IRON MAIDEN - The Book Of Souls
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/2015
Mehr über Iron Maiden
- Genre:
- Heavy Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Parlophone Label Group (Plg) (Warner)
- Release:
- 04.09.2015
- If Eternity Should Fail
- Speed Of Light
- The Great Unknown
- The Red And The Black
- When The River Runs Deep
- The Book Of Souls
- Death Or Glory
- Shadows Of The Valley
- Tears Of A Clown
- The Man Of Sorrows
- Empire Of The Clouds
Das meist erwartete Album des Jahres
Wenn die neben METALLICA größte Heavy-Metal-Band der Welt ein neues Album veröffentlicht, sind Spannung und Diskussionsbedarf groß. Da löst die Rückkehr zum alten Logo ebenso große Hoffnungen aus wie die Songwritingcredits, die eine erstaunliche Anzahl an Songs aus der Feder der Herren Smith/Dickinson/Murray/Gers ausweisen. Auf der anderen Seite gibt es natürlich eine gewisse Skepsis aufgrund der Tatsache, dass hier gleich 90 Minuten Musik auf zwei Silberlingen geboten wird und drei Songs die Zehn-Minuten-Marke sprengen. Bereits auf den letzten Werken wurde IRON MAIDEN ja eine Neigung zur Langatmigkeit und Wiederholungsschleife vorgeworfen. Und das auch mit Fug und Recht.
Gerade retrospektiv muss ich anerkennen, dass "The Final Frontier" einige Längen hatte und Bruce Dickinson gesanglich nicht 100%ig überzeugen konnte. Dass das Album sich nach der exzessiven Dauerbeschallung am Tag der Veröffentlichung in meinem CD-Player extrem rar gemacht hat, spricht da eine deutliche Sprache. Dieses Mal immerhin gab es die Musik für einige Schreiber bereits einige Tage früher zu hören, was mich in die luxuriöse Lage versetzt hat, "The Book Of Souls" auch ein bisschen setzen zu lassen, in unterschiedlichen Situationen und Stimmungen zu hören und so eine gefestigtere Meinung zu bilden.
Bereits mit dem Opener 'If Eternity Should Fail' wird deutlich, dass die Briten wieder frischer und inspirierter wirken als auf "The Final Frontier". Die acht Minuten überzeugen mit geschickten Arrangements, einem Refrain, der im Ohr bleibt und einem Bruce Dickinson, der in guter Form zu sein scheint. Insgesamt eine überraschende aber passende Wahl zur Eröffnung und deutlich stärker als alles, was IRON MAIDEN seit mindestens "Brave New World" als Opener veröffentlicht hat.
Auch die Single 'Speed Of Light' gewinnt im Vergleich zu den direkten Vorgängern und das nicht nur wegen des charmanten Videoclips. Nein, die Nummer entpuppt sich als echter Ohrwurm, obwohl Bruce' Gesang hier etwas gepresst wirkt. In der Vergangenheit war die Single immer einer der schwächeren Songs des Albums, was hier weniger deutlich der Fall ist.
Doch zeigen sich auch die Schwächen der Neuzeit relativ schnell und deutlich. Bei 'The Great Unknown' ist es richtig harte Arbeit Bruce Dickinson beim Ersteigen höchster Höhen zuzuhören. Bei aller Liebe für und allem Respekt vor seiner Stimme muss ich sagen, dass man ihm sein Alter an diesen Stellen eben doch anhört. Er quält sich offenhörig hinauf in Tonlagen, die für ihn heute einfach nicht mehr geeignet sind. Eine Tatsache, die sich an verschiedenen Stellen von "The Book Of Souls" kaum mehr verleugnen lässt. Zumal sich dies leicht vermeiden ließe, wenn der Pilot einfach zwei Tonlagen tiefer singen würde. Da gehört er nämlich immer noch zu den Stärksten seines Fachs.
Mit 'The Red And The Black' folgt dann die erste wirklich lange Nummer. Ein 13-minütiges Biest, das aber doch nur am Anfang Angst und Schrecken verbreitet. Schon schnell stellt sich hingegen die Frage, warum der Song so ausgewälzt wurde. Die "ohohoh"-Parts würden mich live wohl nicht zum Mitsingen animieren, die instrumentalen Teile sind gut, aber nicht spektakulär, so dass man hier wohl einige Minuten hätte streichen können. Viel besser macht es da der Titeltrack, der zu Beginn gar ein paar "Powerslave"-Gedanken aufkommen lässt und in puncto Arrangements und Atmosphäre absolut zu überzeugen weiß. Lediglich der Refrain vermag es nicht, da noch einen drauf zu setzen, um so aus einem guten einen hervorragenden Song zu machen.
Für die Ohrwürmer sind ja auch eher die kurzen, flotten Songs zuständig, wobei sich hier 'When The River Runs Deep' am Ende als stärkste Nummer seiner Klasse herauskristallisiert. Wo 'Speed Of Light' und 'The Great Unknown' gesangliche Schwächen haben und 'Death Or Glory' etwas vorhersehbar ist, macht 'When The River Runs Deep' vieles richtig. Das klingt frisch, Bruce singt hervorragend und als Ohrwurm taugt die Komposition nach zwei, drei Durchgängen ebenfalls. Kein Instant-Hit, aber eine Nummer mit großem Wachstumspotenzial.
Dass "The Book Of Souls" trotz der meist positiven Worte bis hierher zu lang ausgefallen ist, beweist 'Shadows Of The Valley', welches bei mir bis heute keinen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Eigentlich ein sehr typischer Song, der ein bisschen wie ein Tribut an "Somewhere In Time" daherkommt. Die 'Sea Of Madness'-Referenz tut da ihr Übriges. Und obwohl das Galoppelriff zu überzeugen weiß und auch der Refrain gut ist, vermisse ich ein bisschen die Griffigkeit. Trotz aller oberflächlicher Eingängigkeit bleibt er einfach nicht langfristig im Ohr. Ich kann euch nicht einmal sagen, woran das liegt.
Das recht entspannte 'Tears Of A Clown' hätte auch gut auf die beiden letzten Solowerke des Frontmanns gepasst. Ob der Song jetzt ein Kontrastpunkt ist, der zur Abwechslung beiträgt, oder doch eher etwas deplatziert wirkt, wird wohl jeder von euch anders bewerten. Ich gehöre zur erstgenannten Gruppe und höre die Clownstränen als einen der Höhepunkte. Dazu gehört trotz vielversprechendem Beginn 'The Man Of Sorrows' eher nicht. Die ersten beiden Minuten sind ganz hervorragend und präparieren den Hörer für eine feine, epische Ballade, doch das Break passt dann irgendwie nicht und im weiteren Verlauf erscheint mir der Track unentschlossen. Der (fast) gleichnamige Song von "Accident Of Birth" gefällt mir da besser.
Zum Schluss dann also das Mammut. 'Empire Of The Clouds' toppt mit seinen 18 Minuten den 'Rime Of The Ancient Mariner' deutlich als längsten Song in der Geschichte der Jungfrauen. Das von zarten Pianoklängen eingeleitete Opus überzeugt im ersten Drittel als bärenstarke, epische Ballade. Die beste Gesangsleistung des Albums trifft hier auf feine, orchestrale Arrangements inklusive sanfter Steigerung. Das ist richtig gut. Das instrumentale zweite Drittel macht dann nichts verkehrt und beinhaltet mit seinen dezenten Fanfaren auch eine kleine Überraschung, aber tatsächlich wird hier die ein oder andere Wiederholungsschleife zu viel gebunden. Ich denke, dass dieses Epos an Klasse gewonnen hätte, wenn hier etwas kompakter komponiert worden wäre. Allerdings hätten auch dann die etwas angestrengt wirkenden Vocals zu Beginn des letzten Drittels noch für leichte Abzüge gesorgt. Doch davon abgesehen, ist gerade das leicht bedrohlich wirkende Break in Minute 14 sehr gelungen, bevor dann zum Schluss noch einmal der Faden zum Start des Mammuts gesponnen wird und so für einen guten Ausklang sorgt.
Was also bleibt als Fazit? Einen Generationen prägenden Klassiker wie einst in den Achtzigern wird wohl niemand mehr erwarten und daran sollte man IRON MAIDEN vielleicht auch nicht messen. Doch "The Book Of Souls" ist immerhin ein gutes, stellenweise sehr gutes Album geworden, das alle Fans der Alben nach "Brave New World" in großen Teilen überzeugen wird und "The Final Frontier" in allen Belangen überlegen ist. Dennoch weist das Seelenbuch eben auch Schwächen auf, die sich kaum wegdiskutieren lassen. Der Zahn der Zeit nagt besonders an Bruce Dickinsons Stimmbändern, was natürlich die Frage aufwirft, wie lange uns die Eisernen Jungfrauen noch mit neuer Musik und ausgiebigen Touren erhalten bleiben. Denn unabhängig von der Qualität dieses Albums ist IRON MAIDEN als sympathisches und bodenständig wirkendes Aushängeschild des Heavy Metals weiterhin von größter Bedeutung und es ist unwahrscheinlich, dass jemals eine Band in die kommerziell exorbitant großen Fußstapfen dieser Legende treten kann und dabei dennoch das zu verkörpern, was für die allermeisten Heavy-Metal-Fans die Liebe zu dieser Musik ausmacht. Von daher kann man sich nur wünschen, dass uns IRON MAIDEN noch für eine ganze Weile erhalten bleibt.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Peter Kubaschk