HUIS - In The Face Of The Unknown
Mehr über Huis
- Genre:
- AOR / Melodic Rock / Prog Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Unicorn Digital
- Release:
- 25.10.2024
- Chaos
- Paralyzed
- Westminster Bridge
- Requiem for the Last One
- Crossroads
- The Miracle
- Burning and Drowning
- Failing
Himmlische Hochzeit aus epischem Prog und melodischem AOR.
Musik hören ist ein ständiges Suchen und Entdecken und manchmal gibt es Überraschungen, die nachhallen. Im Jahr 2023 dankte ich dem Algorithmus von Apple Music (ja, ja, böses Streaming - verdammt!), als er mir "Redemption" von MYSTERY in die Playlist und schließlich auf Platz 2 der Jahrescharts (hier geht's zum Perlen-Artikel) schob. Ähnlich erging es mir mit HUIS. Man kann sich vorstellen, wie angenehm überrascht ich war, als ich herausfand, warum beide Bands bei mir so gut ankamen: Der kanadische Multiinstrumentalist Michel St-Père ist in beiden Bands für die Gitarre zuständig.
Dennoch bieten die Bands sehr unterschiedliche Musik, wobei sich HUIS in meinen Ohren bislang durch dunkleren Neo-Prog ausgezeichnet hatte. Mit "In The Face Of The Unknown" veröffentlicht die Band nun ihr viertes Studioalbum. Michael Joncas, Bassist und Gründungsmitglied der Band, lässt sich mit den Worten zitieren, dass man mit diesem Album der Essenz der Band treu bleiben, aber auch Neues wagen wolle. Was ist damit gemeint?
Im Grunde genommen hat HUIS Härte verloren und sich dem AOR geöffnet. Herausgekommen ist eine Mischung aus ARENA, ASIA und FOREIGNER, ab und zu schaut auch DEEP PURPLE vorbei. Klingt komisch, ist aber geil!
Die Band nimmt sich die Zeit, in ihren Kompositionen große Bögen zwischen ruhigeren, melodischeren Parts und orchestral aufgeladenen Vollarrangements zu spannen. Viel hängt dabei vom Wechselspiel am Schlagzeug ab. Mit Martin Plante ist nun ein Musiker an Bord, der die Dynamikwechsel am Schlagzeug großartig unterstützt, oft sogar federführend mit den Lead-Melodie-Instrumenten gestaltet. Dass Plante aber auch rocken kann, beweist er bei der tiefen Verbeugung vor dem 70er-Jahre-Classic-Rock 'Westminster Bridge'.
Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass sich HUIS viel Zeit für seine Songs nimmt. Fast alle Songs haben Überlänge, die teils in großartige Soli, teils in ausufernde Arrangements investiert wird. Letzteres könnte Hörerinnen und Hörer, die ihren Prog eher kompakt mögen (gibt es sowas eigentlich?), vor den Kopf stoßen. Die Gruppe, deren musikalische Badewanne aus Warmwasser-Schaumbad-Wohlfühl-Melodik gar nicht voll genug sein kann, wird es genießen.
Nun könnte man mit dem AOR-Hinweis etwas auf die falsche Fährte gelockt werden. 'Crossroads' ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr die Band das Ausladende des Prog zelebriert. Nach einem gefühlvollen, intensiven Intro, getragen vom kraftvollen Gesang Sylvain Descôteauxs, öffnen sich die Schleusen für einen intensiven Song, der bewusst die Balance zwischen Komplexität und Zugänglichkeit wählt.
Letztere wird aber nicht durch unterkomplexe Passagen erreicht, sondern durch einprägsame Elemente, melodische Momente oder Grooves, die hängen bleiben. Ich habe mich in letzter Zeit immer wieder dabei ertappt, Songfragmente des Albums vor mich hin zu summen. Ohrwurm-Alarm!
Ja, HUIS wandert auf dem selbstgewählten Pfad weiter. Ich kann das gut mitgehen, da mir die gewählten Versatzstücke aus Melodie und AOR sehr gut reinlaufen. Bei wem allerdings bei Bands wie ASIA eher der rote Alarm angeht, wird "In The Face Of The Unknown" nicht genießen können. Ich kehre allerdings seit der Bemusterung regelmäßig zu dem Album zurück und entdecke immer wieder neue Details, kleine Geheimnisse in den Arrangements oder lasse mich von den wunderbaren, himmlischen Gitarren-Soli verzaubern.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Julian Rohrer