INTRONAUT - Void
Mehr über Intronaut
- Genre:
- Extreme Metal
- Label:
- Lifeforce Records / Goodfellow / Soulfood
- Release:
- 17.11.2006
- A Monolithic Vulgarity
- Gleamer
- Fault Lines
- Nostalgic Echo
- Teledildonics
- Iceblocks
- Rise To Midden
- Fragments Of Character
Alle Menschen mit seichtem Gemüt und einem eher melodiebezogenen Musikgeschmack sollten jetzt lieber sofort aufhören, weiterzulesen. Die Amerikaner INTRONAUT und die Musik, die sie auf ihrem offiziellen Erstling "Void" fabriziert haben, sind nichts für schwache Nerven. Apokalyptische Klangwelten, emotionale Achterbahnfahrten, musikalische Orgasmen enden in brachialen Depressionen. Von einer Sekunde auf die nächste wechselt die Stimmung, ein Audio-Orkan fegt über den Zuhörer hinweg und hinterlässt eine kalte Landschaft, die jedoch umgehend wieder mit Wärme gefüllt wird. Klingt komisch? Ist aber so.
Die Musik von INTRONAUT zu beschreiben, kann nur misslingen. Hier wird fernab von jeglicher Harmonielehre, gewohnten Songstrukturen und metallischen Grenzen musiziert. Dabei führen die bisherigen Betätigungsfelder der einzelnen Musiker wie EXHUMED, ANUBIS RISING oder UPHILL BATTLE ebenso in die Irre wie die waghalsigen Vergleiche in Form von NEUROSIS, CYNIC, VOI VOD oder MASTODOON. Einige werden mit den acht Songs reinen Krach und Stress assoziieren; werden den Musikern vorwerfen, konzeptlos Parts aneinanderzureihen und von Melodien und Wiedererkennungswert weit entfernt zu sein. Ganz falsch liegen sie damit nicht, müssen aber eingestehen, dass die Musiker handwerklich über jeden Zweifel erhaben sind und allein das Lauschen ihrer Künste schon einen gewissen Reiz besitzt. So erschließt sich die ganze Vielfalt von "Void" dann auch erst über Kopfhörer oder bei voll aufgedrehter Endstufe. Jetzt fällt man nach nur wenigen Minuten in eine Art Trance, die sich gar erst weit später am Abend legen sollte.
Das Prunkstück von INTRONAUT ist die Rhythmussektion: Dabei ragt vor allem Schlagwerker Danny Walker hervor, der nur selten wirklich konstant den Takt vorgibt, sondern eher tentakelartig viele Arme zu besitzen und einzusetzen scheint. Er glänzt mit ständigen Breaks und technischen Spielereien. Eine wahre Lehrstunde dagegen erteilt Bassist Joe Lester, der die Vorliebe für Jazz und Funk in sein Spiel mit einbringt und dadurch der Musik einen enormen Stempel aufdrückt. Hier stehen alle Instrumente (inklusive Gesang) gleichberechtigt nebeneinander und das Zusammenwirken artet nicht selten in Free-Jazz-Sphären mit metallischer Schlagseite aus. Es gibt definitiv viel zu entdecken, zu studieren und zu analysieren.
Die Gitarrenarbeit von Leon Del Muerte und Sacha Dunable fällt gegen die beiden oben genannten etwas ab. Beide bestechen eher durch technische und rhythmische Spielereien als mit starken, hypnotischen Riffs oder fulminanten Leads, die es auf diesem Album überhaupt nicht zu finden gibt. Trotzdem krachen die Gitarren mächtig und verbreiten nicht zuletzt diese bedrückende, düstere Atmosphäre. Der Schwachpunkt ist jedoch der Gesang, den sich Leon und Sacha teilen. Dieser im Brüll-, Grunz- und Growlbereich angesiedelte Ausdruck in Form von Worten ist eher fades Beiwerk und weiß über die gesamte Spielzeit nicht zu überzeugen. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum er überhaupt sehr spärlich eingesetzt wird. Wäre "Void" eine reine Instrumentalscheibe geworden, die Welt hätte den Gesang nicht vermisst.
Wer meint, die Nerven zu besitzen, in diesen Endzeitsoundtrack (in weiten Teilen erinnert er tatsächlich an eine düstere Filmmusik) einzutauchen, mit ihm zu verschmelzen und ohne bleibende Schäden auch wieder in die normale Welt zurückkehren zu können, der sollte hier vorsichtig mal anchecken. Betonung liegt auf "vorsichtig". Allen anderen: Finger weg! Ansonsten geht es euch vielleicht wie mir: Die Freundin schreit mich minutenlang mit hochrotem Kopf an: "Geht's noch?!?", ich bekomme gerade noch ein "Wo bin ich?" heraus und die Katze baumelt erhängt am Kratzbaum mit dem Abschiedsbrief "Ich kann diese Welt nicht mehr ertragen" um den Hals. Also sagt nachher nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.
Anspieltipps: Fault Lines, Teledildonics, Iceblocks
- Redakteur:
- Chris Staubach