IN-QUEST - Epileptic
Mehr über In-Quest
- Genre:
- Death/Thrash Metal
- Label:
- Goodlife Recordings / Soulreaper
- Release:
- 17.02.2004
- Neurofractal Bypass
- The Imminence Of Disposition
- Reverberating Human Callousness
- Deprivation Synapse
- Retrospected Void
- In For The Kill
- Epileptic
- Scorched
- Placid Vortex
Grindcore? Zu stumpf. Oldschool Death? Zu behäbig. Cyber Thrash? Viel zu kompliziert. Kommt jemand mit dieser Einstellung trotzdem noch zu seinem erhebenden Progressive-Death-Grind-Erlebnis? Oh ja, das tut er! Auf mich treffen oben genannte Einstellungen zwar eher weniger zu - im Gegenteil, ich bin ein Fan von allen drei Richtungen - aber trotzdem darf ich mit Fug und Recht behaupten, dass die Belgier von IN-QUEST die erste Band waren und sind, die alle drei Teile auseinander nehmen, ihre Nachteile ausmerzen und auf "Epileptic" zu einer Granate von Album zusammenschrauben.
"Epileptic" erschien zwar bereits 2004 und wurde 2005 durch den noch genialeren Nachfolger "The Comatose Quandary" abgelöst, für mich ist diese Platte aber trotzdem die Quintessenz von dem, was IN-QUEST mit ihrer Musik vermitteln. Gnadenlose Brutalität, gespielt auf höchstem technischen Niveau, verpackt in komplexe Songgebilde, präsentiert im kühl anmutenden Cyber-Gewand. Alleine Songtitel wie 'Reverberating Human Callousness', 'Retrospective Void' und 'Placid Vortex' verraten bereits, dass Fans der Atmosphäre von STRAPPING YOUNG LAD, MESHUGGAH oder auch ABORTED sich hier wie zuhause fühlen werden. Letztgenannte stehen übrigens in unmittelbarem Zusammenhang mit IN-QUEST, stand auf "Epileptic" doch noch ABORTED-Schreihals Svencho hinterm Mikro. Und der liefert hier seinen besten Job ever ab! Ob nun helle Schreie oder todtiefes Gegurgel (oder auch mal beides gleichzeitig) - die Apokalypse hält mit jeder einzelnen Silbe Einzug. Noch beeindruckender als die Stimmarbeit ist die Leistung der Mannen rund ums Mikro. Das Riffing wechselt im Minutentakt von vertraktem E-Saiten-Gehämmer, das jeder Pressmaschine Konkurrenz machen würde, zu hochmelodiösen Soli und Harmonie-Licks, die einladen zu einer Reise in galaktische Sphären und die verstecktesten Ecken des Unterbewusstseins. Dazu kommt ein absolutes Mörderdrumming, das vom straighten Groove über polyrhythmische Breaks bis hin zu Hyperblasts sämtliche Spektren abdeckt. IN-QUEST gelingt es, all diese Feinheiten von Song zu Song neu miteinander zu vermischen, so dass man am Ende ein zwar nur neun Tracks starkes, aber fast 45 Minuten langes Epos in den Händne hält, das vor Abwechslungsreichtum fast platzt.
IN-QUEST haben dabei gegenüber den bereits erwähnten Kollegen jedoch eine Menge Vorteile. Die Songs gehören zwar mit Sicherheit nicht in die Kategorie "leicht zu verstehen", überzeugen aber durch ihre grenzenlose Dynamik und Varianz. Langeweile gibt es hier zu keiner Sekunde, und somit hat man trotz aller Komplexität kein Problem damit, "Epileptic" wiederholt zu hören. Und mit jedem Durchlauf erschließen sich neue Details, die sich nach einer gewissen Zeit zu dem zusammenfügen, was mich an dieser Platte so begeistert. Dazu kommt noch, dass es IQ nicht nötig haben, ihren Sound mit Clean-Passagen massentauglicher zu machen. Die Platte wirkt dermaßen aggressiv und hungrig, dass man die eh nicht gebrauchen könnte. Der absolute Übersong in dieser Ansammlung von Dynamit ist das geniale 'Neurofractal Bypass', das nicht aus Spaß in meinen Top-10-Songs aller Zeiten sehr weit oben steht. Was IN-QUEST alleine aus diesem Fünf-Minuten-Knaller herausholen, schaffen viele Bands auf drei Alben nicht! Kompromissloses Einstiegsgehämmer, groovende Mittelparts, zuckersüße Melodien und ein nicht zu überhörender Zerstörungswille zeichnen den Opener von "Epileptic" aus. 'Reverberating Human Callousness' ist ein wenig klarer zu fassen, jedoch kein Stück weniger brutal. 'Scorched' (das aus der 4-Track-Konzept-EP "Destination: Pyroclasm" entnommen und neu aufgenommen wurde) erzählt in getragenem Tempo die Geschichte der Welt nach der Zerstörung, und mit 'In For The Kill' ist sogar ein waschechtes Hardcore-Cover am Start (im Original von PRO-PAIN), das genial auf den IN-QUEST-Stil umgemünzt wurde und uneingeschränkt überzeugt.
Mich erschreckt wirklich, dass IN-QUEST in deutschen Landen so wenig Aufmerksamkeit bekommen. Verdient hätten sie es allemal, denn was da brodelt, ist für mich zurzeit ziemlich einzigartig - und jedem Metalcore-Trend haushoch überlegen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Clubbesitzer und Festival-Organisatoren dieses Landes endlich verstehen, was für eine Band da in unserer Nachbarschaft heranreift, und endlich dafür sorgen, dass IQ auch hierzulande Einzug halten!
Anspieltipps: Neurofractal Bypass, Scorched
- Redakteur:
- Dennis Hirth