IN FLAMES - The Jester Race
Mehr über In Flames
- Genre:
- Melodic Death Metal
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 09.08.1996
- Moonshield
- The Jester's Dance
- Artifacts Of The Black Rain
- Graveland
- Lord Hypnos
- Dead Eternity
- The Jester Race
- December Flower
- Wayfearer
- Dead God In Me
Es gibt im Wesentlichen zwei Bands, die das, was heute als "Göteborg Death Metal" fast schon eine eigene Stilbeschreibung darstellt, maßgeblich geprägt haben: DARK TRANQUILLITY und IN FLAMES. Da wundert es nicht, dass deren Wege anfänglich recht verschlungen waren und man sich quasi gegenseitig den Sänger geklaut hat. "Lunar Strain" (1993, mit DT-Sänger Mikael Stanne) und "Subterranean" (1994, mit verschiedenen Sängern, wenn ich das magere Booklet richtig zu entschlüsseln vermag) erschienen zwar später nochmals als Doppelpack zum Preis von einer CD, gelten aber eher als musikalischer Findungsprozess der mit Abstand erfolgreichsten Göteborg-Combo und werden - bis auf das 1999 neu eingespielte 'Behind Space' - live sozusagen totgeschwiegen. Das noch ziemlich rumpelige Death-Metal-Grundgerüst wurde ergänzt durch reinrassige Folk-Stücke und sogar weibliche Gast-Vocals, wobei jedes Element an sich nicht wirklich verkehrt, aber keines davon richtig zu Ende gedacht war. Aber schon damals experimentierte man - fast noch schüchtern - mit diesen für das Death-Metal-Genre sehr untypischen melodischen Gitarrenlinien, die später zum viel kopierten Markenzeichen von IN FLAMES werden sollten.
Und dann, wie aus heiterem Himmel, kam "The Jester Race", auf dem (bis auf den Frauengesang) alle bisher ziemlich wahllos nebeneinander gestellten Elemente zu einer homogenen Einheit verschmolzen. Der Folk-Faktor kommt als Intro zum komplett im 3/4-Takt gehaltenen 'Moonshield' zum Einsatz, und dann geht's auch schon recht deathmetallisch zur Sache - allerdings gut durchdacht und mehr auf den Punkt und mit diesem grandiosen Kontrast von Melodie und Härte. Ich kann bis heute keinen einzigen IN FLAMES-Song mitsingen, aber die jeweilige Leadgitarre (nahezu egal, welche) krieg ich nicht mehr aus dem Kopf. Toll, wie die akustische Klampfe ihrer elektrischen Verwandten das Thema gekonnt zuspielt und wieder zurücknimmt! Und trotzdem ist der Song äußerst druckvoll, was nicht zuletzt an dem neuen Sänger Anders Fridén liegt, der seitdem aus der Band nicht mehr wegzudenken ist. Mit 'The Jester's Dance' folgt ein fast schon verträumtes Instrumental, eine Art Fortsetzung des Grundgedankens von 'Moonshield' in Sachen Gitarren-Zusammenspiel. 'Artifacts Of The Black Rain' und 'The Jester Race' sind typische IN FLAMES-Nackenbrecher, wie die Schweden überhaupt für den ersten durch exzessives Headbangen verursachten Muskelkater meines Lebens verantwortlich sind. Das rasante 'Graveland' gilt noch am ehesten als reinrassige Death-Metal-Komposition: Hart, kurz, direkt auf den Punkt und doch mit diesen eher powermetallischen Gitarren-Leads versehen, die IN FLAMES mit als Erste in diese Musikrichtung einbrachten. 'Dead Eternity' hingegen ist eine echte Überraschung, variiert zwischen laut und leise, schnell und langsam, hart und melodisch sowie einer Art Sprechgesang und Anders' typischem Gekeife und bolzt zwischendrin mit ordentlichen Doublebass drauflos. Und in 'December Flower' - obwohl insgesamt etwas unstrukturiert - finden sich mit die besten Gitarrensoli der Scheibe.
Meine persönliche IN-FLAMES-Manie begann erst mit der folgenden Veröffentlichung "Whoracle", und meistens finde ich alles, was vor meiner Einstiegsdroge lag, nicht ganz so gut (und die nachfolgenden Scheiben - bis auf die letzte - eigentlich sogar noch besser), zumal auf "The Jester Race" auch ein paar eher mittelmäßige (da strukturell noch etwas unausgegorene) Songs zu finden sind. Aber im Vergleich zu "Lunar Strain" und "Subterranean" stellt "The Jester Race" einen Schritt mit Sieben-Meilen-Stiefeln dar, ohne den die darauf folgenden Alben nicht möglich gewesen wären. "The Jester Race" gehört daher in die Sammlung eines jeden IN FLAMES-Fans, egal welcher Einstiegsphase. Und wenn man dann noch berücksichtigt, dass die Schweden mittlerweile zu den besten Live-Acts der Szene gehören, erklärt sich ihr großer Erfolg eigentlich von selbst.
Anspieltipps: Moonshield, The Jester's Dance, Artifacts Of The Black Rain, Dead Eternity, The Jester Race
- Redakteur:
- Elke Huber