HUMAN ABSTRACT, THE - Nocturne
Mehr über Human Abstract, The
- Genre:
- Metal
- Label:
- Hopeless Records
- Release:
- 08.09.2006
- Harbinger
- Self Portraits Of The Instincts
- Nocturne
- Crossing The Rubicon
- Sotte Voce
- Mea Cupla
- Movement From Discord
- Channel Detritus
- Polaris
- Echelons To Molotovs
- Desiderata
- Vela, Together We Await The Storm
Dass progressiver Metal nicht zwangsläufig aus verzwickten Rhythmuswechseln technischer Selbstbeweihräucherung bestehen muss, wollen nun THE HUMAN ABSTRACT beweisen. Die amerikanische Band verfolgt nämlich insgesamt einen weitaus moderneren Ansatz, der zwar viele Elemente des klassischen europäischen Power Metals enthält, dazu aber genauso oft mit Versatzstücken aus dem gängigen Alternative-Rock- und Emo-Bereich bereithält. Einem Chamäleon gleich wechseln diese jungen Hoffnungsträger urplötzlich die Klangrabe ihrer Musik und springen nach einigen fröhlichen Gitarren-Harmonien mit einem überraschenden Satz in einen sehr emotionalen Part, der dann auch zumeist mit einem entzückenden, grundsätzlich eingängigen Refrain abgeschlossen wird.
Varianten gibt es auf dem neuen Album "Nocturne" viele, wobei die Emo-Core-meets-Progressive-Metal-Version, die sich hier fast wie ein roter Faden durch die zwölf Songs des Albums zieht, die gängigste und erfolgreichste ist. Es sind unheimlich abwechslungsreiche und in Sachen Stimmung sehr wechselhafte Konstrukte, bei denen man sich zum Ende hin aber auch immer wieder wundern muss, dass bereits nach dem ersten Durchlauf das Basisgerüst eines jeden Songs haften geblieben ist. Von Anfang an spielt sich die Band in einen Rausch und scheint bei der Ideenfindung ihrer jeweiligen Refrains kaum noch zu bremsen. 'Harbinger' scheint direkt zu Anfang schon ein Ausnahmefall zu sein, und das inhaltlich stark schwankende 'Self Portraits Of The Instincts' hält man bereits für das Maximum, doch immer wieder gelingt es THE HUMAN ABSTRACT sich in dieser Hinsicht noch einmal zu steigern. 'Sotto Voce' ist dabei schließlich der Höhepunkt, der eingerahmt in eine emotionsgeladene Metal-Mischung gemeinsam mit dem ebenfalls recht harten 'Vela, Together We Await The Storm' die deutlichsten Akzente auf "Nocturne" setzt.
Andererseits geht bei der Analyse der Highlights kein einziger Song durchs Sieb. Jedes Stück auf diesem Album hat seine ganz charakteristische Besonderheit, sei es nun der prächtige Chorus bei ’Movement From Discord’, die wunderschönen Melodien in ’Echelons To Molotovs, die zahlreichen Akustik-Gitarren, die über das gesamte Werk verstreut sind, oder doch den unheimlich variablen Gesang von Nathan Ells, der auf “Nocturne“ auch den extremsten stimmlichen Anforderungen problemlos gerecht werden kann.
Ein Album wie dieses findet man definitiv nicht alle Tage. Ich meine: Wer schafft es schon, moderne, trendlastige Sounds und klassischen europäischen Metal ohne erkennbare Differenzen unter einen Hut zu bringen, dass es trotz aller Unterschiede stimmig klingt? "Nocturne" ist in etwa so, als würden DREAM THEATER, DEVIN TOWNSEND, BULLET FOR MY VALENTINE, HASTE und PORCUPINE TREE gemeinsame Sache machen - und ich glaube selbst damit hat man noch nicht alle Fragmente des umfangreichen Repertoires eingefasst. Dass die Sache dabei bis ins letzte Detail stimmig klingt und zudem noch verdammt innovative Wege beschreitet, setzt die Erwartungshaltung für Nachfolgendes bereits jetzt in ungeahnte Höhen. THE HUMAN ABSTRACT haben mit dieser Scheibe ein wahrhaftiges Meisterwerk entworfen und wissen es wahrscheinlich noch nicht einmal. Mit Kalkül wäre eine solch souveräne Leistung jedenfalls nicht möglich gewesen, weshalb ich vor der spontan erscheinenden Performance ebenso meinen Hut ziehen möchte wie vor dem exzellenten Songwriting, das dieser Platte vorausging. Daher auch das klare Fazit: Neben TOOLs neuem Klassiker ist "Nocturne" höchstwahrscheinlich die beste progressive Metal-Scheibe diesen Jahres!
Ansspieltipps: keine, Empfehlung: anschnallen und genießen!
- Redakteur:
- Björn Backes