INSOMNIUM - Anno 1696
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2023
Mehr über Insomnium
- Genre:
- Melodic Death Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Century Media
- Release:
- 24.02.2023
- 1969
- White Christ
- Godforsaken
- Lilian
- Starless Paths
- The Witch Hunter
- The Unrest
- The Rapids
Wieder deutlich packender als die beiden Vorgänger.
Ich sage es ja nicht gerne, aber mit dem Wandel hin zu größeren Geschichten und eng verwobenen Songs haben mich die finnischen Melancholiker INSOMNIUM seit dem "Winter's Gate"-Langdreher ein wenig verloren. Zuvor gehörte der Vierer mit den Hit-Feuerwerken "One For Sorrow" und "Shadows Of The Dying Sun" zu meinen absoluten Lieblingen im Melodic-Death-Sektor, seit dem musikalischen Umbruch kann ich die Alben zwar noch genießen und "Heart Like A Grave" konnte mich in Teilen sogar begeistern, werde aber lange nicht mehr so von der Musik des Quartetts mitgerissen wie zuvor. Ob sich dieser Umstand mit dem neunten Langdreher "Anno 1696" wieder ändern wird?
Nun, die Vorzeichen stehen erst einmal nicht gut, denn mit einem textlichen Konzept, das die Geschichte rund um die Hexenjagd und Hungersnot in Skandinavien im titelgebenden Jahr beschreibt und von Sänger und Basser Niilo Sevänen erdacht wurde, steht die Platte am bisherigen Ende einer Entwicklung, die seit "Winter's Gate" weg von kompakten Songs hin zu melodischen und teils vertrackteren Epen führte. Dennoch beginnt die Spielzeit mit '1696' vielversprechend. Ein wunderschönes akustisches Intro leitet die Nummer und damit das Album ein, bevor mächtige Gitarrenwände und die typischen, in Melancholie getränkten Melodiebögen im hinteren Teil das Zepter übernehmen. 'White Christ' setzt dagegen im Anschluss eher auf eine wuchtige Todesstahl-Kante und holt mich wenig überraschend auch nicht wirklich ab, da mir hier die spannenden Gitarrenleads fehlen.
Ganz anders sieht das schon bei 'Godforsaken' aus, das trotz über acht Minuten Laufzeit wieder einige feine melodische Widerhaken zu bieten hat und nach ein paar Anläufen einen echten Höhepunkt auf "Anno 1969" markiert. Gleiches gilt für 'Starless Paths' und 'The Witch Hunter', wobei vor allem die letztgenannte Nummer mit wunderschönen Klargesängen und Chören bei mir ganz besonders punkten kann. 'The Unrest' nimmt gegen Ende der Platte dann das akustisch angehauchte Konzept der vorangegangenen EP "Agent Moon" auf und schalt wunderbar folkig aus den Boxen, während 'The Rapids' wie die titelgebenden Stromschnellen gleich einem reißenden Melodiefluss aus den Boxen rauscht und Hörer und Hörerinnen mit seiner gespenstischen Atmosphäre umfängt. Höhepunkt der Scheibe bleibt für mich aber die erste Single-Auskoppelung 'Lilian', die für mich der einzige Track ist, der komplett die Brücke zum von mir geliebten Frühwerk schlägt und den der Vierer mit Sicherheit nicht aus Zufall als erste Hörprobe gewählt hat.
Soweit, so gut. Aber wo stehe ich denn am Ende nun mit dem neuen INSOMNIUM-Langdreher? Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass mir Melodic-Death-Granaten wie 'Down With The Sun' oder 'Weather The Storm' nicht auch auf "Anno 1696" fehlen würden, doch ingesamt holt mich das düstere Konzeptalbum wieder vermehrt ab und hat somit in meinen Ohren die Nase auch knapp vor dem eigentlichen Vorgänger "Heart Like A Grave" (die "Argent Moon"-EP klammern wir hier einmal aus). Solltet ihr also der Entwicklung der Finnen in den letzten Jahren mit deutlich offeneren Ohren gefolgt sein als ich, dann dürft ihr meiner Note sicher noch einen Zähler hinzuaddieren, doch auch ich komme für "Anno 1696" am Ende auf 8,5 Punkte, was eine klare Steigerung zu den direkten Vorgängern darstellt.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs