I PREVAIL - Lifelines
Mehr über I Prevail
- Genre:
- US Alternative Rock
- ∅-Note:
- 4.50
- Label:
- Odyssey Music Network
- Release:
- 21.10.2016
- Scars
- Stuck In Your Head
- Lifelines
- Come And Get It
- Chaos
- Alone
- Outcast
- RISE
- Already Dead
- Pull The Plug
- One More Time
- My Heart I Surrender
- Worst Part Of Me
Harmloser Kommerz-Mainstream-Rock-Klon
Ihr Plattenlabel dürfte sich die Hände reiben. Und es mag ja sein, dass den US-Alternative-Rockern I PREVAIL mit ihrem Debütalbum "Lifelines" in finanzieller Hinsicht eine goldene Zukunft beschert ist - musikalisch ist die risikofreie Herangehensweise der Kalifornier nichtssagend und viel zu offensichtlich an die Stadion-Rock-Größen der vergangenen 20 Jahre angelehnt.
Bekannt wurden die vier Jungs mit dem TAYLOR SWIFT-Cover 'Blank Space'. Das spricht im Prinzip noch nicht gegen I PREVAIL, Kalkül ist der Band allerdings schon zu unterstellen. Die dreizehn Tracks auf "Lifelines" schlagen nun genau in die Kerbe Rockmusik, die in Deutschland (glücklicherweise) nur mäßig populär ist, in den USA allerdings mächtig Airplay einheimst: Eine Mischung aus LINKIN PARK-Nu-Rock (ist das Chester Benningtons kleiner Bruder der hier singt?), etwas STAIND-Alternative und Modern-Metal-Grooves wird in eine nur dezent angeraute Produktion gepackt und mit massig Hooklines sowie eingängigen, allerdings schon viel zu oft gehörten Ohrwurm-Refrains versehen - fertig ist das nächste potentielle Erfolgsprodukt. Diese Vorgehensweise wirkt gelinde gesagt dreist und ähnlich originell wie Mario-Barth-Geschlechterwitze in Dauerschleife. Mit Post Hardcore, wie I PREVAIL vom Label beworben wird, hat diese Truppe eher am Rande zu tun.
Die eröffnende Riffwand des Openers 'Scars' drückt zu Beginn ganz ordentlich, beim Vers wird direkt zurückgeschaltet, clean gesungen, ehe in einer Bridge amtliches Gebrüll den Härtegrad kurzzeitig anzieht, welcher aber beim anschließenden Refrain in poppig-süßlicher Grütze versenkt wird. Jepp, der gutturale Gesang hat Biss, wird aber erwartungsgemäß eher alibimäßig eingesetzt. Melodien, Songstruktur, Produktion - all das hat hohe Chartplatzierungen im Blick und wird anspruchsvolles Publikum mit den ersten Tönen verschrecken. Nach 'Scars' ist die Messe schon gelesen. Überraschungen: Fehlanzeige. Der massentaugliche Stadionrock dominiert, wobei bei solch dreisten LINKIN PARK-Anlehnungen wie bei 'Outcast' oder dem Titeltrack schon fraglich ist, ob "Meteora" und "Hybrid Theory" schon lange genug her sind, bzw. das handzahme Partypublikum jung genug ist, damit keine Plagiatsvorwürfe aufkommen.
Bisweilen ist ohnehin geradezu Fremdschämen angesagt, wenn die Band versucht, die Brücke zwischen massenkompatibler Härte und süßlichem Pop Rock zu schlagen, wie beim grauenhaften Zwischenteil von 'Stuck In Your Head', der versucht, eine Balance zwischen 'Down With The Sickness' und 'Teenage Dirtbag' zu finden. Mir bleibt alles in allem nur 'Come And Get It' einigermaßen spannend in Erinnerung, mit einem halbwegs ansprechenden Crossover zwischen Modern Metal à WOVENWAR und... naja, eben doch wieder LINKIN PARK. Ah, und dann noch die Ballade 'My Heart I Surrender': Irgendwie schmalzig, aber doch ehrlich-einfühlsam und sehr gefühlvoll vorgetragen. Leider war's das aus meiner Sicht auf der Habenseite allerdings auch schon.
Alles in allem umschifft I PREVAIL erfolgreich sämtliche Klippen, die in Form von unzumutbarer Härte oder auch nur etwas spannenderen Songstrukturen den einen oder anderen potentiellen Käufer abschrecken könnten. Es bleibt ein aalglattes Mainstream-Rock-Produkt mit massig Dejà-Vue-Momenten, das außer einer ansprechenden gutturalen (Teil)Gesangsleistung viel zu nett und harmlos bleibt, um jemand anderes hinterm Ofen hervorzulocken als U-16-Partykids oder wohlmeinende Eltern, die hoffen, ihrem Metal hörenden Nachwuchs mit jugendfreiem und wohnzimmertauglichem Kram wie "Lifelines" zu Weihnachten eine Freude zu machen.
- Note:
- 4.50
- Redakteur:
- Timon Krause