ISBELL, JASON - Foxes In The Snow
Mehr über Isbell, Jason
- Genre:
- Americana
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Southeastern Records
- Release:
- 07.03.2025
- Bury Me
- Ride To Robert's
- Eileen
- Gravelweed
- Don't Be Tough
- Open And Close
- Foxes In The Snow
- Crimson And Clay
- Good While It Lasted
- True Believer
- Wind Behind The Rain
Ein Meister des Songwritings auf ungeahnt reduzierten Pfaden.
Wer sich in Musikerkreisen bewegt, wird mit Sicherheit schon einmal gehört haben, dass man einen wirklich guten Song daran erkennt, dass er auch nur mit einer akustischen Gitarre und einer Stimme funktioniert. Auf den ersten Blick mag das gerade in der Metalwelt, wo selten mal ein Song ohne röhrende Sechssaiter auskommt, nach einer dieser Binsenweisheiten klingen, die man von Großeltern oft zu hören bekommt. Doch wie so oft steckt auch hier ein großer Funken Wahrheit in den erst einmal hohl klingenden Worten.
Kaum ein anderer Künstler stellt diese Tatsache in den letzten Jahren so konsequent unter Beweis wie der Amerikaner JASON ISBELL, der gerne einmal seine eher rockigen Americana-Tracks auf zerbrechliche Unplugged-Versionen herunterbricht und damit immer ins Schwarze trifft. So weit wie auf seinem neuen Album "Foxes In The Snow" ist der Amerikaner dabei aber bisher noch nicht gegangen, denn für die Aufnahmen verzichtete er dieses Mal komplett auf seine Begleitband THE 400 UNIT oder sonstige Gastmusiker und begab sich ganz alleine mit seiner akustischen Gitarre ins Studio, um uns elf sehr persönliche Songs zu präsentieren.
Für Fans von Krachern wie "The Nashville Sound" oder dem letzten Langspieler "Weathervanes" dürfte "Foxes In The Snow" dann auch erst einmal eine kleine Herausforderung werden, denn es braucht schon einen Moment, bis man sich an den sehr intimen Charakter dieses Albums gewöhnt hat. Ist man aber erst einmal in diesem Langdreher angekommen, wächst die Wertschätzung für die naturbelassene und minimal bearbeitete Aufnahme, bei der Jason in einem Take Gitarre und Gesang mit nur wenigen Mikrofonen aufgenommen hat, mit jeder Umdrehung. Teilweise hört man selbst Isbells Kleidung rascheln und kann im Stereobild unter guten Kopfhörern sogar feststellen, wann sich der Amerikaner bei besonders druckvoll gesungenen Noten leicht vom Mikrofon abwendet, um die Kapsel nicht zu übersteuern. In Zeiten von maßlos überproduzierten Alben, bei denen jeder Sound tausendfach durch den Fleischwolf gedreht wird, ist diese Herangehensweise einfach unheimlich erfrischend und macht "Foxes In The Snow" zu einem Kleinod, das wohltuend aus der grauen Pop-Rock-Masse heraussticht.
Natürlich können aber die Aufnahmetechnik und das grundlegende Konzept eine Platte nicht alleine tragen, denn auch die Songs müssen passen und unter die Haut gehen. Dass aber auch dieser Punkt nicht nur erfüllt, sondern in Perfektion von Isbell durchexerziert wird, dürfte niemanden überraschen, der so grandiose Songs wie 'Last Of My Kind' oder 'Cast Iron Skillet' schon einmal gehört hat. Mir persönlich fällt es dann auch tatäschlich schwer, einzelne Höhepunkte aus der Trackliste herauszugreifen, denn jede Nummer hat in sich nicht nur eine tolle Story zu erzählen, sondern auch melodische Widerhaken, die sich unumstößlich im Geiste verankern.
Ich will trotzdem versuchen, euch ein paar besondere Leckerbissen vorzustellen, wobei man natürlich mit dem Titeltrack beginnen muss, bei dem es Isbell schafft, eine Gitarre wie mehrere Instrumente klingen zu lassen und mit meisterhaftem Fingerpicking für eine tolle Untermalung sorgt. Auf diesem Fundament breitet er dann eine Geschichte über eine junge Liebe aus, die in ihren geschickten Reimen fast einem Fiebertraum gleichkommt. 'Eileen' erzählt dagegen in zerbrechlichem Gewand als Gegenpol die Geschichte einer endenden Liebe, während 'Ride To Robert's' oder 'Crimson And Clay' die gewohnten Bilder des amerikanischen Lebens zeichnen, die kaum jemand so gut zu Papier bringt wie der ehemalige DRIVE BY TRUCKERS-Musiker. Hört man 'Gravelweed' oder auch 'Good While It Lasted', kommt man nicht umhin, zu vermuten, dass Isbell hier in wunderbaren Kompositionen seine Scheidung von Ex-Frau Amanda Shires in harten und teils unbequem wahrhaftigen lyrischen Beobachtungen aufbereitet.
Nach zig Durchläufen in wenigen Stunden würde ich dann auch das Wort "Meisterwerk" in den Mund nehmen, denn nicht nur kompositorisch und lyrisch ist Mr. Isbell anno 2025 weiterhin einer der wichtigsten Pfeiler der Americana-Szene, auch in Sachen Produktion und Konzeption liefert er mit "Foxes In The Snow" ein wahrlich erfrischendes Werk, das mit aktuellen Hörgewohnheiten und auch im Kontext des eigenen Schaffens mit bekannten Mustern bricht. Das letzte Mal, dass mich eine so reduzierte Platte in gleichem Maße berührt hat, muss wohl BRUCE SPRINGSTEENs "Nebraska" gewesen sein. Und alleine, dass ich dieses grandiose Werk im gleichen Atemzug in den Mund nehme, ist wohl der größte Ritterschlag für "Foxes In The Snow".
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Tobias Dahs