IN THE WOODS - Diversum
Auch im Soundcheck: Soundcheck 11/2022
Mehr über In The Woods
- Genre:
- Folk Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Soulseller (Soulfood)
- Release:
- 25.11.2022
- The Coward's Way
- Moments
- We Sinful Converge
- The Malevolent God
- A Wonderful Crisis
- Humanity
- Master Of None
- Your Dark
Meisterlich umwobene melancholische Energie.
Norwegen ist seit jeher ein Paradies für pechschwarze, aber auch melancholische Töne harter Couleur. Oft verbunden mit naturmystischen Motiven, sind bis heute Bands wie ULVER oder eben IN THE WOODS Sehnsuchtsziele für Ohren im Herbst. Die Mannschaft von IN THE WOODS geht aber im Prinzip einen konträreren Weg als die Kollegen bei ULVER. Herrschte dort anfangs das Folkige, der "trolsk sortmetall" und später die Avantgarde, sind die experimentellen Zutaten bei IN THE WOODS in der Frühphase deutlich präsenter gewesen als heutzutage. Und dennoch ist "Diversum" eine Reminiszenz, ein wunderbarer Besuch in den norwegischen Wäldern, aus denen die Band dankenswerterweise wieder regelmäßig neue Musik schickt.
Eigentlich ist "Diversum" ein typisches IN THE WOODS-Album geworden, welches aber unter seinen acht Tracks so manch überraschenden Moment verbirgt. Fans werden sogleich mit der ersten Single-Auskopplung 'A Wonderful Crisis' in die Irre geführt. Ein starker Song, der aber insbesondere im Refrain so stark gen Melodic Metal schielt, das in meinem inneren Ohr schon Tobi Sammet am Mikro auf seinen Einsatz wartet. Das geschieht zwar nicht, der Gesang ist aber ein gutes Stichwort. Hier gibt es einen Wechsel im Line-up, der das Album in besonderem Maße beeinflusst. Natürlich war James Fogarty ein passender Sänger, was aber sein Nachfolger Bernt Fjellestad abliefert, ist gigantisch! Dazu widmen wir uns 'Moments', dem zweiten Song der Platte. in den kurzen viereinhalb Minuten herrscht permanenter Gänsepellen-Alarm, wenn der Norweger mit seinem Bariton-Organ zu einer der wunderbaren wehmütigen Melodie-Großtaten ansetzt. Ich denke da zum Beispiel an WOODS OF YPRES, wo eine ganz ähnliche Stimmung omnipräsent war und mit David Gold ein ähnlich begnadeter Sänger mit Peter-Steele-Anleihen seinen Fußabdruck in die Wälder getreten hat.
Das Zusammenspiel von Melodiestimme und Growls findet bei 'We Sinful Converge' seinen Höhepunkt, das für mich ganz starke FALCONER-Vibes zeigt, mit den subtilen Fender-Rhodes-Sounds aber auch Details für weitere Durchläufe parat hält. In der zweiten Hälfte kippt die Stimmung des Songs kurzzeitig, ehe der anbetungswürdige Refrain uns wieder einsammelt. Wow, was für eine Achterbahnfahrt! Wer jetzt vermutet, dass das Experimentiervermögen hiermit ausgereizt wäre, der irrt sich gewaltig. 'Master Of None' beginnt wie ein Bastard aus THE DOORS und "Load"-Ära METALLICA, getoppt von Soul-lastigem Gesang. Bevor man es sich in der ungewöhnlichen Nische aber wirklich bequem macht, holt uns ein Growl in die Wirklichkeit zurück, die mit ihrer Gitarren-Flächenversiegelung aber nur bis zum nächsten Songteil Bestand hat, wo sich das Gefühlsbarometer noch öfter hin- und hergerissen zeigt.
Wenn ein Album nach dem Ausklingen der letzten Töne eine Leere hinterlässt, haben die Musiker viel richtig gemacht. "Diversum" ist ein so wunderbares Album, das man im Affekt gleich wieder beim ersten Song starten möchte. Doch die zarten, eindringlich-melancholischen Töne von 'Your Dark' bewirken etwas noch Stärkeres. Sie gebieten weiteren Reizen Einhalt, möchten die gedankenversunkenen Sinne noch nicht wieder aufwecken. Wie nahe man die eigene Dunkelheit an sich heranlässt, ist Typsache. Wer aber die Wälder wegen ihres verdunkelnden Charakters mag, hat mit "Diversum" einen guten Partner gefunden.
Anspieltipps: We Sinful Converge, Moments
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Nils Macher