IRON MAIDEN - A Matter Of Life And Death
Mehr über Iron Maiden
- Genre:
- Heavy Metal
- Label:
- EMI
- Release:
- 25.08.2006
- Different World
- These Colours Don´t Run
- Brighter Than A Thousand Suns
- The Pilgrim
- The Longest Day
- Out Of The Shadows
- The Reincarnation Of Benjamin Breeg
- For The Greater Good Of God
- Lord Of Light
- The Legacy
Eines vorweg: Wer als MAIDEN-Fan nach dem Genuss von "A Matter Of Life And Death" nicht begeistert ist, hat entweder so viel Dreck in den Lauschlappen, dass die Hirnschale einer Überdruckkammer gleicht, oder das Gegenteil ist der Fall, und der Wind pfeift in unsagbarer Lautstärke durch den Hemisphärenhohlraum, so dass ein aktives Auseinandersetzen mit dem neuen Silberling des englischen Metalflagschiffs unmöglich ist.
Ich habe den edlen Teller mittlerweile rund fünfzehnmal durch und meine Begeisterung wächst von Lauf zu Lauf. So viel Detailverliebt- und Verspieltheit, so viel Atmosphäre und Tempiwechsel, so viele Tripplegitarrenläufe und kompositorische Leckerlis gab es seit "Seventh Son Of A Seventh Son" definitiv nicht mehr. Und das behaupte ich voller Überzeugung und ohne zu subjektiv zu urteilen. Fakt ist, dass Nummern wie 'Brighter Than A Thousand Suns' (könnte vom Aufbau her auf "Piece Of Mind" stehen), 'For The Greater Good Of God' (ein Zwitter aus melodischer "Somewhere In Time"-Ära, 'Fear Of The Dark' und ein Schuss "Brave New World"-vibe), 'The Pilgrim' (evtl. ein verschollener "Powerslave"-Output?) oder 'These Colours Don´t Run' (die Hymne schlechthin!), wahre Grower sind, die einem mit jedem Durchlauf mehr das Hirn verseuchen und dort alles verdrängen, was neben der neuen MAIDEN-Scheibe auch nur ansatzweise versucht, seinen Platz zu finden.
Es beginnt relativ unspektakulär mit dem straighten Rocker 'Different World', der ganz in der Tradition MAIDENs locker-flockig den Weg bereitet. Irgendwie schon x-mal gehört, doch gerade wegen der dreistimmigen Leads und dem extrem geilen Smith-Solo ein durchaus gelungener Einstieg, auch wenn mir die Bridge etwas ZU fröhlich für die ansonsten recht düstere Grundstimmung des Albums ist.
'These Colours Don´t Run' schlägt in die 'Rainmaker'-Kerbe, potenziert allerdings dessen Hitqualitäten in ungeahnte Höhen. Von den Strophen über die Bridge, den Refrains bis hin zum ausladenden und epischen Mittelteil, der nicht selten an glorreiche "Somewhere In Time"-Großtaten erinnert, stimmt bei dieser Nummer wirklich alles. Wenn hier die Fans live nicht austicken, versteh' ich wirklich die Welt nicht mehr.
'Brighter Than A Thousand Suns' vereint so viele Stimmungen und Breaks in sich, dass einem fast schwindelig wird. Vom 7/8-Takt über MAIDEN-typisches Stompergalopp bis hin zum Uptempo schweißt der Track ein starkes Metallkosett, das nicht mehr aus der eisernen Umarmung entlässt. Und Dickinson singt dunkel und fast beschwörend Zeilen über die Atombombe ... atemberaubend!
'The Pilgrim' beschreitet 'The Mercenary'-Pfade, schwenkt aber in der Interlude in ein orientalisch angehauchtes Riff, das, komplex interpretiert, Erinnerungen an 'Powerslave' oder 'Rime Of The Ancient Mariner' aufleben lässt. Einfach nur traumhaft!
