IMMUNITY - Dark Side Of The Earth
Mehr über Immunity
- Genre:
- Metalcore / Modern Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Eigenproduktion / Eigenvertrieb
- Release:
- 01.11.2024
- Cold Case
- Panic Room
- We Are All Mad Here
- Unhinged
- Ghosts
- A Tale
- Of War And Peace
- Vultures
- The First Inside
- Addicted To The Pain
Handwerklich toller Metalcore mit einem Überhit und ein paar Durchhängern.
Es sind manchmal die tragischen Ereignisse, die Künstler zu großen Glanztaten und gerade bei Musikern zu ganz besonderen Songs inspirieren, die Hörer und Hörerinnen noch einmal auf einer ganz neuen Ebene berühren. So dürfte es auch IMMUNITY-Fronter Dominik Meiser ergangen sein, verlor er doch während den Arbeiten am Zweitwerk "Dark Side Of The Earth" seine Frau an eine langjährige Krebserkrankung, was sich in den Texten der neuen Platte insofern wiederspiegelt, dass hier diverse psychische Belastungen aufgegriffen und aufgearbeitet werden. Das sehr dunkel gehaltene Coverartwork scheint dabei ebenfalls zu unterstreichen, dass uns das Zweitwerk alles andere als leichte Kost präsentiert.
Doch keine Sorge, zu einem kompletten Trip in die Finsternis verkommt "Dark Side Of The Earth" nicht, denn auch wenn die wuchtigen und tiefergestimmten Gitarren mit mächtigen Core-Riffs weiterhin das Fundament des Bandsounds bilden, wird die Metalcore-Suppe immer mit so viel Popappeal und melancholischen Melodiebögen gewürzt, dass eine ordentliche Portion Eingängigkeit garantiert ist. Der Opener 'Cold Case' ist dabei trotz handwerklich sehr starker Darbietung und eines coolen Refrains dennoch ein eher unscheinbarer Core-Kracher, dem in meinen Ohren irgendwie das musikalische Alleinstellungsmerkmal fehlt. 'Panic Room' macht mit einem tollen Chorus seine Sache schon deutlich besser und serviert einen kleinen Ohrwurm, während das mächtig industriell angehauchte und von STATIC X-Vibes garnierte 'We Are All Mad Here' eine sehr elektronische Kompontente vorstellt, die durchaus gut ins IMMUNITY-Gesamtkonzept passt.
So richtig platzt der musikalische Knoten für mich dennoch erst mit 'Unhinged', mit dem Dominik explizit den Tod seiner Frau und die Auswirkungen auf sein Leben aufarbeitet. Die mächtigen Djent-Riffs und auch die wunderbar melancholischen Gesangsmelodien, denen immer wieder wüste Scream-Ausbrüche entgegengestellt werden, wuchten die Nummer dabei sofort in Hit-Gefilde. Dass die sehr persönlichen Lyrics einem in Kombination mit dem musikalischen Vortrag direkt unter die Haut gehen, macht den Song schlussendlich zu einem absoluten Volltreffer, der mir auch nach mehreren Durchläufen eine Gänsehaut auf den Nacken jagt. Der Übersong gerät der Truppe aus Nürnberg aber auch gleichzeitig zum Stolperstein, denn gegen diesen Glanzpunkt wirken etwas austauschbare Core-Brocken wie 'Vultures' dann gleich noch verzichtbarer, immerhin weiß man, dass es die Band eigentlich noch viel besser kann. Dennoch erreichen eigentlich nur 'Ghosts' und das sperrige 'Addicted To The Pain' ähnliche kompositorische Höhen wie 'Unhinged', während 'The First Inside' als eigenartiges Electro-Experiment gänzlich aus dem musikalischen Rahmen fällt.
Schlecht ist "Dark Side Of The Earth" trotz dieser Kritik aber beileibe nicht, dafür ist allein schon 'Unhinged' einfach zu großartig und rechtfertig fast schon im Alleingang die Anschaffung der Scheibe. Für mich persönlich bleibt die eigene musikalische Identität im direkten Vergleich zur Genre-Konkurrenz abseits davon aber nicht klar genug, was ihr als eingefleischte Fans des Genres aber vielleicht komplett anders sehen werdet. Eine handwerklich toll gemachte Core-Platte mit einigen Höhepunkten bekommt ihr mit dem IMMUNITY-Zweitwerk nämlich auf jeden Fall, auch wenn ich angesichts des teils durchblitzenden Potentials, das eben nicht durchgehend abgerufen wird, dennoch zweieinhalb Zähler abziehen muss. Das Gefühl, dass hier einfach noch mehr drin gewesen wäre, überwiegt nämlich angesichts von 'Unhinged' schlussendlich.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs