IRONY OF FATE - Wicked & Divine
Mehr über Irony Of Fate
- Genre:
- Female Fronted Melodic Death Metal
- ∅-Note:
- 6.00
- Label:
- Allegro Talent Media
- Release:
- 26.02.2021
- Vengeance
- The In-between
- Mind Vs. I
- Deceiver
- We, The Damned
- Mayem
- Hypocrite
- Wicked & Divine
- Hear Them Calling
Investigativ-Journalismus rules: Vom Bauchumfang des Bassisten und zehn Litern Bier!
"Jetzt isser nicht mehr ganz sauber!", mag sich so manche(r) Leser(in) jetzt denken und liegt damit gar nicht so verkehrt! Vielmehr war ich nicht mehr ganz sauber und kletterte am ersten Samstag im Februar in die Badewanne, um selbigen Zustand wieder zu erreichen. Und während "Wicked & Divine" aus meinem Soundknochen donnerte, surfte ich, mich im Lavendel-Entspannungsbad räkelnd, mit dem Handy munter auf der Homepage von IRONY OF FATE herum. Beim Scrollen im Shop der Seite war ich überaus entzückt, entdeckte ich doch ein echtes Merchandise-Juwel: ein Bandquartett "2020 Switzerland" mit Bands aus der Schweiz; netterweise ist auf dem Foto die Karte der Band aufgedeckt und die einzelnen Kategorien sind lesbar. Dabei geht es nicht etwa um technische Zahlen, sondern unter anderem um solch essentielle Daten wie die Größe des Proberaums (70 m²), die Anzahl der Lovesongs (0) oder eben den Bauchumfang des Bassisten (105 cm) und den Bierverbrauch pro Probe. Womit wir bei den zehn Litern wären: Respekt! Das sind bei fünf Bandmitgliedern durchschnittlich zwei Liter beziehungsweise vier Halbe pro Kopf, wenn die Dame ebenfalls dem Bier zusprechen sollte...! Da kann man jetzt nur mutmaßen, ob mehr oder weniger leckeres Bier während der Bandmeetings der Qualität der nächsten Scheibe schaden oder guttun würde, denn: Mit dem neuen Album hat IRONY OF FATE, bestehend aus der Sängerin Cveti Stojmenova, Raffael Kühni und Lars Gygax an den Gitarren, Tom Zürcher am Bass (der mit den 105 cm Bauchumfang) und Greg Bucher an den Drums, im Vergleich mit dem 2018 veröffentlichten Vorgängeralbum "Pray For Freedom...Prepare For Extinction" einen qualitativen Fortschritt erzielt, wie kurze Hörproben jenes Albums ergaben.
So verblüffte mich beim Erstkontakt mit "Wicked & Divine" der dichte, knurrend bratzende Sound des modernen Melodic–Metals, den die Band zum zweiten Mal in Albumform konservieren konnte. Da schwingen die Saiten wie Kolibriflügel, da glühte die Stimmmechanik beim Herunterstimmen Umdrehung für Umdrehung heller! Soll heißen, der Sound ist ordentlich tiefergelegt! Insgesamt stellt dieser sehr kompakt geratene, überaus drückende Gesamtklang der Platte jedoch zugleich auch ihre größte Schwachstelle dar: Man entdeckt trotz guter Songs, denen ich mich noch ausführlicher widmen werde, relativ wenige Klangfarben; alles wird irgendwie von dieser oberflächlich imponierenden, jedoch letztendlich gleichförmigen Basslastigkeit geschluckt.
Trotz des nicht abstreitbaren Einflusses von ARCH ENEMY (die Band nennt auch PANTERA, BEHEMOTH und INSOMNIUM als Einflüsse) schafft es IRONY OF FATE, mit guten Song-Ideen und vor allem mit Spielereien und Variationen bezüglich metallischer Rhythmik eigene Akzente zu setzen. 'Vengeance' donnert dann gleich im beschriebenen Soundgewand recht brachial los. Die gute Hookline im Refrain kann mitreißen, der Versuch, mich mittels virtuosem Solo zu begeistern, bleibt ein solcher. 'The In-between' packt mich insgesamt schon mehr und mischt Maiden-Licks mit modernen Powermetal-Grooves. Die Hookline bohrt sich schnell und tief ins Hirn und viel fehlt nicht mehr, bis beinharte Melodic-Death-Fans die Fäuste vor dem Spiegel recken werden. Dieser Song wird, wenn die Band ihn gut umsetzen kann, vielleicht ein Live-Standard.
'Mind Vs. I' bringt zeitweilig, neben einem guten Beginn und überwiegend recht monoton vor sich hingurgelnden Vocals, im Refrain etwas rhythmisch schwerfälliges Gepatsche auf den Saiten-Instrumenten. Track Nummer vier hört auf den Namen 'Deceiver' und klingt schon sehr nach Herrn Amotts todesmelodischer Hit-Werkstatt, das können die Schweizer nicht abstreiten - von wegen "Wer hat's erfunden!?!" Diese Floskel sollte man da mal schön stecken lassen. Dennoch: Ein guter Song, der vermutlich auch des öfteren seinen Weg ins Live-Set finden wird. 'We, The Damned' ist eines der auffälligsten Lieder der Scheibe, nicht zuletzt wegen des schicken ungarischen Flairs, das vom immer wieder auftauchenden Eingangs-Gitarren-Lick eingebracht wird.
'Mayem' startet getragen melodisch mit einem gesprochenen Dialog und tötet sich dann abermals etwas eintönig so voran. 'Hypocrite' hat, wie die meisten Lieder des Albums, seine Stärke in der mitreißenden Hookline, diesmal eher im Vers verankert. Ansonsten, siehe 'Mayem', wobei ich die Sologitarre gegen Schluss recht gelungen und den groovigen Refrain ziemlich langgezogen finde. Und immer diese ewigen Stampfparts! An einer Stelle wird hier während des Gitarrensolos sehr plakativ Humor demonstriert; ihr werdet es sofort heraushören. Nun zum Titeltrack 'Wicked & Divine', der, in Flammen stehend, die Erzfeinde aus Schweden direkt herausfordert. Das Ding könnte man auch an die beiden kryptisch genannten Bands verkaufen, so gut geht es ins Ohr! Das Album wird von 'Hear Them Calling' abgeschlossen, einem Track, der nun wieder durch eher schwerfällige Rhythmik im Refrain hervorsticht. Auch hier ist die Hookline erneut sehr gelungen und der Leadgitarrist nudelt dem Hörer gekonnt ein paar Skalen vor den Latz.
Ihr könnt es meinen mitunter etwas unausgeglichenen Formulierungen anmerken – so richtig warm bin ich mit "Wicked & Divine" nicht geworden. Ich entdecke bei der Band trotzdem großes Potential, da vier Songs mich durchaus überzeugen und somit mitreißen und in ihren Bann ziehen können ('The In-between', 'Deceiver', 'We The Damned' und 'Wicked & Divine'). Das spricht für Talent im Songwriting und dafür, dass die Band sich die zu ihr passende Sparte im Metal ausgesucht hat. Andererseits nimmt man unter Betrachtung des bassbreiigen, zu tiefgelegten Klangbildes viele Songteile sehr langgezogen und manchmal aneinandergehängt wahr, was zu Ermüdungserscheinungen beim Hören führen kann, jedenfalls bei mir. Ich war etwas verwundert, dass die Gesamtspielzeit nur etwas mehr als 45 Minuten beträgt, ich hätte sie länger eingeschätzt!
Ich komme für mich auf sechs Punkte. Dennoch ist das Album und somit IRONY OF FATE als Band allen Melodic-Death-Metal-Fans sehr zu empfehlen.
- Note:
- 6.00
- Redakteur:
- Timo Reiser