'The Longest Day' könnte ebenfalls von der Struktur her auf "Somewhere In Time" stehen, auch wenn der Refrain fast schon rockig ist und mich irgendwie an DICKINSONs Soloerstling "Tattooed Millionaire" erinnert. Wurscht, ebenfalls ein Killer vor dem Herrn!
Das folgende 'Out Of The Shadows' nimmt mal etwas Fahrt raus und zitiert DICKINSONs Sahne-Powerballaden 'Tears Of The Dragon' oder 'Man Of Sorrows'. Es ist ohnehin die große Stärke der Air Raid Siren, aus solchen Grundstrukturen etwas ganz Besonderes zu machen. Und so wächst der vielleicht beste Metalsänger dieser Zeit [vielleicht, weil ich gerade an DIO denken muss ;-)] einmal mehr über sich hinaus und setzt einen Akzent nach dem anderen, während sich die Instrumentalisierung von melancholisch über fast schon WISHBONE ASH-mäßig bis hin zu düster groovend steigert und Dave Murray das längste und gefühlvollste Solo seines Lebens spielt.
'The Reincarnation Of Benjamin Breeg' besticht ebenfalls mit neuen Seiten des allseits bekannten MAIDEN-Spektrums, die sich in stoisch stampfender Rhythmik und mysteriösen, orientalischen Melodien im Mittelpart entladen. Großartig und mehr als nur fett!
Mit 'For The Greater Good Of God' hat man den ultimativen 'Dance Of Death'-Nachfolger eingespielt, der die orchestrale Ausrichtung des Titeltracks der letzten Scheibe gekonnt aufgreift und zur Formvollendung bringt. Die Strophen sind zwar nicht so spektakulär, doch die Nummer gehört für mich in ihrer Gesamtheit zu den ganz großen Highlights des Albums, da die progressiven Breaks und vor allem das mächtige Gitarrendreigestirn mit seinen flirrenden Läufen ein massives Brett fahren, und so schlussendlich der Kreis geschlossen und die Sache mehr als nur rund wird.
'Lord Of Light' ist ziemlich hart ausgefallen und semmelt mit pumpenden Äxten durch die Botanik. Treibend, mit drückender Rhythmik unterlegt, kickt vor allem der ungewöhnliche Refrain wie Hölle. Auch hier lässt es sich die Band nicht nehmen, einen Mittelpart für die Ewigkeit zu zelebrieren, der jeden Instrumentalisten in seinem besten Licht erstrahlen lässt.
Zum Abschluss noch 'The Legacy', ein eigentlicher Two-in-one-Track, der im Mittelteil in ein leicht 'Phantom Of The Opera'-ähnliches Gewitter kippt, bevor es wieder altenglisch-mystisch wird und das Introthema des Songs ein Album zum Ende geleitet, das in dieser Intensität und songwriterischer Hitdichte wohl kein Fan, kein Kritiker und wahrscheinlich auch kein Mitglied der Band selber mehr erwartet hatte.
Die Produktion ist ebenfalls stark und präsentiert die Band endlich wieder, wie sie wirklich ist: Rau, organisch und aggressiv in ihrer Grundausrichtung, energetisch und forsch in ihrem Feeling, letzten Endes aber genialer Mainstream in der Gesamtheit. Gemacht, um die Massen zu begeistern.
Wie hatte ich meine Rezension begonnen? Lest bitte noch mal nach!
"A Matter Of Life And Death" ist ein weiteres Historienhighlight nach dem letzten großen Wurf, "Seventh Son Of A Seventh Son", und eventuell der Schlussstrich unter das Schaffen der vielleicht einflussreichsten Metalband dieses Planeten. Ein mehr als nur würdiger ...
Anspieltipps: These Colours Don´t Run, Brighter Than A Thousand Suns, The Longest Day, The Reincarnation Of Benjamin Breeg, The Pilgrim, For The Greater Good Of God
- Redakteur:
- Alex Straka