven, symphonischen Band im schlechten Fall zu einer einschläfernden Erfahrung und im günstigsten Fall zu einem mitreißenden Werk werden kann. Glücklicherweise sind die Kanadier großartige Musiker und Komponisten und umschiffen die meisten Hürden mit Bravour.
HUIS legt der Musik neben dem progressiven Charakter noch zwei weitere Aspekte zu Grunde: Bombast und AOR. Dass diese beiden Genres sich nicht ausschließen, beweisen zahlreiche AOR-Bands, die gerne mal dick auftragen, und diese "viel hilft viel"-Methode ist im Prog ja auch nicht unbekannt, so dass "Abandoned" durchaus auch mal als fette Wand funktioniert, aber dabei so abwechslungsreich zu Werke geht, dass es sich lohnt genauer hinzuhören.
Der AOR-Einfluss ist bereits im eröffnenden Titellied zu hören, das eigentlich alle starken Aspekte der Band vereint. Der ruhige, melancholische Beginn ist eine progressive Großtat, die dann in einen eingängigen, nur leicht vertrackten Melodic-Rock-Teil mündet mit besagten Stadionrock-Einflüssen, die im folgenden 'The Giant Awakens' dominieren und eine Art leicht progressive FOREIGNER meets ASIA darstellen. Sehr unerwartet und trotz leichter Prog-Anleihen einfach mal einer der größten AOR-Songs, die mir dieses Jahr untergekommen sind.
Danach lässt die Band mit den beiden Longtracks 'Caducee' und 'Stolen' ihrem stilistischen Prog-Drang freien Lauf. Diese 23 Minuten sind der Teil für die echten Neo-Progger, solange sie eine tüchtige Portion Bombast vertragen. Trotz des Albumthemas schaffen es die Ahorn-Rocker, die Lieder nicht zu ausufernden Trauerklößen werden zu lassen, sondern glänzen durch zahlreiche geniale Melancho-Riffs und -Läufe voller Abwechslung, die komplett funktionieren und ohne Brüche fesseln, sogar in den Instrumentalpassagen. Die zweite Hälfte des Albums ist etwas weniger aufregend und hat mit dem an AYREON erinnernden Instrumental 'Solitude' und dem dann doch etwas zu lang geratenen und mit Effekten überladenen 'Chasing Morning Glory' mit seinen ELOY-Gedächtnis-Synths einen Song, der die Spannungskurve nicht aufrecht erhalten kann und erst in den letzten drei Minuten, nach einem Break, dass das letzte Drittel des Liedes nahezu abtrennt, nochmal einen Höhepunkt bietet. Das Instrumental 'Haunting Days' ist wieder klasse und hat etwas von komplexen SAGA, die Ballade 'We Are Not Alone' funktioniert toll, ist eventuell etwas zu lang geraten.
Der Rausschmeißer 'Oude Kerk III', der an zwei Stücke der beiden Vorgängeralben anknüpft, sticht aus dem Konzept etwas heraus, da er weniger bombastisch ist, eher rockig, und auch die Melancholie von "Abandoned" weitgehend verdrängt und durch eine gewisse Aggressivität ersetzt.
"Abandoned" ist ein großartiges Prog-Album geworden mit vielen Stärken und wenigen Schwächen, das den Prog mit großen Chören und Stadionatmosphäre anreichert. Sehr empfehlenswert!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Frank Jaeger